Schnitzel in Gefahr: Junger Schweinebauer aus OWL trotzt der Krise

Rheda-Wiedenbrück. 60-Stunden-Woche, Arbeit auch am Wochenende und regelmäßig neue Auflagen, die das Geschäft erschweren. Es gibt wohl deutlich verlockendere Jobbeschreibungen als diese. Und dennoch ist Christoph Sandhäger in den elterlichen Betrieb mit eingestiegen und Landwirt mit Schweinehaltung geworden. Einer von noch 1.160 in Ostwestfalen-Lippe - Tendenz stark fallend.

"Das ist immer noch mein absoluter Traumberuf. Aber gerade in den vergangenen Monaten habe ich mir schon Gedanken gemacht, ob das noch das Richtige ist", sagt der 26-Jährige. So wie ihm geht es vielen Landwirten. Zwischen 2012 und 2022 hat sich laut Statistischem Landesamt die Zahl der Betriebe mit Schweinehaltung allein in NRW von rund 8.500 auf knapp 5.700 reduziert. Ein bundesweiter Trend.

Weniger Fleischesser in Deutschland, zu geringe Margen oder billigeres Fleisch aus dem Ausland - marktwirtschaftliche Gründe dafür gibt es genug. Zu viel Bürokratie ist ein anderer. "In der Schweinehaltung gibt es unglaublich viele Dokumentationspflichten", sagt Sandhäger. Allein bei der sogenannten Bewegungsaufzeichnung der Tiere müsse er fünf Mal dieselbe Zahl an unterschiedlichsten Stellen notieren.

Landwirt unterstützt Forderungen nach mehr Tierwohl "Ich bin Landwirt, weil ich mich um Tiere kümmern möchte. Wenn ich das aber nicht kann, weil ich ins Büro muss, dann ist das frustrierend." Von den 60 Stunden, die Sandhäger nach eigenen Angaben pro Woche arbeitet, verbringe er 20 am Schreibtisch. Und regelmäßig würden neue Auflagen hinzukommen. "Manchmal sind da richtige Klopper dabei, bei denen man sich fragt, wie das noch funktionieren soll."

Dabei unterstützt er Forderungen nach mehr Tierwohl ausdrücklich. "Ich möchte nichts lieber als bessere Ställe und mehr Tierwohl für unsere Schweine", sagt Sandhäger. Die Pläne für einen neuen Stall lägen längst in der Schublade. Doch die politischen Rahmenbedingungen verhinderten die Umsetzung.

"Entscheidend ist, dass der politische Knoten in Bezug auf Tierhaltung endlich gelöst wird. Betriebe, die ihre Ställe zu mehr Tierwohl umbauen wollen, brauchen Erleichterung im Bau- und Genehmigungsrecht sowie attraktive Förderkonzepte", fordert auch Hubertus Beringmeier, Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV).

Fehlende Planungssicherheit verhindert Investition "Wenn es den Tieren gut geht, geht es uns finanziell ja auch besser", sagt Sandhäger, der 2019 in vierter Generation in den elterlichen Betrieb eingestiegen ist: 90 Hektar Ackerland inklusive konventioneller Sauenhaltung und Ferkelaufzucht mit rund 600 Sauen.

Ein kleiner Teil der Schweine lebt in Ställen mit einer strohbedeckten Auslauffläche samt frischer Luft. Der überwiegende Rest in geschlossenen Ställen auf Betonspalten. "Das funktioniert zwar auch, ist aber nicht das, was wir uns als Gesellschaft unter einem modernen Stall vorstellen", sagt der junge Landwirt offen. Daher würde er auch gerne einen neuen bauen.

Fehlende Planungssicherheit verhindere die Investition in Höhe von rund 1.200.000 Euro jedoch. Ein moderner Stall sei ein durchdachtes Gesamtsystem, bei dem nicht einfach ein Teil ohne Weiteres und ohne große Kosten geändert werden könne, erklärt Sandhäger. Doch genau das befürchten viele Landwirte mit Blick auf die sich aus ihrer Sicht zu kurzfristig ändernden Vorschriften zur Tierhaltung und scheuen daher das wirtschaftliche Risiko eines Neubaus.

Den Grünen um Özdemir fehle es an Fachwissen "Wenn ich dann an dem alten Stall was flicken muss, ist das nervig. Das verpulvert nur Geld, obwohl ich eigentlich gerne den großen Wurf machen würde", sagt Sandhäger. Dabei könne er die Ziele der Grünen um Landwirtschaftsminister Cem Özdemir sogar unterschreiben, "aber es fehlt an Fachwissen und ist zu weit weg von der Praxis".

Aufgeben will er dennoch nicht. Für die Direktvermarktung hat er jüngst einen kleineren separaten Stall gebaut, in dem er Iberico- und Duroc-Schweine hält. Um dem Klimawandel zu begegnen, hat er Reihen von Walnussbäumen in einem Agroforstsystem gepflanzt. "Wenn die groß sind, bieten die einen Wanderschatten und sorgen für eine bessere Wasserführung sowie für ein Abkühlen der Umgebungsluft durch Wasserverdunstung", erklärt der Landwirt. Mittelfristig will er einen Hofladen eröffnen, in dem er unter anderem Walnuss-Salami verkauft.

Am liebsten weiterhin aus den eigenen Schweinen produziert. Denn, das gibt Sandhäger zu bedenken: "Wenn wir die Landwirtschaft in Deutschland ersticken, kommt das Fleisch aus dem Ausland. Und dort gibt es geringere oder teilweise sogar gar keine Auflagen zur Tierhaltung."

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