Was haben die denn hier zu suchen? Wildtiere erobern die Bielefelder City

Bielefeld. Zwei Rehe spazieren durch Gärten an der Melanchthohnstraße herum, ein Feldhase hoppelt den Weißdornweg entlang, Nutria sind am Obersee aktiv, ein Fuchs quert die Deckertstraße, Wildschweine tauchen in Gärten auf, Steinmarder beißen Autos kaputt und hinterlassen ihren strengen Geruch - und Waschbären sind fast überall in der Stadt anzutreffen. Hotspot zuletzt: der Kesselbrink. Die Stadt als Wildnis.

Kesselbrink - ein Paradies für Dealer und BMX-Sportler? Von wegen: Lachmöwen sitzen hier neuerdings gerne herum, ein Reh flitzte am Freitag von der Paulusstraße über den Neumarkt zum Kesselbrink. Und spielte hier Fangen mit Polizei und Feuerwehr.

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Alles sogenannte Kulturfolger, die wenig Scheu vor Menschen haben, und in der Stadt viel zu fressen finden. Dazu gehören auch Elstern, Dohlen, Saatkrähen - und Ringeltauben sowie Amseln, beides früher scheue Waldvögel und nun in Teilen ihrer Population Kulturfolger. Der Mensch bietet all diesen Tieren neuen Lebensraum, eine Art menschlich geprägte Wildnis an.

Feinschmecker, die Gartenkräuter lieben Auch der Garten von Kurt Wenzel an der Melanchthonstraße wurde Donnerstag so zu einem tierischen Refugium. &bdquo;Zum ersten Mal hatten wir hier Rehe, gleich zwei, beide erkennbar verängstigt.“ Doch frische Rosenknospen sind einfach ein Leckerbissen, zudem wissen die Tiere, die dass Gefahren in der Stadt eher gering sind. Und es gibt eine enorme Überpopulation im Wald. &bdquo;Sie sind Feinschmecker, da bieten Gärten sehr viel leckeren Fraß“, sagt Dieter Wortmeier vom Regionalforstamt.

Siedlungen seien &bdquo;befriedete Bezirke“, die Jagd sei hier verboten. Perfekt fürs Reh und all die anderen Tiere, die mit dem Menschen umgehen können, mit ihm klarkommen. Auch Feldhasen werden immer häufiger in der Stadt gesehen, auch sie lieben all die Kräuter im Garten. Wortmeier: &bdquo;In der Stadt haben sie ihre Ruhe vor der Landwirtschaft und finden viel zu fressen.“

Der Experte weiter: &bdquo;Auch Wildschweine werden zunehmend gemeldet.“ 2020 sorgte ein Schwein für Aufregung in Dinslaken, als es in einem Woolworth randalierte. Und in Bielefeld musste der Alte Friedhof Sennestadt eingezäunt werden, zu viel der Schweinerei.

Füchse sind ebenfalls da, aber heimlich. Steinmarder ebenso, Waschbären auch. Sie sind ein echtes Problem, weil sie dem Menschen so richtig auf den Pelz rücken, in Mülltonnen wühlen, Vogelhäuschen plündern und auf Dächern herumturnen. In der Natur fressen sie extrem viele Jungtiere, sind zwar süß, aber im Ökosystem eher ein Schädling. Auch Nutrias sind eingewandert, Böschungen untergraben sie, am Obersee kommen sie vor.

Für die maritime Note in Bielefeld sorgt eine Möwe

Ein Kulturfolger, der eine maritime Note in die Stadt bringt, ist die Lachmöwe, Vogelfreunde waren 2015 begeistert, als es nach langer Zeit wieder eine Brut im Süden der Stadt gab. Am Obersee sind sie Stammgäste, am Kesselbrink jetzt gerne auf Stippvisite. &bdquo;Die kommen gut klar, sie sind Aasfresser und mögen auch viele Reste“, sagt Wortmeier.

Zurück zu den großen Tieren: Reh und Wildschweine im Garten, was tun? Es helfen Zäune, bei Rehen müssen sie 1,50 Meter hoch sein, bei Schweinen ist die feste Verankerung im Boden wichtiger. Am Ende verschwinden die mehr oder weniger gerne gesehenen Besucher übrigens fast immer wieder im Wald. So war es beim Reh auf dem Kesselbrink, das die Polizei nicht zu fassen bekam - und so war es auch bei den beiden Rehen an der Melanchthonstraße. &bdquo;Am nächsten Morgen waren sie weg“, sagt Wenzel. Das Kesselbrink-Reh aber tauchte schon am Sonntag erneut in der Gegend auf, berichten Anwohner der August-Bebel-Straße.

Folgt der Wolf den Rehen in unsere Gärten? Rehe im Garten, kommt jetzt auch der Wolf zu uns? Wortmeier nennt Gründe, warum das nicht passieren werde: &bdquo;Wölfe brauchen Futter, also Rehe und größeres Wild - und das gibt es in unseren Wäldern in Massen; und sie brauchen für ihren Nachwuchs eine ruhige Ecke.“ Also ist der Wald für sie der beste Ort. &bdquo;Nur durchziehende, junge Wölfe sind ab und zu auch mal in Siedlungen zu sehen, aber die wollen nur eines: weiterwandern.“

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