Gütersloher ESC-Kandidat: „Ein riesiger Schritt in die richtige Richtung“

Espelkamp. Der Espelkamper Isaak Guderian tritt am 11. Mai beim Eurovision Song Contest für Deutschland an. Im Interview spricht er darüber, wie sich sein Leben geändert hat, seit er als Kandidat für Deutschland nominiert wurde, und was bis zum ESC geplant ist.

Seit Sie im Februar den Vorentscheid für den ESC gewonnen haben, sind Sie um die Welt gereist. Sie machen sich und ihr Lied &bdquo; Always on the Run“ bekannt, bevor Sie damit beim Finale des Eurovision Song Contests in Malmö am 11. Mai auftreten. Der Titel scheint also gerade das Motto Ihres Lebens zu sein. Wo erwische ich Sie gerade?

Isaak Guderian : Ich bin gerade ein paar Tage zu Hause in Espelkamp, bevor es nach Malmö geht. Ein paar organisatorische Sachen müssen hier einfach erledigt werden, bevor wir zwei Wochen weg sind. Noch mal den Rasen mähen, das Auto checken lassen, weil wir damit nach Schweden fahren, und so. Es ist noch viel zu tun, aber dieses Mal normale Alltagssachen.

Kommt die ganze Familie mit zum ESC?

Isaak Guderian : Ich fahre nur mit meiner Frau, sie gehört zur Delegation. Mein großer Sohn kommt für das Finale mit meinen Eltern nach.

2011 haben Sie sich bei der Castingshow &bdquo;X Faktor“ bereits einer breiten Öffentlichkeit gestellt. Der Durchbruch kam dann zehn Jahre später, als Sie die digitale Talentshow &bdquo;Show your Talent“ gewonnen haben. Gefolgt von der Veröffentlichung von &bdquo; Babysteps “ mit dem bekannten Kölner DJ David Puentez . Hat sich Ihr Leben trotzdem noch groß verändert, seit bekannt ist, dass Sie für Deutschland zum ESC fahren?

Isaak Guderian : Der Alltag hat sich sehr krass verändert. Schon nach zwei Wochen ging es los mit der Promo, Reisen und Strategiegesprächen – was machen wir wann und wo, wie wird die Bühneninszenierung. Vorher habe ich noch viel vom Booking selbst gemacht. Jetzt mache ich nur Musik und Sachen, bei denen ich als Person notwendig bin, weil ich sonst für nichts mehr Zeit habe. Dabei habe ich viele schöne Dinge erlebt wie die Pre-Events in London, Amsterdam und Madrid oder auch ein Interview in einem Ultraleichtflugzeug. Ich erlebe wirklich spannende Sachen.

In den sozialen Medien bekommen Sie auch viele Hasskommentare. Sie haben den Kommentatoren für die Reichweite, die Sie über deren Reaktionen bekommen, gedankt. Gehen Sie wirklich so locker damit um?

Isaak Guderian : Wenn ich etwas sehe, was ich komplett blöd finde, gehe ich einfach weiter. Darum kann ich die Reaktionen einfach nicht nachvollziehen und die Kommentare werden auch einfach immer dümmer. Alles, was man sagt, ist ein Spiegel, den man sich vorhält. Ich hab glücklicherweise einen Weg gefunden, das so zu kanalisieren, dass mich das anspornt, dass ich sagen kann &bdquo;so, jetzt erst recht“.

Was bedeutet Ihnen der ESC?

Isaak Guderian : Ich finde, das ist eine wundervolle Veranstaltung, bei der nicht nur Sänger, sondern Künstler gesucht werden. Es geht nicht nur um das Singen an sich. Es ist die Show mit der absurd größten Reichweite, die es gibt. Für mich ist der ESC Mittel zum Zweck. In erster Linie habe ich mitgemacht, weil ich denke, das ist ein riesiger Schritt in die absolut richtige Richtung.

Können Sie &bdquo; Always on the Run“ denn selber noch hören?

Isaak Guderian : Es gibt ja immer wieder neue Versionen. Wir bringen jetzt bald ein Minialbum mit fünf verschiedenen Varianten raus. Ein schönes Erlebnis war vor zwei Wochen auch der Besuch in Lübeck, wo wir das Lied mit einem Chor und Orchester aufgenommen haben. So wird es nie langweilig.

Das Lied ist laut Interviews sehr persönlich. Inwiefern? Wie ist es, sich selbst und die eigenen Gefühle so in die Öffentlichkeit zu stellen?

Isaak Guderian : Das Lied ist eine grobe Beschreibung meines Lebens. Ein Raster, das sich durch mein Leben zieht, wodurch ich meinen Erfolg erzielt habe, aber mir durch mein Verhalten auch persönliche Probleme aufgebürdet habe. Ich habe so einen Hyperfokus, in dem ich mich immer verliere, wenn ich kreative Sachen schaffe. Ich habe mit 13, 14 schon eigene Songs geschrieben, aber das war mir immer peinlich. Bei den Liedern, die ich selber höre, merke ich, dass ich am begeistertsten bin, wenn ich merke, dass jemand komplett offen mit einem intimen Thema umgeht. Das hat in mir den Wunsch ausgelöst, auch so zu schreiben. Dadurch habe ich da jetzt keine Hemmschwelle mehr. Durch meine Songs kann man mich sehr gut kennenlernen, weil ich im echten Leben nicht so offen über Gefühle reden kann. Die Musik ist meine Tür, um an Bereiche ran zu kommen in meinem Gehirn, an die man sonst nicht herankommen würde.

Angefangen haben Sie als Straßenmusiker in Minden. Wie sind Sie dazu gekommen und wie hat Ihr Umfeld darauf reagiert?

Isaak Guderian ::Als ich mit zwölf Jahren zuerst aufgetreten bin, wurde das einfach unfassbar gut angenommen. Ich habe am Anfang nur Gitarre gespielt, bevor ich mich getraut habe zu singen. Ich habe schon ein paar Jahre Straßenmusik gemacht, bevor ich mit meinen eigenen Songs aufgetreten bin. Es ist schön, zu sehen, wie andere Menschen meine Musik annehmen.

Im März traten Sie noch in Bielefeld als Straßenmusiker auf. Bei Instagram ist zu sehen, dass Sie auch jetzt, während Sie durch die Welt touren, noch Konzerte auf der Straße geben. Warum machen Sie das, obwohl Sie offenbar schon sehr viel zu tun haben?

Isaak Guderian : Wenn das Wetter stimmt und ich Zeit habe, mache ich das immer gerne. Dass die Rahmenbedingungen stimmen, kommt immer seltener vor, aber wenn es passt, macht es umso mehr Spaß. Ich nehme auch nach Malmö mein Straßenmusikequipment mit. Ich hoffe, dass ich es zeitlich schaffe, in Malmö oder Kopenhagen aufzutreten.

Wie viele Vorbereitungen müssen für den ESC noch getroffen werden?

Isaak Guderian : Vor drei oder vier Wochen musste man das Konzept für den Auftritt schon abgeben. Im Großen und Ganzen steht also schon alles: Was die Elemente, die auf der Bühne stehen werden angeht, was Licht und Pyro-Show betrifft, welche Leute auf der Bühne stehen werden und die Version des Songs. Beim Outfit wissen wir, in welche Richtung es gehen wird, aber da wollen wir noch auf der Bühne gucken, wie was wirkt. Reine Proben zum Ausprobieren sind vor Ort dann nur zwei Mal. Ich habe 50 Minuten Zeit dafür.

Alles läuft jetzt auf ein Datum hin. Haben Sie keine Angst, krank zu werden?

Isaak Guderian : Ich poker darauf, dass jetzt alles gut wird, weil ich gerade noch Restschnupfen habe. Letzte Woche habe ich darum an drei Tagen alles absagen müssen, um mich auszukurieren.

Was ist nach dem ESC geplant? Wird es da ruhiger?

Isaak Guderian : Nicht direkt, da ist es erst noch stressig. Aber einen knappen Monat danach mache ich Urlaub mit der Familie in Bulgarien.

Dem Publikum aus OWL stellen Sie sich das nächste Mal bei den Parklichtern in Bad Oeynhausen am 2. August mit bis zu 7000 Zuschauern. Was bedeutet Ihnen der Auftritt in der Heimat?

Isaak Guderian : Ich liebe alle Auftritte. Jede Bühne hat ihre Vor- und Nachteile. Ich bin zum Beispiel auch ein Fan von der Intimität und Persönlichkeit von Wohnzimmerkonzerten. Auf großen Bühnen nimmt man kaum mehr Menschen wahr.

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