Über dem Hafen von Hooksiel steht die Sonne und am Anleger warten einige Urlauber sehnsüchtig auf den Kutter, der an diesem Nachmittag um die Mole tuckert. In weißen Kisten liefert er Nordseekrabben, frisch gefangen, ungepuhlt und eine Delikatesse, zumindest für die, die die kleinen Tiere mögen. Die große Masse der Bundesbürger setzt eher auf einen Klassiker: Lachs.
Dabei hatten sich die Deutschen etwas von dem Fisch abgewandt. 2022 war der Alaska-Seelachs deutlich beliebter. Doch im vergangenen Jahr konnte sich der Lachs die Spitzenposition zurückerobern, wie Petra Weigl, Vorstandsvorsitzende des Fisch-Informationszentrums (FIZ) sagte, als sie Zahlen zur Branche vorstellte. 18,8 Prozent aller Fische, Krebse und Weichtiere, die in Deutschland auf die Teller kamen, waren Lachs aus dem Atlantik, der pazifische Seelachs kam auf 14,9 Prozent.
Wobei das mit dem Teller nicht ganz richtig ist: Die Statistik erfasst das Fanggewicht, das auch ungenießbare Teile wie Flossen, Gräten und Innereien einschließt. Danach verbrauchten die Deutschen pro Kopf im vergangenen Jahr 12,5 Kilogramm Fisch, deutlich weniger als ein Jahr zuvor, als es 14,4 Kilogramm waren. Im internationalen Vergleich liegt Deutschland mit den Niederlanden, Großbritannien und der Schweiz in einer Gruppe. Der Weltdurchschnitt lag 2021 bei etwa 20 Kilogramm pro Kopf, Island oder die Malediven kamen auf mehr als 60 Kilogramm.
Zwei Fischmahlzeiten pro Woche für die Gesundheit
Aus Sicht des FIZ, das von der Industrie getragen wird, wird zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirchen noch zu wenig Fisch gegessen. Wirtschaftliche Interessen sind das eine, gesundheitliche Aspekte das andere. So kann er das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt jedenfalls zwei Fischmahlzeiten pro Woche. Wer Produkte aus verantwortungsvoller Zucht oder ohne Ausbeutung der Meere kaufen will, sollte auf Gütesiegel achten. Auch wenn sie unterschiedliche Kriterien anlegen, hält die Verbraucherzentrale die meisten für mindestens bedingt empfehlenswert.Insgesamt kauften die Deutschen 2023 rund 418.240 Tonnen Fisch und Meeresgetier – ausgenommen, gepuhlt, verzehrfertig –, weit entfernt von den mehr als 500.000 Tonnen vor drei Jahren. „2020 und 2021 hat vor allem die Corona-Pandemie dafür gesorgt, dass die Menschen nicht in Restaurants essen gehen oder in den Urlaub fliegen konnten“, sagte FIZ-Vorstandschefin Weigl. „Deswegen standen mehr Einkommen und mehr Anlässe bereit, um Fisch zu Hause zu essen.“ Und die entfielen im vergangenen Jahr.
Im Schnitt gaben die Bundesbürger 12,13 Euro pro Kilogramm aus, 2020 waren es noch 10,45 Euro. Als Preistreiber nannte Weigl stark gestiegene Kosten für Seetransporte, starke internationale Nachfrage nach Fisch sowie höhere Personal- und Energiekosten in Deutschland.
Die Deutschen lieben vor allem Konserven
Meist kommt der Fisch nicht frisch auf den Tisch. Die Bundesbürger lieben Konserven, etwa Thunfisch und Heringe. Die haltbar gemachten Fisch- und Aquakulturerzeugnisse hätten mit 27 Prozent den höchsten Anteil am Markt, sagte Weigl. Sonst greifen die Deutschen gern zu tiefgefrorenem Fisch (23 Prozent), der oft leichter zu bekommen ist und sich länger hält als Frischfisch (13 Prozent).
Die größten Fans leben in Schleswig-Holstein, Bremen, Hamburg und Niedersachsen – Ländern, die direkten Meerzugang haben. Oder, wie FIZ-Vorstandsvorsitzende Weigl sagte, der kulturelle Bezug zu Fischerei hätten einen gewichtigen Einfluss auf das Kaufverhalten. Kuriose Ausnahme ist Mecklenburg-Vorpommern, das beim Kauf pro Kopf noch hinter den Binnenbundesländern Bayern und Hessen liegt.
Dabei stammt der meiste Fisch nicht von deutschen Fischern oder gar aus deutschen Gefilden. Angelandet wurden in der Bundesrepublik 2023 nur rund 166.000 Tonnen Fisch, weitere 37.000 Tonnen stammten aus Aquakulturen und Seen. 1,75 Millionen Tonnen wurden importiert. Gleichzeitig führte die Bundesrepublik 816.000 Tonnen aus, sodass knapp über eine Million Tonnen Fang dann auch wirklich zum Verzehr bestimmt waren.