Selbstfahrende Fahrzeuge kommen: 2025 starten Projekte in zwei OWL-Kreisen

Paderborn/Herford. Ein Bus ohne Fahrer auf abgelegenen Strecken oder sogar auf vom Fahrgast individuell festgelegten Strecken klingt wie Zukunftsmusik – ist es aber nicht. In Ostwestfalen-Lippe sollen noch in diesem Jahr zwei verschiedene Varianten von selbstfahrenden Fahrzeugen im öffentlichen Nahverkehr auf die Straßen kommen.

In Nordrhein-Westfalen gibt es bereits ein Beispiel zum Angucken: In Monheim fahren seit 2022 fünf Busse teilautomatisiert mit 16 Kilometern in der Stunde durch die Altstadt. Deutschland, so hat es die Bundesregierung festgelegt, soll zu einem der weltweit führenden Innovations- und Produktionsstandorte für autonomes Fahren werden.

Dafür hat sie Ende 2024 eine Strategie beschlossen. Bereits 2021 habe Deutschland laut Regierung &bdquo;als weltweit erstes Land einen umfassenden Rechtsrahmen für autonomes Fahren geschaffen“.

Welche Projekte gibt es in OWL? Eines dieser Projekte in der Region kommt von der Deutschen Bahn und heißt &bdquo;Ultimo“. Im Laufe dieses Jahres sollen in Herford autonom fahrende Busse auf die Straßen kommen – zunächst sichtbar im Straßenverkehr in Kalibrierungsfahrten noch ohne Gäste und mit Sicherheitsfahrern. Herford wurde neben Oslo und Genf als Teststandort ausgewählt, &bdquo;um den ÖPNV mit autonomen Fahrzeugen zu optimieren, zu ergänzen und wirtschaftlicher zu gestalten“.

Finanziert wird das Projekt von der EU und der schweizerischen Eidgenossenschaft. Es soll bis mindestens Ende 2026 laufen. Ziel ist, dass im Laufe des Jahres dann auch Fahrgäste die Busse in Herford nutzen können; mit vorheriger Anmeldung, da die Wagen eine begrenzte Kapazität haben und jeder Passagier einen Sitzplatz haben muss.

Im Kreis Paderborn sollen ebenfalls in diesem Jahr mehrere selbstfahrende Fahrzeuge unterwegs sein. Allerdings mit anderem Ansatz: Die Verbundinitiative Neue Mobilität (NeMo) Paderborn will ein nachhaltiges Mobilitätskonzept schaffen und in diesem Rahmen auch den Personentransport bedarfsgerecht gestalten. Dafür soll der Fahrgast für seine individuelle Strecke ähnlich einem Taxi ein sogenanntes autonom fahrendes &bdquo;Cab“ via App anfordern können. Auf Hauptstrecken kann sich das kleine Fahrzeug dann mit anderen &bdquo;Cabs“ zu einem Konvoi vereinen, der von einem größeren Fahrzeug gezogen wird.

Getestet werden sollen die Fahrzeuge zunächst auf dem Zukunftsquartier in Paderborn. Auf dem ehemaligen Barker-Areal am Berliner Ring könnte man darauf Einfluss nehmen, wer auf dem Gelände unterwegs ist, und sichere Testläufe durchführen, erklärt NeMo-Geschäftsführer Jonathan Behm. Zwei Fahrzeuge verschiedenen Typs können dann, wenn sie die Erprobungsgenehmigung bekommen, auch auf einer festgelegten Strecke mit einer sogenannten Level-Vier-Zulassung fahren.

Darunter verstehen Experten, dass der Betriebsbereich definiert ist und kein Fahrer mehr an Bord sein muss. Beim Projektpartner in Augsburg soll ein Fahrzeug eingesetzt werden, zwei weitere im Kreis Paderborn. &bdquo;Wir werden die aber noch nicht in den ÖPNV-Betrieb reingeben“, sagt Behm.

Vielleicht müssen neue Schilder aufgestellt werden Dennoch werden die Fahrzeuge so schon in 2025 auf den Straßen für anderen Verkehrsteilnehmer sichtbar. Wo genau sie unterwegs sein sollen, steht derzeit noch nicht fest. Man gleiche derzeit noch Anforderungen und teilnehmende Kommunen ab, dann müssten die Strecken eingelesen und eventuell Schilder aufgestellt werden.

Im Gespräch war in der Vergangenheit der Borchener Ortsteil Etteln, wo Vorsteher Ulrich Ahle im November gegenüber dieser Zeitung sagte, dass dort in 2025 ein Fahrzeug des Vereins NeMo unterwegs sein soll. Auch zum geplanten Bad Lippspringer City-Outlet könnten autonom fahrende Busse fahren.

Wer haftet bei Unfällen? So einfach könne man die Haftungsfrage nicht beantworten, sagt Behm. &bdquo;Wenn der erste Unfall passiert, wird das wohl eine längere Untersuchung werden, wer die Verantwortung trägt.“ Es gebe viele Teilsysteme, die zusammenkommen: vom System, über den Hersteller bis zum Halter und der diversen Zulassungsbehörden.

Können die Fahrzeuge gehackt werden? Anfang des Jahres ging in den USA ein Video viral, in dem ein autonom fahrendes Taxi einen Fahrgast nicht rausgelassen hat. Durch solche Vorfälle sinkt nicht nur die gesellschaftliche Akzeptanz, es entstehen auch Ängste. &bdquo;Die Fahrzeuge sollen mit einer Leitzentrale verbunden sein. Bei der kann man sich melden, wenn sie nicht machen, was sie sollen“, versucht Behm diese Ängste zu nehmen.

&bdquo;Jedes System ist irgendwie gefährdet“ Und weiter: &bdquo;Natürlich ist grundsätzlich jedes System mit Außenzugriff irgendwie gefährdet. Es gibt aber Sicherheitsmechanismen, die einen Hack verhindern.“ Unter anderem soll man von außen keinen direkten Steuerungszugriff haben, sondern nur Szenarien bestätigen, die das Fahrzeug vorschlägt – etwa um eine festgelegte Strecke zu verlassen, um eine Mülltonne zu umfahren.

Wie ist die gesellschaftliche Akzeptanz? Man wolle keine verbrannte Erde hinterlassen, sagt Behm. Darum würde so ausgiebig getestet. Das Fahrzeug müsse verlässlich fahren – nicht nur für die Fahrgäste, sondern auch für die anderen Teilnehmer im Straßenverkehr. Außerdem war die Gruppe mit einem Prototyp auf vielen Veranstaltungen in der Region wie dem Mobilitätstag in Paderborn, dem Käsemarkt in Nieheim oder dem Viaduktfest in Altenbeken, damit in der Bevölkerung ein Eindruck entstehen kann, wie &bdquo;so was in Zukunft aussehen kann“. &bdquo;Ich habe das Gefühl, dass die Menschen in der Region da sehr aufgeschlossen sind.“

Im Gegensatz zu den sonst oft üblichen, vergleichsweise langsamen Fahrzeugen wie in Monheim sollen die Cabs in Paderborn sich mit 40 bis 50 Kilometern in der Stunde gut in den Straßenverkehr einfügen. Außerorts seien sie im Convoi auch schneller. &bdquo;Es gibt keine Vorschrift in der Gesetzgebung, wie schnell ein autonomes Fahrzeug sein darf. Das wird in der Erprobungsgenehmigung festgelegt“, erklärt Behm. Auch der Bus in Herford soll laut DB-Sprecher &bdquo;mit normaler Geschwindigkeit am Straßenverkehr teilnehmen“.

Was ändert sich durch selbstfahrende Busse für Busfahrer? Busse, die irgendwann ohne Fahrer fahren sollen, schlagen da nicht die Busfahrer in der Region Alarm? &bdquo;Wir wollen den ÖPNV ergänzen und nichts kannibalisieren“, betont Jonathan Behm. Die Gewerkschaft Verdi beobachte das Thema, sagt Peter Büddicker, Branchenkoordinator Busse und Bahnen NRW bei Verdi.

Die Situation in den Unternehmen sei derzeit durch Personalmangel geprägt. &bdquo;Die Kollegen klagen immer über eine Menge Überstunden. Insofern fühlen sie sich von autonomen Fahrzeugen nicht bedroht.“ &bdquo;Langfristig sollte das Ziel sein, dass wir Fahrpersonal ersetzen können“, sagt dagegen Tobias Tempel, Projektleiter bei der Stadtverkehr Herford GmbH (SVH).

&bdquo;Wenn bedingt durch die Technologie Arbeitsplätze wegfallen, werden die Arbeitgeber mit uns an den Verhandlungstisch müssen“, betont Büddicker. &bdquo;Ich kann mir vorstellen, dass sich Arbeit künftig anders abbildet. Es wird zum Beispiel irgendeine Steuerung, eine Wartung und einen Service geben müssen.“

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