Berlin/Bielefeld. Frauen, die Opfer einer Vergewaltigung geworden sind, müssen die Kosten für Notfallverhütungsmittel wie die Pille danach künftig nicht mehr selber bezahlen. Dank einer Gesetzesänderung wird die gesetzliche Krankenversicherung für die Kosten aufkommen. Bislang wurden Frauen nur dann kostenlos versorgt, wenn sie nicht älter als 22 Jahre alt sind. „Die Gesetzesänderung entlastet Frauen und hat eine Signalwirkung, damit sich die Versorgung von Verbrechensopfern weiter verbessert“, sagt die Geschäftsführerin des Frauennotrufs Bielefeld, Melanie Rosendahl.
Notfallkontrazeptiva wie die Pille danach können nach einer Vergewaltigung oder ungeschütztem Geschlechtsverkehr als Notfallverhütungsmittel eingesetzt werden, um eine Schwangerschaft zu verhindern. Das Hormonpräparat verzögert den Eisprung und muss einmalig eingenommen werden. Je nach Präparat kostet das Medikament zwischen 16 und 35 Euro und ist ohne Rezept in der Apotheke erhältlich.
„Dass Frauen das Mittel nach einem Verbrechen selber finanzieren müssen, ist eine Zumutung. Deshalb begrüße ich die Mehrheit im Bundestag für die Gesetzesänderung sehr“, sagt Rosendahl. „Wir sind als Gesellschaft dafür verantwortlich, dass Mädchen und Frauen nach Verbrechen bestmöglich versorgt werden. Zu einer umfassenden Hilfe zählt auch die kostenfreie Versorgung mit Mitteln wie der Pille danach.“

Vergewaltigungsopfer macht Gesetzesänderung möglich
In Gang gesetzt hat die Debatte Gudrun Stifter aus Bayern, die nach einer Vergewaltigung die Kosten für die Pille danach und mehrere Untersuchungen selber zahlen musste. Die Gesetzesänderung, die in der vergangenen Woche im Bundestag beschlossen wurde, geht auf ihre Petition aus dem Jahr 2021 zurück.
Rosendahl hofft, dass die Gesetzesänderung nun schnell umgesetzt wird und der Zugang zu Notfallverhütungsmitteln für Verbrechensopfer möglichst niederschwellig möglich wird. „Der Erfolg des Beschlusses wird sich in der Praxis zeigen. In der Vergangenheit wurden viele Gesetzesänderungen leider nur sehr langsam umgesetzt“, erklärt die Psychologin mit Verweis auf das Gesetz zur Finanzierung der anonymen Spurensicherung nach Gewalttaten, das bereits 2020 auf Bundesebene in Kraft getreten ist, aber in NRW erst in diesem Jahr umgesetzt wurde.
Ein weiteres Beispiel ist nach Angaben Rosendahls die Umsetzung des Gesetzes zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs, das die Möglichkeiten der richterlichen Videovernehmung erweitert, um Opferzeugen eine Vernehmung in der Verhandlung zu ersparen. „Die Gerichte gehen damit sehr unterschiedlich um. In Bielefeld wird diese Möglichkeit nur in absoluten Ausnahmefällen gewährt, in anderen Städten wird es regelhaft angeboten.“ Das müsse sich dringend ändern, fordert Rosendahl.
Hilfe für Mädchen und Frauen nach Gewalttaten
Der Frauennotruf Bielefeld hilft Frauen und Mädchen ab 16 Jahren, die Opfer von sexualisierter Gewalt geworden sind. Erreichbar ist das Team telefonisch unter 0521 124248 und oder online.
Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ ist ein bundesweites Beratungsangebot für Frauen, die Gewalt erlebt haben oder noch erleben. Unter der Nummer 116016 und via Online-Beratung wird rund um die Uhr unterstützt.