Prozess um getöteten Philipos: Ein Angeklagter bricht sein Schweigen

Minden. Der dritte Angeklagte im Prozess um den getöteten Mindener Philipos Tsanis hat am sechsten Verhandlungstag vor dem Landgericht Bielefeld sein Schweigen gebrochen. Bereits in der vergangenen Sitzung hatte der 19-Jährige angedeutet, sich vielleicht doch äußern zu wollen. Zwei Stunden lang schilderte der junge Mann aus Magdeburg am Mittwoch vor Gericht seine Eindrücke den Geschehnissen. Am Nachmittag sollen dann noch zwei Freunde von Philipos vor Gericht aussagen.

Verantwortlich für den tragischen Tod des 20-Jährigen soll, wie berichtet, ein 19-jähriger Syrer mit Wohnsitz in Bad Oeynhausen sein. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm unter anderem Totschlag und Körperverletzung vor.

Der junge Mann soll Tsanis in der Nacht vom 22. auf den 23. Juni 2024 im Kurpark von Bad Oeynhausen mit Schlägen und Tritten so schwer verletzt haben, dass er zwei Tage später im Klinikum Minden mit schweren Hirnschäden starb. In dem Fall sind zwei weitere Männer mit angeklagt.

So schildert der Angeklagte den Tatabend in Bad Oeynhausen Der Angeklagte aus Magdeburg berichtete, am Tatabend habe er sich mit Freunden zum Trinken in Bad Oeynhausen getroffen. Nach mehreren Stunden Aufenthalt in der Kurstadt traf seine Gruppe auf der Innenstadtfete, dem Stadtfest in Bad Oeynhausen, auf den Hauptangeklagten. Er habe Kontaktdaten mit dem 19-Jährigen ausgetauscht und beide seien später gemeinsam zum Kurpark gegangen, um sich dort mit Freunden zu treffen, die auf dem dortigen Abiball waren.

An den Kurhausterrassen habe er sich mit Freunden auf eine Bank gesetzt, darunter sei auch der zweite Angeklagte aus Bad Oeynhausen gewesen, schilderte der Mann aus Magdeburg. Kurz darauf sei ihm aufgefallen, dass der Hauptangeklagte bei einer anderen Bank stand, auf der drei Fremde saßen. Es handelte sich um das spätere Opfer Philipos und zwei seiner Freunde. Er habe einen Streit unter den jungen Männern mitbekommen, weshalb er und seine Freunde sich zur Bank begeben hätten.

Hauptangeklagter soll mehrfach auf Philipos eingetreten haben Der Hauptangeklagte habe Philipos dann geschlagen, berichtet der 19-Jährige vor Gericht. Den Auslöser könne der Magdeburger nicht benennen. Daraufhin sei Philipos weggerannt, der Hauptangeklagte sei ihm gefolgt. Als das spätere Opfer sich zu seinem Verfolger umdrehte, habe dieser ihn mit einem Tritt zu Fall gebracht. Philipos habe versucht, sich aufzurichten, doch der syrische Angeklagte habe mehrfach auf ihn eingetreten und geschlagen.

Die genaue Anzahl an Tritten und Schlägen sowie die Stellen, an denen der Hauptangeklagte getroffen haben soll, konnte der 19-Jährige nicht benennen. Die Situation habe sich zu weit weg abgespielt, zudem sei er mit einer zweiten Auseinandersetzung mit dem zweiten Angeklagten aus Bad Oeynhausen beschäftigt gewesen.

Angeklagter sagt aus, er habe Streit schlichten wollen Denn nahezu zeitgleich habe sich ein Freund von Philipos auf den Bad Oeynhausener gestürzt. Der Magdeburger sagte aus, er habe versucht, die beiden voneinander zu trennen und den Streit zu schlichten. Auch er habe jedoch mehrere Tritte oder Schläge gegen Philipos’ Freund ausgeführt, an Details erinnere er sich nicht mehr.

Der Hauptangeklagte sei dann zu ihnen gekommen, habe Philipos’ Freund noch einmal getreten, dann seien sie alle weggelaufen. Den Zustand des Opfers habe er nicht genauer einschätzen können, beschrieb der 19-Jährige. Zunächst habe er sich noch bewegt, später nicht mehr. Als er und seine Freunde den Kurpark verließen, habe er Philipos gesehen, könne aber nicht sagen, ob er bewusstlos war, da seine Augen offen gewesen seien.

Unterschied zwischen Mord und Totschlag gegoogelt Später sei er im Kurpark erneut auf den Hauptangeklagten getroffen, so der Magdeburger weiter. Dieser habe eine Tasche bei sich gehabt, die er von den Jungs habe, wie er ihm erzählt habe. Darin seien Parfum, Kleingeld und Marihuana gewesen. Er selbst habe den Hauptangeklagten um das Kleingeld gebeten, um sich etwas zu Trinken zu kaufen. Der Syrer habe sich mehrfach mit dem Parfum eingesprüht, wieso er das tat, wisse der Magdeburger nicht. Der Hauptangeklagte habe die Tasche dann in den Teich geworfen.

Kurz darauf seien sie gemeinsam zum Bahnhof gegangen, wo sie auf zwei Mädchen trafen. Hier hätten sich die Wege des Magdeburgers und des Syrers getrennt. Der Magdeburger sei mit einem weiteren Freund, der an dem Abend dabei war, nach Hause gegangen.

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Neben den Geschehnissen in Bad Oeynhausen spielten auch der Suchverlauf des Angeklagten im Internet sowie mehrere Chatverläufe eine große Rolle bei der Befragung durch den Richter. Der Angeklagte hatte im Netz nach dem Unterschied zwischen Mord und Totschlag gesucht, das sei aus Angst geschehen, sagte der 19-Jährige. Zu dem Zeitpunkt sei der Vorfall im Kurpark bereits in den Nachrichten gewesen, was ihm Angst gemacht habe.

Vermeintlicher Haupttäter reagiert kaum Zudem hatten der Hauptangeklagte und der Magdeburger am Tag nach der Tat mehrere Nachrichten ausgetauscht und miteinander telefoniert. Der 19-Jährige erklärte am Mittwoch vor Gericht, er könne sich nicht genau an die Inhalte der Gespräche erinnern. Er sei wütend gewesen und habe den 19-Jährigen gefragt, wieso die Situation so eskaliert sei.

Die Frage des Staatsanwalts, ob es Absprachen gab, dem Hauptangeklagten die Schuld an der Situation zuzuschieben, verneinte der Angeklagte aus Magdeburg. Der vermeintliche Haupttäter aus Syrien reagierte kaum auf die Aussagen des Mitangeklagten.

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