Neue Position: NRW-FDP zeigt sich offen für ein „Sondervermögen Bundeswehr“

Düsseldorf. Deutschland könnte vor seiner größten Schuldenaufnahme aller Zeiten stehen – und das unter einem CDU-Kanzler. Diskussionen über die Aufnahme zweier Sondervermögen von jeweils bis zu 500 Milliarden Euro führen jetzt auch zu ersten überraschenden Reaktionen in NRW.

Im Zuge der aktuellen Sondierungsgespräche sollen Union und SPD nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters über zwei neue Sondervermögen gesprochen haben. Demnach sollen für die Bundeswehr Schulden in Höhe von 400 Milliarden Euro und für die Infrastruktur in Höhe von 500 Milliarden Euro aufgenommen werden.

Es sei gut, dass es gerade &bdquo;viel Bewegung“ in der Debatte gebe, sagt SPD-Fraktionschef Jochen Ott dieser Redaktion. Das Wichtigste sei, dass es dabei zu einer konstruktiven Lösung komme. Sondervermögen seien ein &bdquo;mögliches“ und &bdquo;vernünftiges“ Instrument, um den vorhandenen Investitionsstau aufzulösen, meint Ott. Die notwendigen Summen seien zu groß, um sie aus dem Haushalt zu kürzen oder mit Steuererhöhungen aufzubringen.

SPD-Politiker Ott fordert stärkere Belastung von Reichen Ott fordert, dass die durch Kredite anfallenden Zinsen und Tilgungen &bdquo;ganz sicher nicht“ von durchschnittlichen Arbeitnehmern und ihre Familien bezahlt werden. &bdquo;Reiche und Super-Reiche sind jetzt dran. Sie müssen mehr zu unserer Sicherheit und dem Allgemeinwohl beitragen als bisher“, meint Ott. &bdquo;Es geht nicht anders. Die Sicherheitslage verlangt, dass wir Verteilungsfragen stellen.“

Offen für ein Sondervermögen zeigt sich nun auch die FDP in NRW, was nicht selbstverständlich ist. Das Motto müsse lauten: &bdquo;Kernhaushalt für Kernaufgaben, Sondervermögen für Sonderaufgaben“, sagt NRW-Fraktions- und Parteichef Henning Höne dieser Redaktion. Die äußere Sicherheit sei Kernaufgabe des Staates. Diese Kernaufgabe müsse auch aus dem Kernhaushalt finanziert werden. Das heiße: Zwei Prozent vom BIP für die Verteidigung, sagt Höne. &bdquo;Wenn darüber hinaus Fehler und ausgelassene Investitionen der Vergangenheit ausgeglichen werden sollen, kann ein neues Sondervermögen Bundeswehr dafür ein Weg sein.“

Voraussetzung müsse aus Hönes Sicht immer sein, dass das Zwei-Prozent-Ziel im Kernhaushalt erreicht werde und das Sondervermögen nicht den Alltag finanziere, sondern zusätzliche Aufgaben. &bdquo;Wenn es dazu Gespräche geben soll, würden sich die Freien Demokraten diesen Gesprächen nicht verweigern.“ Diese Töne aus Reihen der FDP sind neu; sie werden aber nach einer Präsidiumssitzung jetzt auch auf Bundesebene von anderen FDP-Spitzenpolitikern angeschlagen.

Noch vor wenigen Tagen hatte FDP-Fraktionschef Christian Dürr hingegen gesagt, dass ein neues Sondervermögen für die Freien Demokraten nicht infrage komme. Das ursprüngliche 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen sei eine &bdquo;Notmaßnahme“ gewesen, weil eine Vorgängerregierung das Geld an anderer Stelle mit vollen Händen für alles ausgegeben habe, nur nicht für die Bundeswehr. &bdquo;Wenn man das nun dauerhaft über immer neue Schulden machen will, heißt das nichts anderes, als dass man die Schuldenbremse abschafft“, hatte Dürr gesagt. Immer neue Sondervermögen, um Lücken im Kernhaushalt zu stopfen, seien &bdquo;keine solide Finanzierung der Bundeswehr“.

FDP-Chef Höne offen für Sondervermögen Bundeswehr Höne warnt indes vor einer Verknüpfung eines Sondervermögens Bundeswehr mit anderen Zielen wie der Infrastruktur. &bdquo;Das würde die Schuldenbremse des Grundgesetzes aushöhlen und damit die Axt anlegen an die finanzielle Stabilität und die Generationengerechtigkeit.“

Auch die Grünen in NRW fordern, dass Deutschland jetzt &bdquo;schnell ausreichend Geld“ bereitstellt, wie NRW-Vize-Ministerpräsidentin Mona Neubaur der Rheinischen Post sagt. Die Grünen-Politikerin fordert dafür aber konkret eine Reform der deutschen Schuldenregeln, die aus &bdquo;einer längst vergangenen Zeit“ stammten. &bdquo;Die USA und China buttern gerade Milliarden in ihre Volkswirtschaften und haben damit längst alle marktwirtschaftlichen Spielregeln über Bord geworfen“, sagt Neubaur. Die Frage sei nun: &bdquo;Geht man sozusagen das Hohelied der Schwarzen Null trällernd unter und riskiert, dass Menschen die Zukunftsperspektive verlieren und Unternehmen aufgeben?“

Ausweichend reagiert die CDU in NRW. Es müsse eine Lösung geben für die Aufrüstung des Militärs und für die Wiederherstellung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit, sagt der finanzpolitische Sprecher Olaf Lehne. &bdquo;Das wird teuer – aber es geht um den Frieden in unserem Land. Die neue Bundesregierung wird eine vernünftige Lösung finden.“

Die AfD in NRW ließ die Anfrage dieser Redaktion unbeantwortet.

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