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„Unverschämtheit“: Auch NRW-Grüne zerreißen schwarz-rote Finanzpläne

Ingo Kalischek

Wibke Brems, Co-Fraktionsvorsitzende der Landtagsfraktion der Grünen aus Gütersloh. - © dpa
Wibke Brems, Co-Fraktionsvorsitzende der Landtagsfraktion der Grünen aus Gütersloh. (© dpa)

Düsseldorf. Rache ist süß. Bremsen die Grünen den Neustart von Union und SPD aus? Nachdem die Grünen-Fraktion im Bundestag signalisiert hat, dem Milliarden-Finanzpaket nicht zustimmen zu wollen, kommen auch aus NRW harsche Töne. Das ist nicht selbstverständlich, weil die Grünen im Land an der Seite der CDU regieren.

Union und SPD sind im Bundestag in den nächsten Tagen auf die Stimmen der Grünen angewiesen, weil es für ihre Milliarden-Pläne eine Grundgesetzänderung braucht – und somit eine Zweidrittelmehrheit. Blöd nur, dass genau diese Grünen in den vergangenen Monaten und Jahren regelmäßig von der Union durch den Kakao gezogen wurden – und ihre Spitzenpolitiker bis zuletzt vor allem von CSU-Chef Markus Söder persönlich diskreditiert wurden.

Da verwundert es kaum, dass die Grünen Union und SPD mit deren neuem Schuldenpaket jetzt erst mal auflaufen lassen. Doch Wortbeiträge aus Reihen der Partei zeigen, dass es den Grünen nicht nur um persönliche Befindlichkeiten geht.

Wibke Brems hält die Finanzmittel für die Länder für zu gering

„Die bisherigen Finanzpläne der neuen Regierungskoalition würden die Lage in NRW dramatisch verschlechtern, denn sie bedeuten eine weitere strukturelle Mehrbelastung für die Bundesländer“, sagt zum Beispiel Wibke Brems, Grünen-Fraktionschefin im Landtag. Friedrich Merz wolle seine Steuergeschenke finanzieren, indem er die Länder zu Schulden zwinge. „Das ist eine Unverschämtheit“, meint die Gütersloherin Brems.

NRW brauche finanzielle Spielräume zur Bewältigung des riesigen Investitionsbedarfs in Schulen, Kitas, Brücken oder Klimaschutz. Die Länder müssten an dem Sondervermögen angemessen beteiligt werden und die Schuldenbremse müsse reformiert werden, um zusätzliche Investitionen zu ermöglichen, fordert Brems.

Auch die grüne Vize-Ministerpräsidentin Mona Neubaur, die in NRW vertrauensvoll mit CDU-Politiker Hendrik Wüst die schwarz-grüne Koalition führt, hält nicht viel von den Finanzplänen von Union und SPD. Ohne „wesentliche Änderungen“ seien die Pläne „nicht zustimmungsfähig“, heißt es in einem Schreiben Neubaurs und zwei weiterer Grünen-Landesminister. Der Hinweis ist deshalb wichtig, weil die Gesetzesänderung nach dem Bundestag auch noch durch den Bundesrat – also durch die Länderkammer – muss. Landesregierungen können der Änderung die Zustimmung verweigern. Neubaur fordert unter anderem, dass die Länder nicht nur 100, sondern 200 Milliarden Euro für Investitionen in die Infrastruktur bekommen.

SPD-Fraktionschef Jochen Ott zeigt Verständnis

Auch NRW-Grünen-Chef Tim Achtermeyer hadert mit den inhaltlichen Punkten des Finanzpakets – und bezeichnet dieses als „Mogelpackung“. Der Betrag von 500 Milliarden Euro klinge zwar „riesig“, doch die Gelder würden bei einer Laufzeit von zehn Jahren „komplett aufgefressen“ von neuen Aufgaben, die Schwarz-Rot im Sondierungspaket plane. Das betreffe zum Beispiel „Milliarden für Steuergeschenke an Unternehmen“, „Milliarden für vergünstigten Strom“ sowie „Milliarden für die Mütterrente und den Agrardiesel“, kritisiert Achtermeyer.

Der Chef der SPD-Fraktion im Landtag, Jochen Ott, beobachtet das Verhalten der Grünen derweil mit gemischten Gefühlen. „Das Gefühl der Grünen verstehe ich gut“, räumt Ott ein. Es sei aus Sicht der Grünen „nicht schön“, wenn die Fraktion noch bis vor wenigen Tagen angegriffen werde, sagte Ott mit Verweis auf eine Rede von Söder beim politischen Aschermittwoch. Der CSU-Chef hatte Grünen-Politiker Robert Habeck eine „Gute Reise, auf nimmer Wiedersehen“ gewünscht. Völlig ungeniert zeigte sich CSU-Generalsekretär Martin Huber, der auf X schrieb: „Robert Habeck kann wieder Kinderbücher schreiben, Annalena Baerbock über feministische Außenpolitik philosophieren und Cem Özdemir kann Tofu-Schnitzel essen – aber endlich auf der Oppositionsbank!“

Laut Ott hätte sich auch die SPD die jetzt im Raum stehenden Lösungsvorschläge schon eher gewünscht. Dennoch appelliert er an die staatspolitische Verantwortung der Grünen. „Aber wem würde die Blockade am Ende nutzen, wenn die Grünen ablehnen?“, fragt Ott. Das Sondierungspapier von Union und SPD sei ein „Meilenstein für eine gute Zukunft“. Deshalb sei es jetzt wichtig, aufeinander zuzugehen, sagt Ott.

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