47 Hunde aus Gammel-Haus gerettet – so entwickeln sich die Tiere in Bielefeld

Bielefeld. Kaum vorstellbar, welchen Horror die Hundeschar in dem Albtraum-Haus erleiden musste: Schockierende Fotos zeigen ekelerregende Zustände, verursacht von Menschen, die völlig die Kontrolle verloren haben. Die Leidtragenden: 47 Hunde, die hier ihr Leben verbringen müssen. Bis am 18. Februar die Retter kommen – und fünf der armseligen Kreaturen in das Bielefelder Tierheim bringen. Fast drei Wochen sind die Mischlinge nun in Bielefeld. Ein Besuch bei erstaunlich gefassten, kleinen Kämpfern.

Wer im Tierschutz arbeitet, sieht viel Leid. D och der Anblick der kleinen Hundeschar, die am 18. Februar in Sennestadt ankommt , verstört selbst das hart gesottene Team des Tierheims in Bielefeld. Die kleinen, alten Hunde sind klapperdürr, schwach, krank. Haben sich von Tapeten und Fäkalien ernährt, einander vor Hunger die Ohren abgefressen, mutmaßlich nie die Sonne gesehen. Halsband und Leine kennen sie nicht. Streicheleinheiten? Fellpflege? Unbekannt.

&bdquo;Besonders traurig ist, dass die Tiere alle schon alt sind und in diesen Zuständen womöglich ihr gesamtes bisheriges Hundeleben verbracht haben“, sagt Tierheimleiterin Jutta Schaper. In einem Auslauf mit großem Innenbereich mit Decken und Hundekörbchen sind die Hunde im Tierheim untergebracht. Mit Menschen wollen die fünf sicher nichts mehr zu tun haben, sollte man vermuten. Doch sobald die Tür aufgeht, stehen fünf ältere Herrschaften neugierig am Gitter Spalier.

Spindeldürr, aber erstaunlich gefasst Ein wenig gerupft schauen sie aus, immer noch spindeldürr – aber erstaunlich gefasst. Ganz langsam mussten sie an Futter gewöhnt werden. Mehrere Behandlungen beim Tierarzt stehen noch aus, selbst dafür waren sie zu schwach. Zähne, Tumore, kranke Leber, lose Kniescheibe – auf das Tierheim kommt jetzt ein Berg an Kosten zu. Gottlob gibt es hier seit 13 Jahren Tierheimtierarzt Mirko Quest. &bdquo;Wenn wir ihn nicht hätten, wären wir längst pleite“, vermutet Helmut Tiekötter, Vorsitzender des Tierschutzvereins in Bielefeld, der das Tierheim betreibt.

So freundlich die fünf Neuankömmlinge sind – einfach anfassen geht erst mal noch nicht. Zuneigung, Kuscheln, das ist den Mischlingen unbekannt. In dem Haus in Bad Iburg ging es für die insgesamt 47 Gefangenen ausschließlich ums Überleben. Umso erstaunlicher, wie nett die fünf Besuche im Zwinger empfangen. Dankbar nehmen sie sogar kleine Leckerlis entgegen und die trüben, alten Augen scheinen ein wenig zu leuchten.

Die wahrscheinlich Älteste im Bunde ist &bdquo;Oma“. Eine kleine Kämpfernatur, vermutlich älter als zwölf. Sie ist bereits vermittelt. Auch der blinde Berti mit den schlechten Leberwerten ist vom Fleck weg von einer Tierarzthelferin adoptiert worden. Sid, Eunice und Milton sind noch zu haben.

Völlig unerzogen Wer einem der Kleinen ein Zuhause geben möchte, muss wissen, dass die Hunde alt, aber völlig unerzogen sind. Gepinkelt wird, wo man steht. Spaziergänge, trubelige Innenstädte – kennen die Hunde nicht. Ein Zuhause am Stadtrand oder auf dem Land wäre wohl passend für sie. Und auch mit weiteren Kosten ist zu rechnen. Werden die Tiere vermittelt, sind die gröbsten Gesundheitsbaustellen wohl erst mal erledigt. Dennoch: Bei alten Hunden ist immer mit Tierarztkosten wegen altersbedingter Zipperlein zu rechnen. Interessierte können sich unter Tel. 05205 98430 im Tierheim melden oder persönlich vorbeikommen. Geöffnet ist an der Kampstraße 132 immer dienstags und donnerstags bis samstags von 15 bis 17 Uhr.

Zu allem Überfluss sind in der vergangenen Woche weitere kleine Notfälle im Tierheim angekommen. Drei Malinois-Welpen (Belgische Schäferhunde), elf Wochen alt, denen ihr Bielefelder Halter nicht mehr Herr wurde. &bdquo;Aus Versehen“ war die Hündin tragend geworden. Was passiert ist, nachdem die Kleinen auf der Welt waren, ist nicht bekannt. Fest steht nur, dass die Hübschen mit ihren elf Wochen bereits hochaggressiv sind und ernsthaft zubeißen. So kräftig, dass sie einer Tierheimmitarbeiterin bereits einen Besuch im Krankenhaus beschert haben.

&bdquo;Wir mussten die drei sogar trennen, weil sie aufeinander losgegangen sind.“ Zwei der Hunde sollen nicht an privat vermittelt werden, hier ist das Tierheimteam noch auf der Suche nach Polizeistaffeln und Polizeischulen, die möglicherweise bereit wären, die Kleinen unter ihre Fittiche zu nehmen. Einer der drei kann an erfahrene Hundemenschen vermittelt werden, die sich mit der Rasse und ihren Bedürfnissen auskennen. Kontaktdaten siehe oben.

Animal Hoarding: Tiere sammeln als Sucht Animal Hoarding, auch bekannt als Tiersammelsucht, bezeichnet das Halten einer ungewöhnlich großen Anzahl von Tieren, ohne die Fähigkeit, ihnen angemessene Pflege zu bieten. Dies führt oft zu unzureichender Ernährung, mangelnder Hygiene, fehlender tierärztlicher Versorgung.

Animal Hoarding wird oft mit psychischen Störungen wie dem Messie-Syndrom (Hoarding Disorder) in Verbindung gebracht. Betroffene entwickeln eine starke emotionale Bindung zu den Tieren und haben Schwierigkeiten, sich von ihnen zu trennen, selbst wenn sie deren Wohl gefährden.

In vielen Ländern gelten Animal Hoarding-Fälle als Tierquälerei. Behörden und Tierschutzorganisationen arbeiten zusammen, um betroffene Tiere zu retten und den Personen Hilfe anzubieten. Prävention und frühzeitige Intervention sind entscheidend, um das Wohl von Tieren und Menschen zu schützen.

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