Vergewaltigung am Go Parc in Herford? Gericht zeigt Videos vom mutmaßlichen Opfer

Minden/Bielefeld. Was genau ist Ende August 2024 an der Herforder Diskothek Go Parc passiert und in welchem Zustand war das mutmaßliche Opfer? Nach wie vor schweigen alle acht Angeklagten aus dem Kreis Minden-Lübbecke vor dem Landgericht Bielefeld zu den Vorwürfen einer Vergewaltigung in einem geparkten Auto und der Beihilfe dazu. Die leitende Kripobeamtin gab deswegen am Donnerstag Einblicke, die bislang für die Öffentlichkeit unbekannt waren. Am dritten Prozesstag zeigte die Kammer auch Aufnahmen der mutmaßlich Geschädigten aus der Disco.

Als Hauptbeschuldigte gelten zwei 19-jährige irakische Staatsbürger, die derzeit in der JVA Herford in U-Haft sitzen und vorher in Minden gewohnt haben. Beide hatten - so viel steht bereits fest - Geschlechtsverkehr mit der jungen Frau aus dem Münsterland, während die anderen Angeklagten um den Wagen herumgestanden haben sollen. Ob der Sex einvernehmlich geschehen ist oder nicht, soll die Jugendkammer in dem Mammutprozess mit mehr als 20 Terminen klären. Als wichtige Beweismittel gelten zahlreiche Videos um die Diskothek und Aufnahmen der Angeklagten vom Tathergang.

Die Vorsitzende Richterin Verena Willeke ließ am Donnerstag sichergestellte Dateien der Angeklagten aus dem sozialen Netzwerk &bdquo;Snapchat“ abspielen. Darauf ist zu sehen, wie die mutmaßlich Geschädigte in der Diskothek tanzt, auf dem Schoss eines Angeklagten sitzt und sich dort bewegt. Die junge Frau wirkt in den Aufnahmen von Alkohol oder Drogen berauscht. Einen solchen toxischen Mix stellten hinterher auch die Gutachter in ihrem Blut fest. In einem der Videos kippt das mutmaßliche Opfer plötzlich nach hinten. Ein Ermittler der Polizei Herford äußerte im Zeugenstand, er glaube, sie habe in der Szene kurz das Bewusstsein verloren.

Snapchat-Aufnahmen vor Gericht in Bielefeld abgespielt Einer der beiden Mindener hatte jedenfalls nach der mutmaßlichen Tat offenbar kein schlechtes Gewissen und Schuldbewusstsein. Eine Woche danach parkte er sein Auto, in dem die Vergewaltigung stattgefunden haben soll, laut Aktenlage wieder an gleicher Stelle vor dem Schnellrestaurant Subway, da er offenbar erneut die Diskothek besuchte. Die Polizei bekam das mit und nahm ihn vor Ort fest, während die Beamten den Wagen beschlagnahmten. Auf dem Weg zum Haftrichter habe der Angeklagte ihr in einem lockeren Gespräch gesagt, dass der Geschlechtsverkehr einvernehmlich geschehen sein soll, so die Chefermittlerin.

Sie erwähnte auf Nachfrage eines Verteidigers auch, dass das mutmaßliche Opfer im vergangenen Jahr vor dem Fall am Go Parc vier Sexualdelikte – auch wegen Vergewaltigungen und Nötigungen - angezeigt habe. Unklar blieb, was aus ihren Vorwürfen geworden ist. Der Verteidiger eines der Hauptbeschuldigten, Ali Mojab, behauptete am Rande des Prozesses, mindestens eine Anzeige sei eingestellt worden. Ob das stimmt, ließ sich am Donnerstag nicht unabhängig klären. Mojab weiter: &bdquo;Wir prüfen noch, was mit den anderen Vorwürfen passiert ist.“ Möglicherweise könnten die Verteidiger im Laufe des Prozesses die Glaubwürdigkeit der mutmaßlich Geschädigten anzweifeln.

Mojab ließ auch verlauten, dass er einen Antrag gestellt habe, die U-Haft aufzuheben, weil die Frau auf den Videos nicht explizit &bdquo;Nein“ äußert. Diesen lehnten die Ermittler jedoch ab, da offenbliebe, ob die Frau in ihrer Situation – sie hatte Cannabis, Ecstasy und Alkohol konsumiert –, noch ihren Willen äußern konnte. Im Prozess hatte die Chefermittlerin verdeutlicht, dass auf den Aufnahmen sexuelle Handlungen von allen drei Beteiligten zu sehen seien. In der Anklage heißt es, sie habe mehrere Verletzungen, unter anderem im Intimbereich, erlitten.

Die einzige Frau unter den Angeklagten, eine 20-jährige Mindenerin, sieht ebenfalls keinen Tatbestand der Vergewaltigung. Sie hatte bei der Tat mutmaßlich zugesehen. Ihren Eindrücken vom Abend nach sei der sexuelle Kontakt einvernehmlich gewesen. Die Frau äußerte sich wie die anderen Beteiligten bislang nicht im Prozess, dafür lieferte die Chefermittlerin Details aus der Vernehmung mit ihr.

Mitangeklagte aus Minden: &bdquo;Sie konnte keine Treppen mehr gehen“ Die 20-Jährige hatte den Abend ebenfalls im Go Parc verbracht, unter anderen mit den Hauptbeschuldigten. Das mutmaßliche Opfer habe sie mehrmals im Club bemerkt. &bdquo;Sie war weggetreten, alleine, hatte große Augen und konnte keine Treppen mehr gehen“, schilderte sie den Zustand des mutmaßlichen Opfers. Außerdem soll sie mehrere Männer in der Diskothek angetanzt und angesprochen haben, die ihre Flirtversuche abgelehnt hätten.

Nach dem Geschlechtsverkehr im Auto sei das mutmaßliche Opfer barfuß ausgestiegen und habe das Kleid wieder angezogen. Sie soll dabei normal gewirkt, keine Vorwürfe geäußert und gelacht haben, so die Angeklagte in der Vernehmung. Ihr sei jedoch damals schon klar geworden, dass allen am Wagen und drumherum eine Anzeige drohen könnte. Das begründete sie in der Vernehmung damit, dass die beiden Männer beim Sex in der Überzahl waren.

Mutmaßliches Opfer sagt in kommender Verhandlung aus Genauere Details vom Inneren des Autos habe sie nicht gesehen, aber bemerkt, dass gefilmt worden sei. Die 20-Jährige habe nicht hinsehen wollen, da sie selbst Interesse an einem der Hauptbeschuldigten hatte. Die Angeklagte will auch mehrere weitere Personen am Wagen gesehen haben, die sie nicht alle gekannt habe. Später habe sie nicht ins Auto für die Heimfahrt einsteigen wollen, da sie es als eklig empfunden habe und den Zug nach Minden gewählt.

Die Ermittler werteten alle Funkzellen aus und rekonstruierten über die Handydaten, wie sich die Beteiligten am Wagen bewegt hätten. Dadurch stießen sie auf alle Angeklagten. Beim nächsten Verhandlungstag am Donnerstag, 20. März, will das Gericht weitere Videos zeigen, unter anderem auch die aus dem Wagen. Dann wird auch das mutmaßliche Opfer zum ersten Mal unter Ausschluss der Öffentlichkeit aussagen.

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