Die Angst wohnt mit im Haus: Nachbar macht Bielefelder Familie das Leben zur Hölle

Bielefeld-Brackwede. Seit 13 Jahren lebt das Ehepaar (43, 39) in einer schönen Wohnung in einem Mehrfamilienhaus im Stadtteil Brackwede. Doch seit Kurzem ist aus dem unbeschwerten Familienleben mit inzwischen zwei Kindern (7, 3) eine große Belastung geworden. Vor knapp drei Jahren zog ein neuer Nachbar (58) direkt nebenan in die Ein-Zimmer-Wohnung.

Beide lebten nebeneinander her, es gab kaum Berührungspunkte – bis sich der Mann Ende 2024 erstmals über die lauten Kinder beschwerte. In Mietshäusern ist das kein ungewöhnlicher Streitpunkt. Dass nur wenige Tage nach der Beschwerde die Polizei eine Messerattacke im Treppenhaus stoppen muss, sorgt nun für große Angst.

Streit schaukelt sich auf Offenbar hatte sich bei dem Mann einiges aufgestaut. An jenem späten Freitagabend, 28. Februar, gerieten der Nachbar und der Familienvater zunächst von Balkon zu Balkon in Streit. Der offenkundig mal wieder betrunkene Nachbar hatte erneut die Lautstärke der Kinder und der Eltern am Morgen im Treppenhaus kritisiert. Doch was er dann sagt, macht den Bielefelder fassungslos: &bdquo;Er sagte mir, dass er uns hier nicht mehr haben wolle.“

Der 43-Jährige versteht erst gar nicht, worauf der Nachbar hinaus will. Dann wird der aber deutlicher: &bdquo;Ich bin Germane“, sagt er unter Zeugen. &bdquo;Das ist mein Land.“ Er wolle nicht, dass die Familie in diesem Haus ihre Religion auslebe und Wand an Wand zu ihm lebe. Sie sollten doch in ihre Heimat zurückkehren.

Dass die Eheleute in Deutschland geboren, nicht konservativ gläubig und bestens integriert sind, ist dem Nachbarn völlig egal. Er wird immer bedrohlicher. Plötzlich spricht er sogar Morddrohungen aus. &bdquo;Er sagte: ’Ihr werdet brennen. Du wirst sterben’“, berichtet der 43-Jährige. Ihm zufolge fügt er noch weitere wilde rassistische und beleidigende Aussagen an. Schließlich zieht sich der Familienvater zurück und ruft die Polizei. Er nimmt die Drohungen ernst und hat recht damit.

Bielefelder Polizist springt gerade noch dazwischen Denn als die Streifenbeamten in dem Mehrparteienhaus in der Nähe der Berliner Straße eintreffen, erwartet der Vater sie vor der Wohnungstür im Treppenhaus – die Kinder schlafen bereits. Plötzlich öffnet sich zwei Meter neben ihm die Wohnungstür, und der große Mann von nebenan geht mit erhobenem Küchenmesser auf den 43-Jährigen los. &bdquo;Ich hatte ihn hinter mir noch nicht gesehen.“ Doch der erste Polizist auf der Treppe sieht alles. Er nimmt plötzlich fünf Stufen auf einmal, springt dazwischen und stößt den Bewaffneten mit Wucht zurück in seine Wohnung. Rettung in letzter Sekunde.

Seine Ehefrau sagt später über die Attacke: &bdquo;Sein Messer war schon in der Luft. Hätte er zugestoßen, hätte der meinen Mann am Kopf oder Hals erwischt.“ Diese Einschätzung teilt auch der Polizist. Nach Angaben des Ehepaares soll er dem Angreifer zugerufen haben: &bdquo;Da war nicht mehr viel Zeit übrig. Ich hätte beinahe auf dich schießen müssen.“

Zur Ausnüchterung mit auf die Wache genommen Polizeisprecherin Hella Christoph bestätigt den Polizeieinsatz, der gegen 23.40 Uhr wegen einer Bedrohung bei der Leitstelle eingegangen war. Beim Eintreffen hätten die Beamten den alkoholisierten Nachbarn, der ein Küchenmesser in der Hand hielt und eine Bedrohung aussprach, überwältigt und zur Ausnüchterung mit auf die Wache mitgenommen, heißt es dazu.

Das Ehepaar ist geschockt: &bdquo;Aus meiner Sicht war das ein versuchter Mord“, sagt die 39-Jährige. Die Polizisten machen den Eheleuten aber schnell klar, dass der Nachbar maximal eine Nacht in Gewahrsam bleiben werde. Am nächsten Morgen werde er, wenn er wieder nüchtern ist, zurückkehren.

Bielefelder Eltern &bdquo;zutiefst erschüttert“ &bdquo;Das hat uns zutiefst erschüttert“, sagen die Eltern. Denn es wird am Morgen nicht besser: Als der wütende Mann gegen 7 Uhr morgens zurückkehrt, stößt er im Treppenhaus die nächsten Drohungen und Verwünschungen aus. Die Nerven liegen endgültig blank. Die Familie ruft erneut die Polizei und packt in aller Eile ihre sieben Sachen. Unter Polizeischutz verlassen sie das Haus und ziehen für ein paar Tage zur Mutter.

Doch eine Dauerlösung ist das wegen der beengten Verhältnisse dort nicht. Als die Familie nach sechs Tagen endlich wieder nach Hause zurückkehrt, ist die Angst wieder da. &bdquo;Wir haben Angst um unser Leben und um die Gesundheit der Kinder.“ Pfefferspray gehöre jetzt zu jedem ihrer Gänge vor die Tür, berichtet die 39-Jährige. Ein Bruder hole sie morgens ab, wenn die Kinder zur Schule und in die Kita müssten. &bdquo;Ich kriege im Treppenhaus ständig Herzrasen – es hört erst auf, wenn ich endlich in der Wohnung bin“, berichtet die Ehefrau.

Bielefelderin: &bdquo;Ich werde sein Gesicht nicht vergessen“ Die seelische Belastung sei riesig. Zum Glück: Die Kinder haben nichts davon mitbekommen. &bdquo;Aber was ist, wenn der vor ihren Augen wieder ausrastet?“, fragt die Mutter. &bdquo;Ich werde sein hasserfülltes Gesicht nicht mehr vergessen. Das ist bei mir wie abgespeichert.“

Dem Bielefelder will zudem nicht in den Kopf, warum der Täter auf freiem Fuß bleiben kann, während &bdquo;wir als Opfer unser Zuhause verlassen“. Zwar wurde er wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung und Bedrohung angezeigt – die Ermittlungen zu dem Vorfall dauern aber. Mehr sei bisher nicht passiert. Seine Vorstrafen (laut Polizei wegen Drogendelikten) reichen auch nicht, um eine Inhaftierung zu rechtfertigen.

&bdquo;Wir können auch nicht darauf hoffen, dass er nüchtern friedlicher ist. Der ist ständig betrunken.“ Der 43-Jährige spricht daher von Missständen im Umgang mit Bedrohungssituationen und dem Schutz von Opfern. &bdquo;Wir möchten nicht länger in Angst und Unsicherheit leben.“

.responsive23-5Cz9RZTmG2ugTU3A-atlas-slideshow-messerkriminalitaet { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-5Cz9RZTmG2ugTU3A-atlas-slideshow-messerkriminalitaet { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-5Cz9RZTmG2ugTU3A-atlas-slideshow-messerkriminalitaet { padding-top: 142.86%; } } Welche Möglichkeiten haben die Behörden in solchen Fällen? Polizeisprecherin Hella Christoph sagt, dass die Familie über die Möglichkeiten eines zivilrechtlichen Verfahrens und Möglichkeiten des Gewaltschutzgesetzes aufgeklärt wurde. Allerdings dürfte ein vom Gericht ausgesprochenes &bdquo;einstweiliges Annäherungsverbot“ in einem engen Nachbarschaftsverhältnis wie diesem schwer zu realisieren sein, weiß auch die Polizeisprecherin.

Ihr Rat wäre ein gemeinsames Gespräch zu Klärung und Beseitigung der Probleme. Auch ein Schiedsmann könne in Betracht kommen. &bdquo;Wenn aber so ein Gespräch nicht mehr zielführend ist, sollten Betroffene ein Protokoll führen, um die Menge der Vorfälle möglichst belegen zu können.“ Und ganz wichtig: &bdquo;Bei jeder Straftat: Die Polizei rufen und Strafanzeige erstatten“, sagt Christoph. Einen Vorher-Schutz gibt es dennoch nicht.

Unüberlegt das Haus verlassen? Nicht mehr möglich Auch der Vermieter kann dem 58-Jährigen nicht einfach kündigen. Immerhin: Nachdem er über den Polizeieinsatz informiert wurde, soll er dem Mieter eine erste Abmahnung geschickt haben. Sollte sich der Mann weiterhin danebenbenehmen, hätte der Vermieter dann erste Möglichkeiten, eine außerordentliche Kündigung durchzukriegen. Doch auch das benötigt Zeit. Eine Akuthilfe gibt es quasi nicht: &bdquo;Wir wohnen mit dem Mann Tür an Tür. Unüberlegt das Haus verlassen, ist für uns nicht mehr möglich. Im Treppenhaus ist jetzt immer die Angst mit dabei.“

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