Flucht vor Trump: US-Forscher suchen neue Heimat auch an OWL-Unis

Bielefeld/Paderborn. &bdquo;Das trifft uns bis ins Mark.“ Angelika Epple, Rektorin der Universität, sind Bestürzung und Sorge über den Eklat in den USA deutlich anzuhören. Ende vergangener Woche hatte US-Präsident Trump angekündigt, ausländische Studierende an der Elite-Uni Harvard zu verbieten. Zwar hat eine Bundesrichterin das Verbot mittlerweile gekippt, doch hat der Vorfall endgültig klargemacht, wie weit Trump im Kampf gegen Diversität und Wissenschaftsfreiheit an den US-Unis gehen wird. Viele Wissenschaftler in den USA sind deshalb auf der Suche nach einer neuen Heimat – auch in OWL.

Auf Anfrage erklären beide Hochschulen, dass es bereits Nachfragen von US-Wissenschaftlern gab und gebe. &bdquo;Und die Kollegen können sich darauf verlassen, dass wir ihnen hier eine neue Heimat anbieten werden“, sagt Rektorin Angelika Epple, betont aber auch: &bdquo;Auf der anderen Seite müssen wir die Kooperationen und den Austausch in die USA jetzt erst recht lebendig halten.“ Was für sie bedeutet: Projekte fortführen, Kommunikation betreiben, weiter in die USA reisen, Kollegen bestärken und Loyalität versichern. &bdquo;Wir müssen die Hand jetzt mehr denn je ausstrecken. Wenn sich das Ausland jetzt zurückzieht, schwächt das die Demokratie und die Wissenschaft dort weiter, das darf unter keinen Umständen geschehen.“

Auch die Uni Paderborn bekommt Anfragen aus den USA Auch an der Uni Paderborn gibt es nach Auskunft von Pressesprecher Johannes Schnurr regelmäßig Anfragen von Wissenschaftlern aus den USA, die ihre Forschungen in OWL fortsetzen möchten – und das schon vor der Verschärfung der Lage in der vergangenen Woche. &bdquo;Es ist gut möglich, dass die Nachfrage weiter steigt.“ Zwar hänge viel von den konkreten Rahmenbedingungen und individuellen Entscheidungen ab, &bdquo;die Universität Paderborn steht solchen Anfragen aber grundsätzlich offen gegenüber“.

Beide Universitäten sind in den USA gut vernetzt, haben Partnerschaften mit zahlreichen Hochschulen. In Bielefeld können Studierende unter anderem an die Wesleyan University und die Pennsylvania University an der Ostküste, die University of Notre Dame nahe Chicago oder die Georgia State University in Atlanta gehen.

Zusätzlich gibt es Austauschformate zwischen Bielefelder Forschenden und Forschenden US-amerikanischer Universitäten wie der PennState University. Darüber hinaus beteiligt sich die Universität Bielefeld über den Campus OWL am Verbindungsbüro in New York, um Forschende zu vernetzen und gemeinsame Initiativen zu schaffen.Paderborn hat unter anderen die Illinois State University, die University of West Alabama und die University of Oklahoma im Portfolio, 22 Studierende der Hochschule weilen gerade in den USA. Darüber hinaus bestehen zahlreiche wissenschaftliche Kooperationen mit diesen Unis.

Die USA sind auch an der Hochschule Bielefeld (HSBI) für viele Forschende und Studierende ein attraktiver Hochschulstandort. &bdquo;Eine Bewerbungsphase steht kurz bevor“, erklärt Präsidentin Ingeborg Schramm-Wölk. Grundsätzlich orientiere man sich bei allen Auslandsaktivitäten an den Vorgaben des Auswärtigen Amtes, des Deutschen Akademischen Austauschdienstes, sowie an Richtlinien, die im Rahmen der Hochschulrektorenkonferenz erarbeitet wurden. &bdquo; Jegliche Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit, die in Artikel 5 Absatz 3 des Grundgesetzes verankert ist, stellt uns dabei natürlich vor Herausforderungen.“

Uni Paderborn kooperiert mit Elite-Uni Harvard Und auch die gerade im Zentrum der Attacken stehende Elite-Uni Harvard spielt in Paderborn eine Rolle. Denn zum einen gibt es eine Kooperation im Bereich der Sportmedizin an der Fakultät für Naturwissenschaften. Zum anderen haben Harvard-Forscher über die Uni einen guten Draht zum Institut für Photonische Quantensysteme in Paderborn.

Nicht nur aus diesem Grunde verurteilt man in Paderborn die Ereignisse in den USA aufs Schärfste. Sollte sich die Lage dort weiter zuspitzen, wäre auch die Universität selbst betroffen. &bdquo;Ein Einreise- oder Zulassungsverbot für Nicht-EU-Studierende an der Universität Paderborn würde die Internationalität und Interkulturalität auf dem Campus merklich einschränken“, erklärt Schnurr.

Zudem würde der Besuch internationaler Gastwissenschaftlern sowie der Austausch von Nachwuchsforschenden stark erschwert, was zu Verzögerungen bei Studien und Publikationen führen könnte. &bdquo;In der Folge würde das Renommee der Universität im In- und Ausland leiden und ihre Attraktivität für Spitzenstudierende und Wissenschaftler abnehmen.“

Parallelen zur politischen Lage in Deutschland Rektorin Angelika Epple von der Universität Bielefeld zieht zudem Parallelen zur politischen Lage in Deutschland. &bdquo;Auch hier haben wir es mit einem Erstarken des Populismus zu tun. Die Geschehnisse in den USA zeigen uns, wie immens wichtig es ist, für unsere liberale Demokratie einzustehen und uns auch als ein starkes Europa zusammenzuschließen.“ Die Universitäten spielen dabei in ihren Augen eine zentrale Rolle: &bdquo;Differenzierung, kritisches, freies Denken, Widerspruch – das ist, was an Universitäten praktiziert und gelehrt wird. Und nur so können wir den Populismus bekämpfen.“

Gleichzeitig ist Epple erschüttert über Gespräche und Mails mit Kollegen. &bdquo;Ich habe einen sehr guten Kollegen in den USA, der auf afroamerikanische Geschichte, Rassismus und Sklaverei spezialisiert ist. Und ich merke, dass er nicht mehr wagt, sich in seinen Mails frei zu äußern. Da ist die Demokratie nicht mehr nur in Gefahr, da ist bereits eine Grenze überschritten.“

Hermannslauf-Gewinner studierte in Harvard Es ist eine Entwicklung, bei der auch Florian Bochert nur ungläubig den Kopf schütteln kann. Der diesjährige Hermannslauf-Gewinner aus Bielefeld studierte von 2019 bis 2023 selbst in Harvard und kann sich kaum vorstellen, wie sich Gaststudierende dort jetzt fühlen müssen. &bdquo;Ich stehe mit einigen ehemaligen Kommilitonen und einem Professor noch immer in Kontakt. Man merkt deutlich, wie verunsichert alle sind, vor allem, was ihre Zukunft angeht.“

Erschreckend findet der 24-Jährige vor allem die Geschwindigkeit, mit der sich sein ehemaliges Gastland verändert. &bdquo;Ich habe als Austauschschüler 2017 schon ein Jahr in Trumps erster Amtszeit dort verbracht, dann ab 2019 wieder. Damals war das kaum zu spüren. Jetzt geht es darum, dass US-Bürgern alltäglich ihre Rechte aberkannt werden. Das ist unfassbar – und sollte uns auch für die politische Entwicklung in Deutschland zu denken geben.“

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