„Es ist dramatisch“: Bielefelder Uni-Präsidentin beklagt Kürzung des Etats

Frau Epple, die Haushaltszahlen des Landes für die Universitäten und Hochschulen sind nun öffentlich und kommen in die Beratungen des Parlamentes. Was bedeuten die für die Universität Bielefeld konkret?

Angelika Epple: Die Zahlen betreffen zwei Bereiche. Zum einen sind es für die Universität Bielefeld jährlich 7,7 Millionen Euro weniger Haushaltsmittel. So viel bekommen wir pro Jahr weniger. Hinzu kommt, dass es über mehrere Jahre schon versteckte Kürzungen der Mittel gab. Viele Kosten sind gestiegen. Da sind höhere Energiekosten, höhere Tariflöhne und andere Bedarfe beispielsweise im Bereich der Digitalisierung, die nicht voll ausgeglichen wurden. Wir gehen deshalb von einem jährlichen Defizit von bis zu 13 Millionen Euro aus. Das erschwert die Reaktion auf die nun zusätzliche Kürzung.

Und was bedeutet das?

Die 13 Millionen Euro kann man in Stellen übersetzen. Das wären dann 50 Professuren, die wir absenken müssen.

Wie viele Professorinnen und Professoren beschäftigt die Uni aktuell insgesamt?

Etwa 380, auch wenn sich das durch den Aufwuchs der Medizinischen Fakultät ändert. Das heißt aber: Die Kürzung ist richtig, richtig schmerzhaft für uns.

Was heißt das für die Lehrenden, Forschenden und natürlich auch für die Studierenden?

Wir werden nicht ausschließlich bei den Professuren sparen. Wir gehen durch das gesamte Haus, um zu prüfen: Wie und wo können wir einsparen? Wir haben 14 Fakultäten, die in ihrer Finanzplanung unabhängig sind. Jenseits der eigenständigen Fakultäten versuchen wir schon einen großen Batzen abzutragen. Sodass auf die Fakultäten sieben bis acht Millionen an Einsparvolumen zukommen. Jetzt führen wir mit den Fakultäten Einspargespräche. Was ist sinnvoll? Mein Programm als Rektorin besteht darin, die Stärken der Uni zu stärken und zum Leuchten zu bringen.

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Sie wirken regelrecht persönlich angefasst und betroffen von den Finanznachrichten aus Düsseldorf.

Ja, es ist dramatisch. Ich möchte aber trotzdem für mein Haus und die Region klarmachen: Wir werden unsere Qualität trotzdem halten. Aber wir werden schmaler und weniger werden. Es wird Auswirkungen für einzelne Studiengänge, Forschungsbereiche und Serviceleistungen haben.

Kann man denn Personal so einfach einsparen? Es gibt Verträge und Arbeitsrecht, die das nicht so einfach machen.

Genau. Es ist eine riesige Herausforderung, über mehrere Jahre zu planen, was möglich ist. Was kann abgeschmolzen werden und was wollen wir erhalten? Es ist ein schmerzhafter Prozess.

Wird es einzelne Studiengänge dann in Zukunft nicht mehr geben?

Wir versuchen, exzellente Bereiche zu schützen, in denen wir weltweit führend sind, derentwegen Studierende aus der ganzen Welt nach Bielefeld kommen. Da dürfen wir nicht schlechter werden. Aber es gibt andere Bereiche, die nicht so viel Anziehungskraft haben. Die müssen wir uns genauer ansehen, ob zum Beispiel Stellen frei werden. Ein Punkt ist wichtig: Studierende haben eine Garantie, dass sie ihr Studium zu Ende führen können. Da kann man nicht einfach aufhören.

Gibt es andere Sparmöglichkeiten?

Da gibt es das Wort der Synergien. Können Fakultäten besser zusammenarbeiten? Auch den Verwaltungsbereich sowie Technik und Service wird es treffen. Da haben die Menschen natürlich die Sorge, dass sie mit weniger Leuten mehr Arbeit leisten müssen.

Hat es da denn in der Vergangenheit nicht schon Synergien gegeben und ist effektiv gearbeitet worden?

Wir wollen attraktiver werden. In welchen Bereichen spielt eine bessere Digitalisierung eine Rolle und können Lehrkräfte von zwei Fakultäten gemeinsam Studiengänge anbieten? Dann wird es für beide günstiger.

Kann man Doppelstrukturen abbauen, auch durch Zusammenarbeit mit benachbarten Unis?

Ja, darauf kann es hinauslaufen, wenn auch aktuell noch nicht systematisch. In Ansätzen machen wir das in OWL auch schon, zum Beispiel mit Universität Paderborn und der HSBI. Das weiterzudenken ist richtig. Wir wollen mit dem Campus OWL stärker werden und zusätzlich mit der Universität Münster zusammenarbeiten. Das hat Zukunftspotenzial, wird aber nicht schnell helfen.

Angesichts sinkender Studierendenzahlen muss doch aber Sparpotenzial vorhanden sein.

Das ist eben nicht so. Jüngste Prognosen besagen, dass die Zahlen nicht sinken werden, wenn es gelingt, mehr internationale Studierende zu gewinnen. Um die konkurrieren wir natürlich. Wir stecken den Kopf nicht in den Sand, sondern überlegen, wo wir besser werden können und woher wir neue Geldmittel bekommen können. Aber es ist dramatisch. Es wird eine andere Uni sein.

Und wie geht die Uni intern mit dem Problem um?

Natürlich werden wir auf starken Gegenwind im Haus und darüber hinaus stoßen. Deshalb spreche ich von Dramatik.

Können Sie klar umreißen, was anders sein wird?

Wenn man nach Bayern und Baden-Württemberg schaut, werden dort mehr und zusätzliche Mittel in die Unis investiert. Dort werden neue Professorenstellen geschaffen und wir müssen kürzen. Wir müssen Nischen finden, während die Konkurrenz besser ausgestattet wird. Meine größte Sorge ist, dass wir eine kritische Größe unterschreiten. Da den Optimismus zu behalten, ist schwer. Wir werden bestimmte Fächer nicht mehr anbieten können. Es gibt eben Fächer, die kommen nicht so gut an. Da müssen wir – leider – ran.

Sie wollen neue Geldquellen auftun. Angesichts der Wirtschaftskrise wird das nicht so leicht werden.

Da müssen wir kreativ werden, neue Wege suchen und gehen. Wir arbeiten mit vielen Unternehmen gut zusammen und müssen das ausbauen. Es ist viel Potenzial in OWL vorhanden. Und wir sparen nicht an der Strahlkraft.

Fallen die Kürzungen größer aus als erwartet?

Nein. Aber es geht ans Eingemachte. Es ist jedoch handelbar. Ich will keine Panik an der Uni erzeugen. Wir bekommen es hin, weil wir einen guten Prozess entwickelt haben. Wir wollen dafür sorgen, dass die Studierenden nicht die Leidtragenden sind und dass wir nicht in eine Abwärtsspirale geraten.

Sie sprechen von Gegenwind. Wo kommt der her?

Bisher arbeiten alle Fakultäten und die Verwaltung sehr gut mit. Wir stellen eine Übereinstimmung aller her, die mitziehen müssen. Wir gehen mit allen in Verhandlungen.

Und die Medizinische Fakultät?

Das ist ein anderer Kreislauf, und von dieser Kürzungsrunde ausgenommen.

Ist die Kürzung gleichmäßig über die Unis und Hochschulen im Land verteilt?

Ja, das ist so. Das ist fair verteilt. Und es hätte noch viel schlimmer kommen können. Denn zu Beginn der Gespräche in Düsseldorf ging es um noch größere Summen.

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