Greta aus Bielefeld hat mit 17 Jahren ihr Turbo-Abi – aber kann nicht durchstarten

Bielefeld. Der 9. August war ein echter Freudentag für Greta Kotzian: Sie feierte ihren 18. Geburtstag, Freunde und Familie kamen zur großen Gartenparty zusammen. Wenn die Abiturientin davon erzählt, lächelt sie befreit und das &bdquo;Endlich“ kommt aus vollem Herzen. Denn seit fast einem Jahr macht die Bielefelderin immer wieder nur eine Erfahrung: dass ihr der frühe Schulabschluss ohne Volljährigkeit gar nichts nützt. Sogar von ihrem großen Traum musste sie sich deshalb vorerst verabschieden.

Ein Jahr nach China, das war der Plan. Bereits vor einem dreiviertel Jahr kümmerte die damalige Schülerin sich deshalb um eine Au-pair-Stelle. &bdquo;Das schien mir und meinen Eltern die sicherste Möglichkeit, dort Zeit zu verbringen, gerade weil ich noch so jung bin.“ Also kontaktierte die Familie Kotzian eine Agentur, zahlte Vermittlungsgebühr. Allein das Zusammenstellen der erforderlichen Unterlagen kostete Greta viel Zeit und Mühe. &bdquo;Da ging schon mal der ein oder andere Tag drauf, den ich eigentlich fürs Lernen für das Abi hätte nutzen müssen.“ Dann begann das große Warten, denn die Agentur hatte zugesichert: Das klappt bestimmt, auch ohne Volljährigkeit.

&bdquo;Dem war dann aber letztlich eben nicht so“, erzählt die Abiturientin im Nachhinein. Zwar hätten sich schlussendlich nach monatelangem Warten zwei chinesische Familien bei ihr gemeldet, die großes Interesse hatten. Allerdings brauchten die Interessenten ein Au-pair im Juli. &bdquo;Mein Geburtstag war aber nun mal erst im August. Und ohne Volljährigkeit wollten die mich dann letztendlich doch nicht auswählen.“

Organisationen aus Bielefeld kennen das Problem Dass der Traum vom Ausland für viele Turbo-Abiturienten erstmal nichts wird, weil sie zu jung sind, wissen auch Organisationen und Agenturen. Im Welthaus Bielefeld richtet sich das Freiwilligen-Programm &bdquo;Weltwärts“ explizit erst an 18-Jährige. &bdquo;Das kann man vielfach auch nicht schon organisieren, wenn die Interessenten noch jünger sind, weil man in etlichen Ländern wie Südafrika auch für die Beantragung eines Visums 18 sein muss“, sagt Referent Dieter Simon.

Gleiches gilt in vielen Ländern aber eben auch für Familien, die ein Au-pair suchen, weiß Helene Ekwe, Inhaberin der Bielefelder Au-pair-Agentur &bdquo;Zuversicht“. &bdquo;Die meisten Familien egal welcher Nationalität suchen jemanden, der älter, mindestens aber volljährig ist – schon allein aus rechtlichen Gründen.“ Auch bei vielen ausländischen Agenturen sei das Voraussetzung.

Greta Kotzian wollte aber nicht noch länger warten. &bdquo;Mir war das alles zu unsicher und dauerte mir auch zu lang. Ich wollte das Jahr, das ich dadurch gewonnen hatte, weil ich noch so jung bin, auch wirklich nutzen. Das war doch der Sinn des Turbo-Abis.“ Also begann sie, nach einem Plan B zu suchen. Und fand ihn auch: Mittlerweile ist klar, dass Greta ab September ein Freiwilliges Wissenschaftliches Jahr an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) absolvieren wird.

.responsive23-GZtfXf95pKFNQqEf-bar-horizontal-schulabschluesse-nrw { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-GZtfXf95pKFNQqEf-bar-horizontal-schulabschluesse-nrw { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-GZtfXf95pKFNQqEf-bar-horizontal-schulabschluesse-nrw { padding-top: 142.86%; } } Plan B in der Kinder-Herzmedizin Hier wird sie an einem Forschungsprojekt der Klinik für Pädiatrische Kardiologie und Pädiatrische Intensivmedizin teilnehmen. &bdquo;Im Grunde wird es darum gehen, zu untersuchen, wie Künstliche Intelligenz in der Kinder-Herzmedizin angewandt werden kann.“ Die Heranführung an wissenschaftliches Arbeiten, Laborarbeit und andere Aspekte werden zu Gretas Arbeitsalltag gehören.

Nach der anfänglichen Enttäuschung über das geplatzte China-Jahr freut sich die Bielefelderin nun sehr auf ihr neues Leben in Hannover. Sie hat ein Zimmer in einer Achter-WG gefunden, den Mietvertrag mussten allerdings noch ihre Eltern unterschreiben – eine von vielen Diskrepanzen im Leben der Abiturientin, die sie zunehmend störten. &bdquo;Es passt einfach nicht zusammen. Man hat Abitur, die Hochschulreife – und ständig wird einem im Alltag aber klar, dass man ohne Volljährigkeit eben nicht als reif für viele Dinge angesehen wird.“

Ein Beispiel: der Nebenjob. Den suchte Greta sofort, als klar wurde, dass sie nicht nach China fliegen wird. &bdquo;Ich wollte nicht einfach nur rumhängen und nichts tun.“ Doch egal, ob im Erdbeerhäuschen, in der Drogerie oder im Supermarkt, immer kam die gleiche Rückmeldung: Tut uns leid, aber Sie sind zu jung. Erst nach Wochen erklärte sich ein Imbiss bereit, die 17-Jährige einzustellen. &bdquo;Streng nach Auflagen des Jugendschutzgesetzes“, sagt Greta und zuckt die Schultern. &bdquo;Wobei es irgendwie lächerlich ist: Gestern durfte ich nur sechs Stunden arbeiten, weil ich nicht 18 war. Und 24 Stunden später geht das plötzlich.“

Probleme bei Nebenjob und Führerschein Auch das Thema Führerschein kam Greta in die Quere, weil sie so jung ist. Viele ihrer Freunde und Bekannten, die älter sind, absolvierten die Fahrstunden und die Prüfungen weit vor dem Abi. Bei Greta fiel beides zusammen. &bdquo;Und das war dann echt viel Lernerei.“ Prompt fiel die Schülerin durch die praktische Fahrprüfung, weil diese einen Tag vor der ersten Abiklausur in Deutsch lag. &bdquo;Ich war ganz einfach viel zu aufgeregt.“ Auch vom begleiteten Fahren durch ihre Eltern wird die Abiturientin jetzt kaum noch profitieren können. &bdquo;Ab dem ersten September bin ich in Hannover. Da muss ich jetzt allein Fahrpraxis kriegen.“

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Doch damit ist es jetzt vorbei: Ihren Geburtstag feierte Greta in der Kultdisco Café Europa in Bielefeld. Mit ihrem großen Bruder und anderen Freunden. Und schon jetzt ist klar: Der China-Plan ist nicht gestorben. &bdquo;Irgendwie komme ich da schon noch hin. Ich habe ja schließlich noch so viel Zeit.“

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