„Die Menschen sind extrem dreist“: Unbekannte stehlen Kartoffeln vom Feld in Bünde

Bünde. Ein älteres Ehepaar hält kurz am Straßenrand an, stapft auf das Kartoffelfeld, sammelt einige Knollen ein – und verschwindet wieder. Szenen dieser Art kennt Mathias Flothmann nur zu gut und hat zuletzt genau das Beschriebene wieder in Bünde erlebt. Er steuert den Trecker auf dem Kartoffelfeld an der Hückerstraße und kümmert sich für den Landwirtschaftsbetrieb Zell aus Diepholz, der das Feld von Tobias Meyer in Bünde gepachtet hat, um die Kartoffelernte.

&bdquo;Die Menschen sind einfach extrem dreist, gehen mitten ins Feld und bedienen sich“, schildert der 26-Jährige seine Erfahrungen, die er auf unterschiedlichen Ackern – das südlichste liegt in Bünde, das nördlichste bei Cuxhaven – gemacht hat. Mit schwerem Gerät – Traktor und Kartoffelroder – ist er unterwegs, um die Knollen aus der Erde zu holen. &bdquo;Die Menschen haben zwischen den Fahrzeugen nichts zu suchen“, betont er und verweist damit auch auf den Sicherheitsaspekt.

Würde zumindest vorher gefragt werden, würde nichts dagegensprechen, den Leuten ein paar Knollen zu überlassen. Aber so würden die dreisten Kartoffeldiebe in der Regel des Feldes verwiesen, im Ernstfall werde eine Strafanzeige bei der Polizei gestellt. &bdquo;Es kam auch schon vor, dass die Polizei in einem Ort, wo wir geerntet haben, Streife fahren musste, weil der Feldraub überhandgenommen hat“, sagt Flothmann. Die Menschen mit dem Raub zu konfrontieren, sei oft schwierig. &bdquo;Zu 99 Prozent heißt es dann: ’Ich spreche kein Deutsch’“, schildert Flothmann.

Problem kommt auch auf Streuobstwiesen vor Nicht nur in diesem, auch im vorherigen Jahr haben sich Menschen auf den Feldern bedient, wie Tobias Meyer selbst beobachtet hat. Die Knollen waren grün, also nicht reif – und sind sogar von den Dieben ausgegraben worden. Grüne Kartoffeln können aufgrund eines höheren Gehalts an Solanin giftig sein. Solanin gilt laut Experten als natürlicher Schutz der Pflanze vor Fressfeinden, Krankheiten und Insekten. Der Verzehr dieser grünen Erdäpfel kann bei Menschen Probleme wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Bauchschmerzen, Kopfschmerzen und Schwindel hervorrufen.

Dass es sich bei der Feldraub-Problematik nicht um einen Einzelfall handelt, bestätigt Sandra Kreft von &bdquo;Krefts Bauernhof“. &bdquo; Ich denke, dass alle Landwirte mehr oder weniger betroffen sind. Auch wir erleben auf unserem Gemüsefeld, dass in der Dämmerung ab und an Menschen mit Taschen und Fahrrädern kommen und sich hier und dort bedienen“, schildert sie auf Nachfrage. Das passiere auch auf den Streuobstwiesen. Es handele sich auch nicht um ein neues Thema. &bdquo;Wir haben die Beobachtungen in den letzten 20 Jahren immer mal wieder gemacht“, sagt sie.

Deutlich problematischer bewertet sie die Situation rund um die Direktvermarktung mit dem Selbstbedienungshäuschen vor dem Hoftor. &bdquo;Da wurde regelmäßig im großen Stil geklaut, sodass wir den Stand nun im Innenhof aufgebaut haben und man die Produkte nur von 10 bis 19 Uhr kaufen kann“, sagt sie. Hier nähmen die Diebe auch in Kauf, neben der Produktion der Ware auch die Ernte, Sortierung und Verpackung quasi mit zu klauen und dadurch einen sehr erheblichen wirtschaftlichen Schaden zu verursachen – &bdquo;mal völlig abgesehen von der Missachtung der Wertschätzung und der Übergriffigkeit“.

Feldraub ist und bleibt Diebstahl Auch die Landwirtschaftskammer NRW bewertet den Feldraub nicht als Kavaliersdelikt. Wie groß das Problem ist, wissen die Vertreterinnen und Vertreter nicht – da keine offiziellen Zahlen dazu vorlägen. Aber: &bdquo;Grundsätzlich handelt es sich um Diebstahl, egal wie viel von einem fremden Feld mitgenommen wird“, betont Jan-Malte Wichern, Pressesprecher der Landwirtschaftskammer NRW. Die Ernte gehöre dem Landwirt, der Arbeit und finanzielle Mittel aufgewendet hat, damit die Feldfrüchte wachsen.

&bdquo;Wenn viele Spaziergänger sich ’nur’ eine Handvoll mitnehmen, entsteht durch die summierte Menge immer ein finanzieller Schaden. Daher sollte man den Feldklau auch nicht als Mundraub verharmlosen“, gibt er zu bedenken. Drastischer werde es natürlich, wenn Diebe professionell abernten und körbeweise ernten und die Mengen ganze Hänger füllen. &bdquo;Dadurch entsteht ein noch mal größerer Schaden. Hinzukommt bei manchen Kulturen – wie bei beispielsweise Baumobst, Spargel oder Erdbeeren –, dass bei unsachgemäßer Ernte Schäden für die Folgejahre entstehen können“, weiß der Experte.

Im Bereich des Obstbaus seien viele Obstanlagen inzwischen eingezäunt. Auch greifen manche Obstbauern auf sogenannte &bdquo;Feldschütze“ zurück, um mögliche Diebe auf frischer Tat zu ertappen, weiß Wichern. &bdquo;Bei Kulturen, die auf dem Acker wachsen, wie Gemüse oder Kartoffeln, wäre eine Einzäunung hingegen nicht praktikabel und unwirtschaftlich“, erklärt er.

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