Bielefelder Verein vergibt Big-Brother-Award für Datensünder

Bielefeld. TikTok, Google, der Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU), das Verwaltungsgericht Hannover und das Bundesarbeitsgericht – sie sind laut Datenschützern die größten Datensünder des Jahres 2025. Dafür erhalten sie in diesem Jahr den Big-Brother-Award des Bielefelder Vereins Digitalcourage. Den Negativpreis für Datensünder vergeben die Experten in diesem Jahr bereits zum 25. Mal. Auch in diesem Jahr stellt er Datenmissbrauch an den Pranger.

Dass der chinesische TikTok-Konzern es mit dem Datenschutz nicht besonders genau nimmt, ist keine neue Erkenntnis. Als &bdquo;überfällig“ bezeichnet Laudator Thilo Weichert darum die Auszeichnung, die der Verein mit der Verbreitung von Fake News und Hate Speech begründet. &bdquo;Das betrifft mich auch persönlich als Opa – ich möchte meine Enkelkinder damit besonders adressieren“, sagt der Ex-Datenschutzbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein, der seit 2024 Mitglied des Digitalcourage-Vorstands ist. &bdquo;Bei Tiktok handelt es sich keineswegs um eine harmlose Plattform für Tanzvideos, viel mehr ist es eine Propagandaplattform für russische Trolle und Rechtsradikale und eine Geldmaschine, die die Nutzer abhängig machen will.“

Vernichtendes Urteil für Goolge

Ebenso vernichtend fällt das Urteil über Google aus, dessen KI-Assistent Gemini inzwischen auf jedem Android-Smartphone vorinstalliert ist und private Daten verarbeitet. Laudator Frank Rosengart vom Chaos Computer Club: &bdquo;Google nimmt sich heraus, den Großteil der Daten zu Trainingszwecken zu verwenden. Die Nutzung von Gemini ist für Android-Nutzer kostenlos, sie zahlen also mit ihren Daten.“ Für Digitalcourage ein Fall für den Big-Brother-Award.

Der Bundesinnenminister Alexander Dobrindt erhält den Big-Brother-Award für sein geplantes &bdquo;Sicherheitspaket“, das den umfangreichen Einsatz von Gesichtersuchmaschinen vorsieht. Laudatorin Elisabeth Nienkranz mahnt: &bdquo;Das Bundeskriminalamt soll ermächtigt werden, Fotos von Menschen mit biometrischen Daten mit sämtlichen Fotos im Netz abzugleichen. Das steht im eklatanten Widerspruch zur EU-Datenschutzaufsicht.“ Konkret geht es um die Nutzung der Softwares Clearview AI, PimEyes und Palantir. Für die Rechtsanwältin ist klar: &bdquo;Es wird nicht nur in die Rechte von Straftätern eingegriffen, sondern von allen Menschen, die im Internet zu finden sind.“

Gericht für Fehlurteile im Fall Amazon &bdquo;ausgezeichnet“

Deutlich konkreter ist der Vorwurf im Fall des Verwaltungsgerichts Hannover, das den Big-Brother-Award dafür bekommt, dass es mit Fehlurteilen die Totalüberwachung von Angestellten eines Amazon-Logistikzentrums abgesegnet habe. &bdquo;Die zuständige Datenschutzbeauftragte hatte sich zur Wehr gesetzt, Amazon istdagegen vorgegangen. Das Urteil übernimmt zu 100 Prozent die Argumentation von Amazon und berücksichtigt die Belange der Beschäftigten nicht“, begründet Informatikerin und Gastlaudatorin Katharina Just. So kam es, dass in diesem Jahr erstmals auch Gerichte mit dem Negativpreis ausgezeichnet werden.

Neu ist in diesem Jahr auch das Jugendprogramm &bdquo;Tech-Kids“ des Vereins Digitalcourage, ein Gremium aus 11- bis 25-Jährigen, die einen Big-Brother-Award an Ipads in Schulen vergeben und die Ausgrenzung ohne Whatsapp mit einem Negativpreis anmahnen. Außerdem bekommt der Bürokratieabbau einen Award. &bdquo;Bürokratieabbau heißt meist Deregulierung – und dadurch werden Gesetze abgebaut, die Bürgerinnen und Bürger eigentlich schützen“, warnt die Geschäftsführerin von Digitalcourage, Rena Tangens.

Lange Liste von Ausgezeichneten

Seit einem viertel Jahrhundert decken die Big-Brother-Awards Datenmissbrauch von Personen, Firmen oder Organisationen auf. Die Liste der Ausgezeichneten ist lang: Das Bonusprogramm &bdquo;Payback“ als &bdquo;Datensammelkarte“, der Bayer-Konzern bekam den Award wegen Urintests und auch Microsoft oder die Deutsche Telekom.

Angenommen, geschweige denn persönlich entgegengenommen, haben den Award bisher allerdings die wenigsten. Tangens: &bdquo;Nicht so viele waren da, vielleicht unter zehn. Aber einige gewichtige Preisträger waren da.“ Während der Datenschutzbeauftragte von Microsoft 2003 zur Preisverleihung kam, habe sich der Betriebsrat der Firma Bofrost erst Jahre später gemeldet und wollte die Statue als Mahnmal haben.

Von den diesjährigen Preisträgern meldete sich nur das Bundesinnenministerium auf Anfrage dieser Redaktion mit einer Stellungnahme. Der Koalitionsvertrag sehe vor, dass die Sicherheitsbehörden zeitgemäße digitale Befugnisse erhalten. Vor diesem Hintergrund habe das BMI Gesetzentwürfe zur Stärkung digitaler Ermittlungsbefugnisse erstellt. Aufgrund der Bindung an Recht und Gesetz kommen selbstverständlich nur Lösungen in Betracht, die den für sie geltenden Rechtsrahmen einhalten. Google hingegen reagierte mit einem kurzen Hinweis auf die Datenschutzrichtlinie des Unternehmens.

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