1.200 Euro für 20 Minuten: Warum Weihnachtsmärkte in OWL auf Musik verzichten

Detmold/Düsseldorf. Besinnliche Musik gehört zum Weihnachtsmarkt ebenso dazu wie eine Tasse Glühwein. Doch bei der Beschallung der Märkte gibt es seit einiger Zeit Ärger im Land. Aufgrund hoher Gema-Gebühren stampfen mehrere Veranstalter ihr musikalisches Programm ein. Leidtragende sind meist Ehrenamtler. Das beschäftigt nun die Landespolitik in Düsseldorf – und bald auch ein Gericht.

Michael Welslau ist noch immer mächtig sauer. Der Vorsitzende der Werbegemeinschaft in Bad Salzuflen organisiert den jährlichen Weihnachtsmarkt. Der zieht zwischen 100.000 und 150.000 Besucher an. Dieses Jahr musste Welslau das musikalische Angebot stark reduzieren. Traten im Jahr 2023 beim &bdquo;Bad Salzufler Weihnachtstraum“ noch 37 Live-Acts auf, so sind es dieses Jahr nur noch 12. Aber: Vor zwei Jahren führten die 37 Künstler zu Kosten von 2.000 Euro; dieses Jahr kosten die zwölf Acts 8.000 Euro. &bdquo;Und damit kommen wir noch halbwegs gut weg“, sagt Welslau.

Der Grund: Die Gema (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) darf für das Spielen von bestimmten Musiktiteln in der Öffentlichkeit Gebühren verlangen. Bei der Berechnung hat die Gema im vergangenen Jahr eine folgenschwere Änderung vorgenommen. Seitdem berechnet sie nicht mehr nur den Bereich vor der Bühne – also dort, wo die Musik zu hören ist. Sondern sie zieht die gesamte Veranstaltungsfläche als Grundlage heran. In Bad Salzuflen hat das die zu berechnende Fläche von 700 auf 8.000 Quadratmeter erhöht. Statt knapp 3.000 sollte der Veranstalter rund 40.000 Euro zahlen.

Offene Rechnung in Bad Salzuflen von 19.000 Euro Weil die Mehrkosten nicht zu stemmen seien, habe sich Welslau gezwungen gesehen, das Angebot zu reduzieren. &bdquo;Blechbläser aus Kirchengemeinden und Grundschulen sind die Gelackmeierten.“ Für einen 20-minütigen Auftritt einer Schulklasse hätte er Gema-Gebühren von 1.200 Euro zahlen sollen. &bdquo;Das kann ja nicht sein.“

Aus dem vergangenen Jahr sei für Bad Salzuflen noch eine Gema-Rechnung von 19.000 Euro offen, sagt der Veranstalter. &bdquo;Die werden wir nicht zahlen.“ Welslau hat einen Anwalt eingeschaltet – und will es auf ein Gerichtsverfahren ankommen lassen. In dem solle geprüft werden, ob die neue Berechnungsgrundlage der Gema überhaupt zulässig sei. Das &bdquo;arrogante“ Verhalten der Gema ärgere ihn ganz besonders, sagt Welslau.

Im vergangenen Jahr hatte der Anstieg der Gebühren bundesweit viel Kritik ausgelöst. Städte wie Dresden und Weimar sollten bis zu 50.000 Euro mehr zahlen. Deshalb führte die Gema in diesem Jahr einen Weihnachtstarif ein – der einen 35-prozentigen Rabatt vorsieht. In Bad Salzuflen bezeichnet man das als Tropfen auf den heißen Stein. Auch die Veranstalter des Weihnachtsmarktes in Steinhagen sprechen weiterhin von hohen Kosten, die vor allem rein soziale Vereine stark belaste. Ähnlich denkt man darüber zum Beispiel in Bad Oeynhausen und in Lage.

SPD-Abgeordnete Ellen Stock mit Forderung an das Land Die lippische Landtagsabgeordnete Ellen Stock hatte im vergangenen Jahr die schwarz-grüne Landesregierung in NRW aufgefordert, das Thema zur Chefsache zu machen – und eine Kostenübernahme der Gema-Gebühren für ehrenamtlich getragene Weihnachtsmärkte einzuführen. Ende November hatten die regierungstragenden Fraktionen von CDU und Grünen die Regierung beauftragt, Gespräche mit der Gema aufzunehmen. Zudem sollten Möglichkeiten geprüft werden, um ehrenamtlich organisierte, nicht-kommerzielle Veranstaltungen von Vereinen oder anderen gemeinnützigen Organisationen finanziell zu entlasten.

Die SPD-Fraktion will jetzt in einer Anfrage vom Land wissen, welche konkreten Schritte die Regierung seitdem unternommen hat – und welche Weihnachtsmärkte ihr Angebot reduzieren mussten. Die hohen Gebühren gefährden laut Stock nicht nur die kulturelle Vielfalt der Weihnachtsmärkte, sondern &bdquo;sie entziehen auch vielen Musikerinnen und Musikern eine wichtige Auftrittsmöglichkeit.“

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