Staatsschutz ermittelt: Bielefelder Weihnachtsmarkt-Fake sorgt für Verunsicherung

Bielefeld. Alles nur böse Satire oder ein perfider Versuch, die Weihnachtsmarkt-Besucher in Bielefeld zu verunsichern? In Bielefeld ist ein Flyer aufgetaucht, der offizielle Pressemitteilungen der Stadt und des Bündnisses gegen Rechts nachahmt und suggeriert, man müsse vor dem Besuch des Bielefelder Weihnachtsmarktes verpflichtend einen Sicherheitscheck durchlaufen. Nach Abgleich der persönlichen Daten mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BFV) werde dann für 2,50 Euro eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausgestellt, die beim Besuch des Weihnachtsmarktes stets mitzuführen sei. Die Stadt Bielefeld hat nach Bekanntwerden des Falls umgehend klargemacht, dass es sich um Fake handelt und sie Anzeige erstatten wird.

Nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt im Vorjahr, bei dem sechs Menschen vom Fahrer Taleb A. mit einem SUV getötet und mehr als 300 zum Teil schwer verletzt worden sind, hat das Thema &bdquo;Sicherheit“ bei Behörden und Bürgern noch einmal einen besonderen Stellenwert bekommen. Daher wird auch der vom vermeintlichen Bündnis &bdquo;Demokratie leben“ angeblich gemeinsam mit dem Bielefelder Bürgeramt initiierte &bdquo;verpflichtende Sicherheitscheck“ von Behörden nicht als reiner Unsinn abgetan.

Zumal unter der Überschrift &bdquo;Bunte Weihnachten aber sicher“ auch noch so getan wird, als diene der Sicherheitscheck dazu, eine pauschale Stigmatisierung von migrantischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern verhindern zu wollen. &bdquo;Bielefeld steht zu bunten Wintermärkten für alle“, heißt es da. Und: &bdquo;Um ein reibungsloses Zusammensein zu gewährleisten, muss angesichts zunehmender Gewalt und rechtsextremer Hetze sichergestellt werden, dass keine Gefährder auf die diesjährigen Wintermärkte gelangen.“

Subtile Andeutung: Bunte Gesellschaft gleich Gefahr Es könnte sich der Verdacht aufdrängen, dass die Verfasser aber genau das Gegenteil erreichen wollen, wenn sie schreiben, dass es ihnen wichtig ist, in &bdquo;diesen polarisierten Zeiten einen sicheren und harmonischen Ablauf zu gewährleisten“. Bürger werden mit dem Schreiben auch aufgefordert, gegebenenfalls ihnen bekannte extremistische Gefährder beim Bundesamt für Verfassungsschutz zu melden. &bdquo;Für sichere Wintermärkte ohne Extremisten“, so der Slogan.

Klaus Rees vom Bündnis gegen Rechts in Bielefeld denkt genau in diese Richtung. Es werde subtil angedeutet, dass eine bunte Gesellschaft gleichzusetzen sei mit Risiko. &bdquo;Das Gegenteil ist der Fall.“ Es sei unglaublich, dass auf diese Weise &bdquo;mit der Angst der Bürger gespielt wird“. Diesen Versuch, eine bunte Gesellschaft zu diskreditieren, könne er nur zurückweisen.

Bundesamt für Verfassungsschutz involviert Das BFV bestätigt auf Anfrage, dass ihm diese Flyer bekannt sind und dass diese öffentlich verteilt werden. Zum weiteren Vorgehen wollte man sich allerdings nicht äußern. Das Polizeipräsidium Bielefeld teilt wiederum mit, dass der Staatsschutz den Sachverhalt übernommen habe und mit der Staatsanwaltschaft Bielefeld im Austausch hinsichtlich der Strafbarkeit stehe.

Die Stadtverwaltung rät allen Bürgern, die einen solchen Zettel in ihrem Briefkasten oder in der Stadt finden, diesen einfach zu entsorgen. Sie unterstreicht, dass das Bürgeramt nicht der Absender ist, sich für einen Besuch der Bielefelder Weihnachtsmärkte niemand beim Bürgeramt anmelden muss und dass die Stadt auch keine Unbedenklichkeitsbescheinigungen gegen eine Bearbeitungsgebühr ausstellt. Selbst wenn alle auf dem Flyer aufgeführten E-Mail-Adressen und Telefonnummern tatsächlich echt sind.

Diskussion in Bielefeld auch um mobile Fahrzeugbarrieren Die Sicherheit auf dem Weihnachtsmarkt beschäftigt die Stadt und deren Tochterfirma Bielefeld Marketing als Ausrichter auch über die gefälschten Flyer hinaus. Das zeigt sich an den Vorkehrungen, die in diesem Jahr den Bielefelder Weihnachtsmarkt prägen. Die Verantwortlichen haben sich entschieden, die Veranstaltungsflächen an den Zugangsbereichen mit 1200 Liter fassenden Wassercontainern abzusichern. 140 Stück der so bezeichneten Indutainer IBCs stehen an vielen Stellen platziert, teils einzeln, teilweise drei Ballen hintereinander.

Diese mobilen Fahrzeugsperren sind jedoch umstritten, weil sie sich relativ leicht zerstören lassen. Im Vorjahr waren in Bochum zwei Drittel der Wassercontainer mutwillig durchlöchert worden, so dass der dortige Weihnachtsmarkt bis zur Ersatzbeschaffung vorübergehend geschlossen werden musste. Auch gibt es Kritiker, die meinen, dass in Bielefeld die Platzierung der schwarzen Wassersäcke nicht optimal sei und nicht einer DIN-Norm entspreche, die einheitliche und international anerkannte Kriterien für Sicherheit durch Fahrzeugbarrieren schafft.

Nach Bekanntwerden der Zweifel hat Bielefeld Marketing in der Tat noch einmal nachgebessert, die Positionierung von Wassercontainern verändert sowie insgesamt 16 Fahrzeuge der Firma &bdquo;Tim’s Leihwagen“ zusätzlich angemietet, die während der Öffnungszeiten des Weihnachtsmarktes weitere Zuwegungen zum Weihnachtsmarkt blockieren, aber im Notfall schnell beiseite gefahren werden können, um Rettungsfahrzeuge durchzulassen. Weitere Details möchte die Stadt aus Sicherheitsgründen nicht nennen.

Die Polizei Bielefeld, die ständig die Sicherheitslage bewertet, betont, dass sie derzeit von keinerlei Bedrohungslage für Bielefeld oder andere Städte in Ostwestfalen-Lippe ausgeht.

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