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Starke Emotionen

Hilfe bei Aggressivität: Bethel sucht Studienteilnehmer

Nicht alle Menschen mit einer psychischen Erkrankung haben Probleme mit Aggressivität, aber einige. © picture alliance/dpa

Bielefeld. Aggressivität und Gewalt sind ein zunehmendes Problem in Deutschland. Das gilt nach Angaben des Bundeskriminalamtes jedoch nicht nur für Auseinandersetzungen im eigenen Zuhause, sondern auch in der Öffentlichkeit. Zudem zeigen Untersuchungen, wie zuletzt eine Umfrage der Krankenkasse DAK, dass mehr Menschen Aggressivität im Alltag erleben. Die Bielefelder Psychotherapeutin Carolin Steuwe forscht jedoch an Wegen, Aggressivität zu reduzieren, die in Folge einer emotionalen Instabilität entsteht. Um herauszufinden, welche Therapie dabei am besten hilft, sucht Steuwe für eine Gruppentherapie im Evangelischen Klinikum Bethel (EvKB) Studienteilnehmer.

„Aggressivität gegen sich selbst oder andere Menschen betrifft nicht alle Menschen mit einer psychischen Erkrankung, aber einige“, erklärt Steuwe. Menschen mit einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung, auch bekannt als Borderline-Persönlichkeitsstörung, seien davon besonders häufig betroffen.

„Betroffene erleben Emotionen anders als nicht betroffene Menschen und haben Schwierigkeiten bei der Regulation. Sie leiden deshalb sehr unter Ärger und der damit verbundenen Anspannung.“

Das lösen unterdrückte Emotionen aus

Emotionen hat nach Angaben Steuwes jeder Mensch, doch Borderline-Patienten unterdrücken sie oft aus Angst. „Man kann sich die Emotionen wie einen Ball vorstellen, den man versucht unter Wasser zu drücken. Eine Zeit lang gelingt das, aber nicht auf Dauer. Dann schießt der Ball wieder nach oben und so auch die unterdrückten Gefühle.“

Dabei können laut Steuwe Aggressionen auftreten, gegen sich oder andere. „Das ist keine aktive Aggressivität, sondern eine reaktive. Betroffene wenden nicht aktiv Gewalt an, um ein Ziel zu erreichen, wie das Stehlen eines Portemonnaies, sondern können ihre Emotionen nicht mehr regulieren.“

Carolin Steuwe behandelt als psychologische Psychotherapeutin unter anderem Borderline-Patienten im EvKB. - © EvKB
Carolin Steuwe behandelt als psychologische Psychotherapeutin unter anderem Borderline-Patienten im EvKB. (© EvKB)

Betroffene gehen Provokationen nicht aus dem Weg

Das liegt laut Steuwe daran, dass viele Betroffene mehrdeutige Situationen fälschlicherweise auf sich beziehen, schnell davon überzeugt sind, bedroht zu werden, Schwierigkeiten dabei haben, sich gedanklich in andere Menschen hineinzuversetzen, Provokationen nicht aus dem Weg gehen und sich von Gefühlen anderer Menschen anstecken lassen.

„All diese Schwierigkeiten können schon zu Aggressionen, dem Zerstören von Gegenständen bis hin zu verbaler und körperlicher Gewalt führen.“ So könnten ein versehentlicher Rempler oder ein unüberlegtes Wort in der Bahn bereits zu Auseinandersetzungen führen

Damit müssen Betroffene nach Angaben Steuwes jedoch nicht leben. „Aggressivität kann mithilfe von Therapien deutlich reduziert werden. Das hilft Betroffenen und ihrem Umfeld.“

Diese Menschen werden für die Studie gesucht

Um herauszufinden, welche Therapieform bei einer Borderline-Persönlichkeitsstörung mit dem Schwerpunkt Aggressivität am besten hilft, beteiligt sich das EvKB mit weiteren Kliniken an einer Studie unter der Leitung des Universitätsklinikums Heidelberg.

Für die Studie in Bielefeld sucht Steuwe Frauen und Männer im Alter zwischen 18 und 60 Jahre aus der Region, die eine Borderline-Diagnose haben oder ähnliche Symptome aufweisen und unter aggressiven Impulsen, Ärger und Reizbarkeit leiden, aber aktuell in keiner psychotherapeutischen Behandlung sind.

Weitere Informationen zur Studie und zur Anmeldung: Mail: maapstudie@evkb.de oder Telefon: 0521 77276148

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