„Wenn Du gehst, töte ich Dich und die Kinder“: Frauenhaus rettet Bielefelderin das Leben

Herford/Bielefeld. Häusliche Gewalt ist ein zunehmendes Problem: 66.000 Menschen sind allein in NRW im vergangenen Jahr Opfer von Gewalt in ihrem eigenen Zuhause geworden. Das zeigt ein Bericht des Landeskriminalamts, das jedoch noch von einer deutlich höheren Dunkelziffer ausgeht. In den meisten Fällen sind Frauen von Gewalt betroffen. Um sich davor zu schützen, sind Frauenhäuser oft die einzige Zuflucht - doch es gibt nicht genug Plätze. Der Fall der Bielefelderin Yara zeigt, wie wichtig sie sind, weil ein Platz im Frauenhaus Leben retten kann.

Yara heißt eigentlich anders, doch aus Angst vor ihrem Ex-Mann möchte sie ihren richtigen Namen nicht öffentlich machen. Ihre Geschichte möchte sie trotzdem erzählen, um deutlich zu machen, wie wichtig die Hilfe im Frauenhaus ist. Als Yara 2005 aus Algerien nach Deutschland kommt, ist sie voller Zuversicht auf ein glückliches Leben. Zunächst sieht auch alles danach auch. &bdquo;2006 lernte ich meinen heutigen Ex-Mann kennen. Wir verliebten uns und heirateten 2009.“

Die ersten gemeinsamen Jahre beschreibt Yara als schön, doch das ändert sich nach der Hochzeit. &bdquo;Es begann damit, dass er mich ständig beschimpfte, beleidigte und für alles verantwortlich machte, was nicht lief. Er demütigte mich.“ Yara leidet unter der jahrelangen psychischen Gewalt. &bdquo;Mein Selbstwertgefühl war zerstört. Ich habe irgendwann angefangen, seinen Worten zu glauben. Ich hatte das Gefühl, nichts wert zu sein.“

Ihr Mann schlägt Yaras Kopf gegen einen Fensterrahmen Doch dabei bleibt es nicht. &bdquo;Er wurde immer gewalttätiger, bespuckte, schlug und würgte mich.“ Für Yara wird die Beziehung lebensgefährlich. &bdquo;Er warf mit Gegenständen nach mir und traf mich einmal mit einem Fondue im Gesicht. Ein anderes Mal schlug er meinen Kopf gegen einen Fensterrahmen, sodass ich blutete und ohnmächtig wurde.“ Yara glaubt, dass sie die Schuld dafür trägt. &bdquo;Ich kannte es nicht anders. Das war meine erste Beziehung und in meiner Familie habe ich Gewalt auch erleben müssen.“

Zwischen den Gewalttaten verspricht ihr Mann immer wieder, dass er sich bessern und eine Therapie beginnen wird. &bdquo;Keines seiner Versprechen erfüllte er, aber ich blieb trotzdem, weil ich nicht anders konnte. Ich war starr.“ 2017 wird Yara Mutter von zwei Töchtern. &bdquo;Ihnen gegenüber war er nicht gewalttätig, aber er schubste sie.“ 2023 müssen die Kinder zum ersten Mal mit ansehen, wie ihr Vater ihre Mutter schlägt. &bdquo;Ich hatte Angst um meine Töchter.“

Als ihr Mann das Haus verlässt, nutzt Yara die Chance zur Flucht Zu dieser Zeit erfährt Yara auch, dass ihr Mann ein Doppelleben führt, und fasst den Entschluss sich zu trennen. &bdquo;Ich sagte ihm, dass ich mich trennen will, doch er akzeptierte das nicht. Er sagte: Wenn Du gehst, töte ich Dich und die Kinder.“ Das ist der Moment, der alles ändert. Am nächsten Tag sucht Yara bei der Frauenberatung Bielefeld Hilfe. &bdquo;Dort erfuhr ich, dass es Frauenhäuser gibt. In Bielefeld gab es keinen freien Platz, aber in Herford bekam ich eine Zusage.“ Als ihr Mann wenige Tage später an einem Samstag das Haus verlässt, nutzt sie die Gelegenheit zur Flucht. &bdquo;Ich packte meine Töchter und zwei Taschen ins Auto und wir flohen ins Frauenhaus.“

Dort beginnt, wie Yara erklärt, ihr richtiges Leben. &bdquo;Ich hatte zuvor versucht, die Gewalt zu ertragen. Ich erzählte aus Scham niemandem davon, überschminkte die blauen Flecken, doch irgendwann war der Druck zu groß. Ich wollte mir das Leben nehmen.“ Erst im Frauenhaus lernt Yara, dass sie nicht für die Gewalt verantwortlich ist und dass Gewalt kein probates Mittel zur Konfliktlösung ist. &bdquo;Vom ersten Moment an habe ich mich im Frauenhaus sicher gefühlt. Ich habe mich wieder wie ein Mensch gefühlt und über viele Monate mein Selbstwertgefühl wieder aufbauen können. Heute weiß ich, dass mein Ex-Mann ein Narzisst ist und ich keinen Mann brauche, um meine Ziele zu erreichen.“ Ein Jahr und drei Monate lebt Yara mit ihren Töchtern im Frauenhaus. &bdquo;Ich bin unglaublich dankbar für das Frauenhaus, weil mir das Team ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht hat.“

.responsive23-PL4t0NkTqBNEFP8H-bar-vertical-haeusliche-gewalt-in-nrw-2020 { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-PL4t0NkTqBNEFP8H-bar-vertical-haeusliche-gewalt-in-nrw-2020 { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-PL4t0NkTqBNEFP8H-bar-vertical-haeusliche-gewalt-in-nrw-2020 { padding-top: 142.86%; } } Yara fängt mit ihren Töchtern wieder bei null an Einfach ist die Zeit jedoch nicht, denn Yara muss weiterkämpfen. &bdquo;Es gab zunächst ein Näherungsverbot für meinen Ex-Mann, doch nach sechs Monaten forderte das Jugendamt ein Umgangsrecht, weil er die Kinder sehen wollte.“ Zudem muss Yara nicht nur für die Kosten im Frauenhaus aufkommen, sondern auch den Kredit für das gemeinsame Haus abbezahlen. &bdquo;Vor Gericht hieß es dann noch, dass ich ihm eine Wohnung besorgen soll, weil er nicht gearbeitet habe, ich hingegen schon.“

Yara ist fassungslos, stellt sich aber auch diesem Kampf. Inzwischen ist sie raus aus dem Kredit und lebt mit ihren Töchtern in einer Wohnung in Bielefeld. &bdquo;Wir mussten wieder bei null anfangen. Aber dank der Hilfe des Frauenhauses und meiner Arbeitskollegen haben wir jetzt alles, was wir zum Leben brauchen.“ Kontakt zu ihrem Ex-Mann hat Yara nicht, die Töchter schon. &bdquo;Jedes zweite Wochenende holt er sie ab, das ist eine Vorgabe vom Jugendamt.“

Yara: &bdquo;Ohne diese Hilfe wäre ich heute vielleicht nicht mehr am Leben.“ Im Frauenhaus Herford erlebt das Team häufig, dass Frauen nach ihrer Flucht weiterkämpfen müssen. &bdquo;Frauen haben in solchen Fällen kaum Rückhalt im System und gewalttätige Männer erhalten oft Umgang mit den Kindern“, erklärt Mitarbeiterin Katja Heidemann. &bdquo;Hier fehlt die behördliche Unterstützung.“ Auch hier hilft das sechsköpfige Team des Frauenhauses. &bdquo;Wir unterstützen die Frauen in allen Bereichen.“

Möglich ist das jedoch nur im begrenzten Rahmen, denn das Frauenhaus muss nach Angaben von Mitarbeiterin Daniela Albrink mehrmals pro Woche Frauen, die Schutz suchen, ablehnen. &bdquo;Wir haben zwölf Plätze für Frauen und 13 für Kinder, die fast immer belegt sind.“ Davon berichten viele Frauenhäuser in NRW. &bdquo;Es gibt insgesamt zu wenig Plätze“, moniert Albrink. &bdquo;Frauen, die vor Gewalt fliehen, benötigen Schutzräume und Zeit, die sehr wichtig ist, damit sie nach dem Aufenthalt im Frauenhaus nicht erneut in einer Gewaltbeziehung landen.“

Yara ist dankbar, dass sie einen Platz in der Nähre ihres Wohnortes erhalten hat. &bdquo;Dank der Hilfe im Frauenhaus kann ich endlich glücklich und sicher leben. Ohne diese Hilfe wäre ich heute vielleicht nicht mehr am Leben.“

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