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Lindner soll die FDP retten

Aus dem "Fahnenflüchtigen" wird die große Hoffnung

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Lindner soll 

die FDP retten - © POLITIK
Lindner soll die FDP retten (© POLITIK)

Düsseldorf. Für die FDP geht es um die Existenz. Christian Lindner ist die letzte Chance. Dafür gibt Landeschef Daniel Bahr sogar seinen Vorsitz ab. Der unvollendete Lindner muss nun zeigen, was in ihm steckt.

Keine hundert Tage ist es her, dass Christian Lindner (33) mit brüchiger Stimme ein "Auf Wiedersehen" ins Mikrofon hauchte. Kurz zuvor hatte er am 14. Dezember dem FDP-Parteichef Philipp Rösler das Amt des Generalsekretärs vor die Füße geknallt. Er wolle mit seinem Rücktritt eine "neue Dynamik" ermöglichen, sagte Lindner damals. Doch die Dynamik, die sich seitdem entwickelt hat, zieht die FDP weiter hinab.

Christian Lindner, der große Unvollendete, hat sich in die Pflicht nehmen lassen – allerdings nicht von Rösler. Der hatte zwar extra eine USA-Reise abgesagt, um den Lauf der Dinge an Rhein und Ruhr zu beeinflussen. Aber Röslers Favorit Daniel Bahr wollte nicht. Bahr selber traut alleine Lindner zu, in NRW die FDP über die Fünf-Prozent-Hürde zu hieven. Dafür ist der Bundesgesundheitsminister sogar auf Lindners Bedingung eingegangen und hat ihm den Landesvorsitz versprochen.

Beziehung zwischen Lindner und Rösler angespannt

Das spektakuläre Comeback bedeutet keine Wiederbelebung der Boygroup Rösler, Bahr, Lindner. Die Beziehung zwischen Rösler und Lindner bleibt angespannt. Lindner hat mit einem kleinen ironischen Seitenhieb bereits klargemacht, dass der Parteichef mit der Düsseldorfer Entscheidung rein gar nichts zu tun hat. Rösler sei Donnerstagabend ein willkommener Gast gewesen, sagte Lindner in einem Radio-Interview. Niedriger kann man Röslers Part nicht hängen. Für den Kampf um NRW werden sich beide auf offener Bühne allerdings noch einmal zusammenraufen müssen.
Christian Lindner soll in Nordrhein-Westfalen die FDP aus dem Stimmen-Tief herausführen. - © FOTO: DPA
Christian Lindner soll in Nordrhein-Westfalen die FDP aus dem Stimmen-Tief herausführen. (© FOTO: DPA)

Für Lindner dürfte es eine heimliche Genugtuung sein, dass Rösler in gewisser Weise von ihm abhängt. Sollte die FDP in NRW parlamentarisch bleiben, kann sich Rösler vielleicht sogar in seinem Amt halten. Für Lindner bietet der Rettungseinsatz in NRW etliche Vorteile. Er wird das karrierehemmende Image los, "Fahnenflucht" begangen zu haben. Als solche haben viele seiner Parteifreunde den überraschen Abgang als Generalsekretär gewertet. Warum er im Dezember entnervt aufgegeben hat, wird immer sein Geheimnis bleiben.

Der Jüngste aus der Boygroup galt immer auch als der Ehrgeizigste. Wegen seines rhetorischen Talents und seiner intellektuellen Tiefe hat der Überflieger bei der FDP eine Blitzkarriere absolviert. Der studierte Politologe und Hobby-Unternehmer wurde von Jürgen Möllemann gefördert, der ihm auch den Spitznamen "Bambi" verpasste. Bereits 2004 mit nur 24 Jahren wurde Lindner in NRW Generalsekretär.

Weg vom verstaubten Herrenclub

Der Mann mit der Rennfahrerlizenz hat den "mitfühlenden Liberalismus"ausgetüftelt. Lindner hat erkannt, dass die FDP nur überlebt, wenn sie sich modernisiert. Der gebürtige Wuppertaler wollte die Fenster zur SPD wieder aufmachen und auch neue Themen verankern – zum Beispiel den Mindestlohn. Aber Rösler hat da nicht so mitgespielt, wie es sich Lindner erhofft hatte. Rösler setzt mit seiner "Wachstums-Strategie" wieder stärker auf ein enges Spektrum wirtschaftsliberaler Themen. Lindner will aber, dass sich die FDP vom Image eines verstaubten Herrenclubs löst.

Doch die Beharrungskräfte unter den Liberalen sind stark. Es war sicher auch ein Fehler der Boygroup, Guido Westerwelle nur halb zu entmachten und im Außenamt zu belassen. Der Wiederaufstieg von Lindner ist für den Außenminister allerdings eine ganz schlechte Nachricht – die beiden mögen sich nicht.

Lindner muss nun zeigen, dass er kämpfen kann. Der Kampfesmut geht ihm bislang ab. Doch die Lage ist so schlimm, dass schnelles Aufgeben keine Alternative mehr darstellt. Auch das weiß Christian Lindner.

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