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Gericht sichert rechten Schlägern Geldstrafen zu

Überfall auf linken Szenetreff in Minden - Haftbefehl gegen Extertaler

Rechte Schläger hoffen auf Geldstrafen - © Minden
Rechte Schläger hoffen auf Geldstrafen (© Minden)

Minden/Bielefeld. Wegen des mehr als zwei Jahre zurückliegenden Überfalls auf den Hamburger Hof müssen sich seit Mittwoch acht junge Männer der rechten Szene vor dem Landgericht Bielefeld verantworten. Gegen die Zusicherung von Geld- statt Haftstrafen zeigte sich auch der Hauptangeklagte Andre C. (Namen geändert), ein 31-jähriger Mindener, teilweise geständig. Der 25-jährige Michael U. aus Extertal erschien gar nicht erst zur Verhandlung. Sein Verfahren wurde abgetrennt und Haftbefehl erlassen.

Der Sachbeschädigung und in einem Fall auch der schweren Körperverletzung sind neun Männer aus OWL im Alter von derzeit 22 bis 37 Jahren angeklagt. Gegen die Zusicherung eines Höchststrafmaßes in Form von Geldstrafen zeigten sich alle Angeklagten zu geständigen Einlassungen. Zum Teil hatten sie bereits bei ihren Vernehmungen durch Polizei und Staatsschutz umfangreich gestanden - nicht an alle derzeitigen Aussagen konnten sie sich jetzt noch vollständig erinnern, wie die Nachfragen der Richter, der Staatsanwältin und teilweise auch der Verteidiger ihrer Mitangeklagten ergaben.

Der Angeklagte Andre C. mit seinem Verteidiger. - © FOTO: LANGENKÄMPER
Der Angeklagte Andre C. mit seinem Verteidiger. (© FOTO: LANGENKÄMPER)

Angeblich waren dem Überfall in der Nacht zum 28. November 2010 Steinwürfe im Umfeld eines Rechtsrock-Konzerts in einem alten Luftschutzbunker am Ende der Cecilienstraße vorausgegangen. Den hatte der seinerzeit arbeitslose Patric A. (23) wenige Monate zuvor für Partys und Konzerte der rechten Szene angemietet.

Nach dem Konzert schaukelte sich die Stimmung hoch, und eine Gruppe von mehreren Leuten - die Polizei ermittelte 14, darunter auch Frauen - fuhr zum Königswall, um dem Hamburger Hof, wo sie Mitglieder der linken Szene vermuteten "einen Denkzettel zu verpassen", so Yannik S. (22) aus Hille, und "freundlich die Meinung zu sagen", wie der gebürtige Lübbecker Alexander I. (22) es formulierte, der eines der drei Autos gefahren hatte. Einen Plan habe es nach Aussage der Angeklagten jedoch nicht gegeben.

Konkrete Aussagen zu seinem gewalttätigen Vorgehen machte Andre C., früher Türsteher in einer Mindener Disco. Er stürmte als Erster in den "Laden", in dem er auch schon zu Gast gewesen war und sich auskannte. Um nicht sofort wiedererkannt zu werden, hatte er sich - wie alle anderen in unterschiedlicher Form - mit seinem Schal vermummt. "Ich bin schnurstracks auf die Theke zu und habe keine Gäste wahrgenommen", erinnerte er sich lebhaft. "Ich habe gleich versucht, am Kühlschrank die Scheibe einzuschlagen, weil ... schwer zu sagen." Dann griff er einen Barhocker mit der Linken. Als er im Augenwinkel einen Gast aus einem Nebenraum kommen sah, versetzte er ihm - "Abwehrreflex" - mit der Rechten einen kräftigen Ellbogencheck ins Gesicht, sodass der Mann bewusstlos zu Boden ging. Dann verließ C. das Lokal "als Letzter" und warf noch den Barhocker mit seiner Linken in den Raum.

Was bei der Aktion gesprochen wurde, will der 31-Jährige bekennende Rechte - "aber kein Neonazi oder Rassist" - aufgrund des Lärms nicht gehört haben. "Da, wo ich gestanden habe, ist ja schon viel zu Bruch gegangen." Ob er selbst Worte wie "Nazialarm", "Sieg heil" und anderes gerufen hatte, daran konnte er sich aufgrund seines seinerzeitigen Alkoholkonsums - "zwei Kästen Bier" und 0,3 Liter Schnaps der verschiedensten Sorten seit einem Frühschoppen in einem Lokal nahe seiner damaligen Wohnung in Neesen - nicht mehr erinnern.

Nach der Tat flüchteten die Täter auf unterschiedlichen Wegen, trafen sich auf dem Parkplatz am E-Center und tranken anschließend zum Teil noch ein Bier in dem Lokal in Neesen. Die Verhandlung wird morgen fortgesetzt.

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