
Bielefeld. 350 Schüler besuchen die Hauptschule an der Beckerstraße in Bielefeld-Heepen. Einige von ihnen sind am Donnerstag kurz nach 13.30 Uhr auf dem Schulhof, als plötzlich ein Mann dort auftaucht. Eine Schülergruppe spricht den Mann, der einen Hakenkreuz-Ohrring tragen soll, an. Als dieser mit einem Nazigruß reagiert, soll einer der Schüler laut geworden sein. Der Unbekannte hingegen zieht eine dunkle Pistole. Laut Polizeisprecher Friedhelm Burchard lädt er die Waffe durch und sagt: "Wen soll ich von euch abknallen?" Dann geht er davon.
Die Schüler geraten in Panik. Als Lehrer von der Waffe erfahren, holen sie umgehend alle Kinder und Jugendlichen ins Schulgebäude. Dienstgruppenleiter Detlev Busse von der Polizeiwache Ost ist einer der ersten Beamten, die wenig später in großer Zahl an der Schule eintreffen: "Als ich ankam, war weit und breit kein Schüler mehr zu sehen. Die Lehrer haben das genau richtig gemacht." Während diese in den Klassenräumen ihre Schüler zu beruhigen versuchen, umstellen draußen zahlreiche Polizeibeamte das Schulgebäude. "Die Schüler haben den Vorfall als sehr bedrohlich eingeschätzt", erklärt Burchard. "Entsprechend haben auch wir das sehr ernst genommen."

Wenig später läuft die Kernfahndung, zivile Beamte streifen durch das Heeper Wohngebiet. "Wir haben mit Zivilkräften gesucht, weil wir den bewaffneten Mann ja nicht verschrecken durften", erklärt Burchard, nachdem sich erste Eltern beschweren, dass ihre Kinder draußen keinerlei Beamte wahrgenommen haben. "Einige Schüler kannten den Mann sogar vom Sehen, wussten, wo er wohnt", berichtet der Polizeisprecher. Doch die Beamten treffen den Tatverdächtigen dort zunächst nicht an.
Experten kümmern sich um verängstigte Schüler
Schulleiterin Gabriele Meier-Ebert, die, wie auch Georg Müller vom Amt für Schule, für eine Stellungnahme nicht zur Verfügung stand, fordert derweil den schulpsychologischen Dienst an. "Die meisten der Schüler haben den Vorfall gar nicht mitbekommen", erklärte Busse. "Aber unter den Schülern, die direkt mit der Waffe bedroht worden sind, war eine Handvoll sehr aufgeregt." Die Psychologin und Kripobeamte vom Kommissariat Prävention und Opferschutz kümmern sich um die verängstigten Schüler. Dabei ging es auch um die Sicherheit, dass die Polizei jetzt da sei und nichts mehr passieren könne, so Busse.
Per Telefonkette wurden dann die Eltern der 11- bis 16-Jährigen informiert, um die Schüler so schnell wie möglich abzuholen. "Wir haben Schule und Umfeld bis zum Schulschluss um 16 Uhr bewacht. Die Schüler waren allerdings vorher schon alle abgeholt." Eltern berichten von einer aufgewühlten Stimmung. Ein Vater: "Die Kinder schieben hier richtig Paranoia. Die telefonieren immer noch miteinander."
Nach der Festnahme finden sich mehrere Pistolen
Aber gegen 17 Uhr ergreifen Polizeibeamte einen 49-Jährigen, auf den die Beschreibung der Schüler passt. Laut Burchard soll er keine Waffe bei sich gehabt haben. Die Hinweise auf den rechtsradikalen Hintergrund des Mannes halten die Beamten für Gerüchte unter Schülern.
Vieles aber spreche dafür, dass die Polizei den Richtigen hat, sagen am Abend mehrere der eingesetzten Polizisten. Auch die Leitstelle der Polizei bestätigt das. Der 49-Jährige blieb vorerst in einer Polizeizelle, bis seine Wohnung durchsucht war.
Am Freitag teilte die Polizei dann mit, dass zwar der 49-Jährige keine Schusswaffe bei sich hatte, wohl aber diverse Schreckschusspistolen in seiner Wohnung zu finden waren. Der 49-Jährige besitzt einen kleinen Waffenschein, der das Führen von Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen erlaubt.
"Aufgrund seines Gesamteindrucks wurde er aber noch am Abend dem Kriseninterventionsdienst vorgestellt", so Burchard. Anschließend wurde er in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Gegen ihn wurde eine Anzeige wegen Bedrohung mit einer Schusswaffe gefertigt. Die Ermittlungen der Polizei dauern an.