
Kirchlengern. Die Kleidung, die sich der ehemalige Schulleiter der Grundschule in Stift Quernheim (Kreis Herford) ausgesucht hatte, sollte offenbar Seriosität ausstrahlen: dunkelgrauer Anzug, schwarze Schuhe, Armani-Uhr, ein rosa Hemd samt gestreifter Krawatte in den Farben Rosa und Silber. Eine weiße Weste hat der Pädagoge aber beileibe nicht.
Ein jahrelang praktiziertes System aus "Betrug und gewerbsmäßiger Untreue in 126 Fällen" mit einem Schaden von mehr als 50.000 Euro brachten den Mann Freitagmorgen auf die Anklagebank des Herforder Schöffengerichts. Der 61-Jährige erhielt dort - zwei Jahre nachdem er aufgeflogen war - eine straf- und beamtenrechtliche Quittung.
Dabei hatte Oberstaatsanwalt Ulrich Hummler, der die Überweisungen und Abhebungen über Wochen aufgeschlüsselt hatte, sogar einen Teil der Taten wegen Verjährung gar nicht einbeziehen können. "Der Angeklagte hatte ein System der Misswirtschaft aufgebaut", fasste es der Anklagevertreter zusammen. "Das ist nicht Versagen, das ist persönliche Bereicherung der intensivsten Art." Er verwies etwa darauf, dass auch die Ehefrau des Täters im öffentlichen Dienst beschäftigt ist und beide ein auskömmliches Einkommen - (von vermutlich mehr als 7.000 Euro netto, d. Red.) - bezogen hätten. Doch das habe dem Angeklagten wohl nicht ausgereicht, konterte er dessen Geständnis.

Der Familienvater hatte es kurz zuvor über seinen Herforder Strafverteidiger abgelegt und alle Vorwürfe pauschal bestätigt. "Ich kann mir nicht erklären, wie es zu der Tat kommen konnte. Ich habe den Überblick verloren und über meine Verhältnisse gelebt", erklärte Rechtanwalt Achim Depenbrock für seinen Mandanten. Details zu den Taten und zum Motiv nannte der - bisher bei 90 Prozent seiner Bezüge vom Dienst freigestellte - Mann nicht. Sein Mandant habe sich bis zum Prozess nicht mit der Tat auseinandergesetzt: "Die Aufarbeitung beginnt heute."
Die Staatsanwaltschaft half dabei und führte die Taten auf: So hatte der Schulleiter ab 2004 zwei Mal Mittel für das Projekt "Selbstständige Schule" beantragt. Zunächst 25.000 Euro, später knapp 7.000. Er wollte angeblich neue Computer anschaffen oder eine Tischtennisplatte kaufen. Statt dessen wanderten mehr als 9.000 Euro in sein Privatsäckel.
Dann vergriff er sich an den Schulkonten: Etwa an denen, auf denen das Geld für das Essen der Kinder, die Klassenfahrten, das eingesammelte Milchgeld oder aber Mittel für Fotokopien lagen. 126 Abbuchungen und Barauszahlungen finden sich. Einnahmen des Adventsbasars griff der Schulleiter ebenso ab. Er verpulverte sein Zusatzeinkommen bei etlichen Gelegenheiten: Mal wurden 800 Euro für Benzin bei einem Frankreich-Urlaub abgebucht, dann für Einkäufe in Lebensmittelmärkten. Mehr als 600 Euro flossen in den Einkauf in einem skandinavischen Möbelhaus . . .
Im Oktober 2011 kollabierte schließlich das System: Gläubiger, wie ein Essen-Lieferant und eine Band wandten sich an die Stadt und forderten ihr seit Wochen ausstehendes Geld. Nun begannen die Prüfungen. Das Stochern führte dazu, dass die Staatsanwaltschaft Bielefeld Ermittlungen aufnahm. Auch die Bezirksregierung schickte inzwischen einen Rückforderungsbescheid an die Gemeinde. Schließlich zahlte der Täter in einem ersten Schritt 10.000 Euro an den Förderverein der Schule zurück.
Letztendlich bewahrte ihn, wie Richterin Alea Blöbaum deutlich machte, nur das Geständnis vor dem Gefängnis. "Sie haben das Geld für reine Luxusgüter ausgeben und keine Hemmungen gehabt, es den Menschen wegzunehmen." Dabei hätten sich manche Eltern etwa bei einer Klassenfahrt nach Tecklenburg die 100 Euro pro Kind vielleicht vom Munde abgespart. Das Gericht schloss sich dem von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafmaß an: Ein Jahr und zehn Monate Haft, die zur Bewährung ausgesetzt werden. Darüber hinaus erhält der Ex-Schulleiter einen Bewährungshelfer und er muss 150 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.