Kalletalerin meistert Ironman nach Bandscheibenvorfall

Kalletal-Brosen . Als der Redakteur das Grundstück betritt, lässt es sich der Hund nicht nehmen, sich Streicheleinheiten abzuholen, und in der anderen Ecke macht kurze Zeit später der Esel auf sich aufmerksam. Idyllisch ist es hier in Brosen, wo die Familie Heine wohnt. Hanja Heine, 25 Jahre jung, blickt froh gelaunt übers Grundstück. Ihre Freude wird noch größer, wenn der Ironman in Hamburg thematisiert wird. Den hat sie geschafft, und darauf ist sie mächtig stolz.

Schritt für Schritt Angefangen hatte alles mit einem Zehn-Kilometer-Lauf vor rund vier Jahren. Ihr Ziel danach: Halbmarathon. Dafür trainierte Hanja Heine. Klar, sie schaffte es in Bad Pyrmont. Doch es ging weiter, Schritt für Schritt, die nächste Etappe wartete. Nun sollte es eine erste Marathon-Teilnahme sein. Dass es beim Lipperland-Marathon 2019 in Humfeld, den sie mit ihrer Mutter Ines lief, auf Anhieb zum ersten Platz in ihrer Altersklasse reichte, war &bdquo;nicht meine Absicht". Aber der Ehrgeiz war bei der Kalletalerin nun endgültig geweckt. &bdquo;Dieses Gefühl, einen Marathon geschafft zu haben, ist unbeschreiblich. Da ist man stolz auf sich."

Zahlen beeindrucken Doch mit Marathons allein wollte sich Hanja Heine nicht zufrieden geben. Wie wäre es also mit einem Ultra-Lauf? Der Ötscher-Ultra 2020 in Österreich war der erste auf ihrer Liste. 70 Kilometer, 3200 Höhenmeter: Zahlen, die beeindrucken. Von der Premiere ist der Sportlerin immer noch ein Dialog vor dem Start in Erinnerung: &bdquo;Ein älterer Herr fragte mich. Hast du dir das gut überlegt? Ja, wie meinst du das, antwortete ich mich mit einer Frage. Er sagte wiederum: Nach dem ersten Marathon bist du ein anderer Mensch, nach dem ersten Ultra ein ganz anderer."

Kleinerer Freundeskreis Die Lipperin ließ diese Aussage so stehen, und doch hatte sie während des Laufes diese Worte im Ohr. Sie absolvierte den Ultra und schaffte ihn. Und am Ende war ihr klar: &bdquo;Der Mann hatte Recht. Viele andere Dinge sind mir wichtiger geworden." Am Abend nach dem Lauf habe sie mit vielen Personen abgeschlossen, Telefonnummern gelöscht und so ihren Freundeskreis verringert.

Allerdings stand ihre Lauf-Karriere Ende 2020, fast unmittelbar nach dem ersten Ultra, vor dem Aus. Die Diagnose des Arztes lautete: Bandscheibenvorfall. &bdquo;Ich habe geheult wie sonst was. Ich dachte, es bricht eine Welt zusammen. Meine Angst war, ob ich noch Sport treiben könnte", blickt sie heute auf eine aufwühlende Zeit zurück. Die Aussage des Arztes, nicht operieren, sondern dagegen antrainieren zu wollen, half ihr.

Anderes Training &bdquo;Okay, machen wir das", war Heines Motto. Die Ernährung stellte sie komplett um, genauso wie das Training. &bdquo;Einen Fünf-Kilometer-Lauf habe ich zu dem Zeitpunkt quasi nicht geschafft", erinnert sich die Läuferin. Mit Physiotherapeut Mats Bönnemann (Kallevital) war und ist sie im engen Austausch. Er war der Mutmacher für Hanja Heine. Doch die wollte sich zunächst nicht eingestehen, dass auch ein Zwei-Kilometer-Lauf nicht funktionieren wollte. Bönnemann motivierte seine Patientin mehr und mehr. Außerdem schwamm diese mehr, stieg wieder aufs Pferd, legte Krafttraining ein, zum Ausgleich fuhr sie mehr Rad. Heine: &bdquo;Nach zwei Monaten war die Blockade im Kopf gelöst, nach drei war ich wieder fit." Irgendwann mit einem neuen Ziel. Denn kurzfristig war die Idee geboren, dass es in diesem Jahr zum Ironman nach Hamburg gehen sollte.

"Wir schaffen das" Viel Zeit zur Vorbereitung blieb allerdings nicht. Rund 3,8 Kilometer schwimmen, 180 Kilometer mit dem Rad fahren und 42,195 Kilometer laufen: &bdquo;Wir schaffen das", machte ihr ihre Mutter Mut. Mit dem Rad ging es im Training meistens nach Hameln oder zu ihrem Freund Christian nach Steinheim, beim Laufen bis in den Lemgoer Stadtwald oder nach Humfeld. &bdquo;Aber eigentlich kenne ich in der Umgebung jeden Stein", sagt Hanja Heine mit einem Lächeln. 400 bis 450 Kilometer pro Monat kamen auf der Laufstrecke schon mal zusammen. Nur mit dem Schwimmen war das so eine Sache. &bdquo;Eigentlich hatte es bis dahin nur zum Überleben gereicht."

Ein Riesenberg Im eigenen Pool brachte sie sich die Technik bei, ab und zu ging es ins Freibad nach Vlotho. Doch die größte Hürde: In Hamburg wurde in der Binnen- und Außenalster geschwommen, im Freiwasser also. Der Test dazu fand zweimal in der Woche im Doktorsee statt. &bdquo;Aber ich muss alles unter Kontrolle haben: Was ist im Wasser? Was passiert da? Was ist unter mir? Schwimmen war ein Riesenberg, der vor mir stand ", sagt die, die Ultras läuft. Hanja Heine stellte sich in Hamburg dieser Herausforderung – und am Ende schaffte sie auch den Ironman, nachdem sie zwei Wochen zuvor den Ultra Oberstdorf-Meran absolviert hatte. Der 14. Ironman-Platz in der Altersklasse 25 bis 29 spielte für sie keine Rolle. &bdquo;Ich habe mich so gefreut, diese Leistung geschafft zu haben. Auf der Ziellinie war ein roter Teppich ausgelegt, und ich dachte mit Blick auf den Streckensprecher: Mensch, sag endlich: ,Hanni, you are a ironman’. Kurz danach sagte er es, da sind Tränen geflossen."

Hawaii als Ziel Nach dem Bandscheibenvorfall hat es keine OP geben müssen, und das CT zeigt keine weiteren Auffälligkeiten. Hanja Heine wäre nicht Hanja Heine hätte sie nicht die nächsten Ziele vor Augen. 2022 nimmt sie am Paris-Marathon teil und zum nächsten Iroman soll es gehen – dem berühmten auf Hawaii. So ist jedenfalls der Plan der ehrgeizigen Sportlerin.

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