Zerbes EM-Fazit: "Wir haben uns nichts vorzuwerfen"

Bratislava . Zum Glück laufen die Australien Open bis in den Nachmittag hinein. Ohne die Tennisübertragungen aus Melbourne drohte Deutschlands coronageplagten Handball-Nationalspielern in den vergangenen Tagen der Lagerkoller.

Lukas Zerbe befindet sich bereits seit dem 1. Januar in der DHB-Blase und ist mit Johannes Golla, Julian Köster und Philipp Weber einer von vier Spielern aus dem ursprünglichen 18er-Kader, der vor dem letzten Hauptrundenspiel der DHB-Auswahl am Dienstag gegen Russland (Anwurf 18 Uhr) nicht von Omikron erwischt wurde. Den LZ-Lesern gab er am Montag einen kleinen Einblick in den EM-Alltag in Bratislava.

Die Unterkunft Das Hotel Lindner im Zentrum von Bratislava liegt nur zwei Kilometer von der Ondrej Nepela Arena entfernt. Mit 222 Zimmern bot es genügend Platz auch für die Vorrundengegner Österreich, Polen und Belarus. Der DHB-Kader, der zwischenzeitlich auf 28 (!) Spieler anwuchs, vereinnahmt die 12. und 13. Etage. &bdquo;Im neunten Stockwerk leben die Offiziellen. Im 13. Stock haben wir unsere Küche", berichtet Zerbe.

Verpflegung Der DHB hat sich, wie schon bei der WM in Ägypten, einen eigenen Koch gegönnt. Zerbe ist sehr angetan von der abwechslungsreichen Kost, die Nils Walbrecht auf den Teller zaubert. Gegessen wird aber nicht gemeinsam am großen Tisch, sondern einzeln auf dem Zimmer. Damit die unter Quarantäne stehenden Akteure nicht leer ausgehen, hat sich das DHB-Team auf einen internen &bdquo;Kellnerservice" geeinigt. Zerbe: &bdquo;Sobald das Essen fertig ist, macht ein Spieler ein Video von dem Büfett, das dann in unsere WhatsApp-Gruppe gestellt wird. So können die Infizierten ihre Bestellungen aufgeben. Positionsspezifisch werden sie dann versorgt. Ich klopfe beispielsweise bei Timo Kastening und stelle ihm seinen Teller vor die Tür."

Abwechslung? &bdquo;Gibt es keine. Jeder Tag fühlt sich irgendwie gleich an", sagt Lukas Zerbe. Theoretisch dürfte er als einer der wenigen aus dem DHB-Tross zum Spaziergang in die Stadt gehen. &bdquo;Doch auch draußen müssen wir Maske tragen und dürfen nicht in der Gruppe gehen. findet er am Einzelspaziergang keinen Gefallen. Fühlt er sich also ein bisschen wie im Knast? &bdquo;Das klingt etwas zu dramatisch. Aber da wir sämtliche Kontakte vermeiden, ist es schon sehr einsam. Auch für mich fühlt es sich an wie Quarantäne."

Training &bdquo;Richtiges Taktiktraining haben wir schon lange nicht mehr gemacht", sagt Zerbe. Alfred Gislason würde die Videos über den nächsten Gegner in die WhatsApp-Gruppe stellen und jeder Spieler müsse sich dann eigenverantwortlich vorbereiten. &bdquo;Wir sehen uns erst kurz vorm Spiel in der Kabine und versuchen dann in kurzen Gesprächen, so etwas wie eine Feinabstimmung hinzukriegen." Hendrik Wagner habe er am Sonntag bei der Abfahrt zur Halle erstmals zu Gesicht bekommen. Dass der nachnominierte und sogleich infizierte Zweitligaspieler aus Ludwigshafen schon nach wenigen Minuten schlapp machte, ist für Zerbe nicht verwunderlich: &bdquo;Ich hatte im März selber Corona. In den ersten Einheiten danach war ich auch nach fünf Minuten platt. Wenn man tagelang nur auf dem Zimmer hockt und sich nicht aktivieren kann, fällt die Rückkehr schwer."

Vorsichtsmaßnahmen

Wo die Infektion erstmals aufgetreten ist, kann sich Zerbe nicht erklären. &bdquo;Es kann überall passiert sein. In der Trainingshalle, in der Kabine... Doch die DHB-Maßnahmen sind wirklich gut und streng. Freiwillig haben wir entschieden, auch in der Kabine und in der Halle Masken zu tragen. Nur beim Betreten des Spielfeldes und bei der Nationalhymne nehmen wir sie kurz ab."

Persönliches Fazit Obwohl das Flügelspiel aufgrund fehlender Absprachen lahmt, ist Zerbe vor seinem sechsten EM-Einsatz mit einer Wurfquote von 90 Prozent Deutschlands effektivster Spieler. &bdquo;Persönlich ist es schön, dass ich so viel spielen durfte. In der Vorrunde haben wir gute Leistungen geboten. Die Hauptrunde verlief etwas unglücklich. Aber wir haben uns nichts vorzuwerfen. Der Zusammenhalt im Team ist enorm. Um ein paar Siege mehr zu schaffen, fehlten uns einfach Trainingseinheiten, um die nötigen Automatismen reinzubekommen."

Freude auf Daheim Endlich die Lieben wieder live von Angesicht zu Angesicht sehen, lautet Zerbes größter Wunsch. &bdquo;Am meisten vermisse ich es, einfach mal wieder auszugehen und ein Käffchen zu trinken. Und natürlich das leckere Oma-Essen – wobei wir beim DHB wirklich gut verpflegt wurden", sagt Zerbe.

Zerbes EM-Tipp &bdquo;Die Dänen. Die spielen schon sehr souverän. Eigentlich hatte ich auch Frankreich auf dem Zettel. Doch die haben ja schon gegen Island ihr blaues Wunder erlebt."

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