Auf den Logenplätzen: Wie Anwohner den Hermannslauf erleben

Bielefeld. Wenn Hermannslauf ist, sitzt Dietmar Gnaß als Zuschauer stets in der ersten Reihe. Die Holzbank, die das ganze Jahr über neben seiner Haustür steht, rückt der Oerlinghauser dann so zurecht, dass er von seinem Posten aus einen perfekten Blick auf die heranstürmenden Läuferinnen und Läufer hat. Näher gehts nicht: Würde Gnaß die Füße ausstrecken, könnten die Läufer stolpern. &bdquo;Die Wanderer können wir morgens beim Frühstück schon durch das Küchenfenster sehen, zum Anfeuern der Läufer machen wir dann den Schritt vor die Tür“, sagt Gnaß.

Nicht nur er und seine Frau wüssten den Logenplatz bei OWLs wichtigstem Breitensport-Event zu schätzen; meist kämen am letzten Sonntag im April auch Freunde zu Besuch, um hier, bei Streckenkilometer 19,1, die sportliche Leistung der Vorbeieilenden mit einem alkoholischen Getränk zu feiern.

Dass er dafür einen Preis zahlt, will Dietmar Gnaß nicht verhehlen. Die Pfarrstraße, in der er wohnt, ist mit Kopfsteinen gepflastert und ein wahres Nadelöhr, nur wenige Meter breit. &bdquo;Wenn das Jahr beginnt, herrscht hier an jedem Wochenende bis zum Hermann Trainingsbetrieb“, berichtet der 65-Jährige. Mit Ausschlafen sei es in dieser Zeit schwierig. Denn Gnaß schätzt frische Luft. &bdquo;Ab frühmorgens schallt das Trampeln durchs angekippte Fenster zu uns ins Schlafzimmer“, bedauert er. Der VIP-Platz ist für den zweifachen Hermannslaufteilnehmer (1972 und 1974) insofern nicht nur Privileg, sondern auch Entschädigung.

Hermannslauf-Strecke als Entscheidungskriterium beim Hauskauf Christian Jakob läuft in diesem Jahr bereits seinen 20. Teutoklassiker und auch er ist einer, den niemand zur Strecke bringen muss. Der drahtige Mann ist mit seiner Familie bei Kilometer 18,2 zuhause. Auf dem Berge heißt die Straße. Wenn Jakob in Laufschuhen das Haus verlässt, hat er die Qual der Wahl: rechts hoch zum Tönsberg oder links runter ins Schopketal. &bdquo;Für uns hat bei der Haussuche die Lage direkt an der Hermannslaufstrecke durchaus eine Rolle gespielt“, sagt der Oerlinghauser. Die Versuchung, den Wettkampf an einem Tag mit schlechter Form abzubrechen und einfach zuhause zu bleiben, habe er nie gespürt. Es könnte auch daran liegen, dass es just vor Jakobs Haus angenehm bergab geht.

Genau wie am Ortsausgang von Oerlinghausen, wo Dirk und Heidi John leben. &bdquo;Den ein oder anderen Hermannsläufer müssten wir eigentlich hierbehalten“, sagt Dirk John. Grillend, mit gelben Cheerleader-Puscheln bewaffnet und mit lauter Musik feuern die Johns und ihre Nachbarn Jahr für Jahr den Läufertross an.

Manche seien hier, zwölf Kilometer vor dem Ziel, allerdings schon so gezeichnet vom Auf und Ab durch den Teuto, dass der Funke der Begeisterung nicht ausnahmslos von den Anwohnern auf die Adressaten überspringt. Die Johns nehmen es sportlich. &bdquo;Wir lieben den Hermann und fiebern schon seit mehr als 20 Jahren mit“, sagt Heidi John. Erst recht, wenn Schwiegertochter Wiebke die Wehme – so heißt die Straße der Johns – hinabkomme.

.responsive23-FEEk9uj77UIRJD26-map-hermannslauf-strecke { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-FEEk9uj77UIRJD26-map-hermannslauf-strecke { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-FEEk9uj77UIRJD26-map-hermannslauf-strecke { padding-top: 142.86%; } } Hermannslauf-Anwohner als Helfer in der Not Auf immerhin 18 Jahre Läuferbeistand bringt es Sabine Wendtlandt, die am höchsten Punkt des Lämershagener Wandwegs wohnt. &bdquo;Der Hermann ist für uns das Jahreshighlight, weil hier ja sonst nicht viel passiert“, sagt die Pflegerin und lacht. Traditionell kämen Familie und Bekannte zu Besuch – je sonniger desto mehr –, um gemeinsam bei Kilometer 22,3 die sportlichen Heldentaten der Ostwestfalen zu feiern. &bdquo;Wer möchte, bekommt von uns eine Dusche aus dem Gartenschlauch und sogar ein Bier“, versichert Wendtlandt. Die meisten, so sei ihre Erfahrung, setzten allerdings auf den Ausschank von Red Bull am Anfang des Wandwegs oder auf die nahe Wasserstelle direkt vor den Lämershagener Treppen.

Letztlich sind viele Anwohner der Hermannslaufstrecke auch Helfer in der Not. Etwa wenn jemand ein Pflaster braucht, oder statt Wasser tanken, Wasser lassen muss. &bdquo;Wir haben schon verzweifelten Läuferinnen, die sich nicht einfach an einen Baum stellen können, unsere Toilette angeboten“, erzählt Peter Obermeier, der ebenfalls im Wandweg wohnt.

Ist es heiß, stellen die Obermeiers Kübel mit Wasser an den Straßenrand. Neben der Gratiserfrischung gibt es ein paar aufbauende Worte. Hier, wo das dicke Ende vom &bdquo;Hermann“ beginnt. Nicht immer mit Erfolg. Da hilft es, an der Strecke zu wohnen. &bdquo;Meine Tochter ist mehrfach mitgelaufen“, berichtet Obermeier verschmitzt, &bdquo;aber in einem Jahr war für sie nicht an der Sparrenburg Schluss, sondern ganz elegant zu Hause“.

Auf den Logenplätzen: Wie Anwohner den Hermannslauf erleben

„Bessere Stimmung als beim Ironman“: Das sind die Zuschauer-Hotspots beim Hermannslauf

Hermannslauf 2025 im Liveticker: Bochert gewinnt bei den Männern, Opitz bei den Frauen

Hermannslauf 2025: Diese Frau ging trotz Warnung an den Start

Hermannslauf 2025: Die schönsten Bilder vom Volkslauf von Detmold nach Bielefeld

Hermannslauf 2025 von Detmold nach Bielefeld: Startplatzbörse ist geöffnet

62-Kilometer-Challenge: Bielefelderin will den Hermannslauf doppelt laufen

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus!

0,99 Euro im ersten Monat

Weiterlesen mit LZplus