Schwedin Linnea Pettersson drückt in Blomberg die Schulbank

Blomberg . Dienstag, 10.45 Uhr, Blomberg. In der Geschäftsstelle des Frauenhandball-Bundesligisten HSG Blomberg-Lippe ist Spielerin Linnea Pettersson an diesem Tag Schülerin. Gegenüber sitzt ihr Lehrer Hartwig Henke. Deutsch steht auf dem Stundenplan der Schwedin, wie jeden Dienstag. Mit einem freundlichen &bdquo;Hallo" grüßt sie den Redakteur, der in den kommenden Minuten mehr erfährt über ihr Heimatland, über ihre Zukunftspläne und natürlich über Handball – wie etwa über das Spiel am Samstag um 19.30 Uhr in der zweiten DHB-Pokalrunde bei den Füchsen Berlin.

Sie lernt fleißig &bdquo;Ich verstehe nicht alles, aber sehr viel", sagt Linnea Pettersson mit einer Mischung aus Englisch und Deutsch, denn &bdquo;manchmal fehlen mir noch die richtigen Vokabeln". Also lernt sie fleißig einmal in der Woche die neue Sprache. Sie hat Textmarker, etliche DIN-A4-Zettel und einen ganzen Ordner vor sich auf dem Tisch liegen. &bdquo;Du musst nicht darüber nachdenken, ob die Grammatik in diesem oder jenem Moment stimmt. Sprechen, sprechen, sprechen", gibt ihr Hartwig Henke mit auf den Weg.

Der 66-jährige ehemalige Leiter einer Grund- und Hauptschule in Bad Pyrmont ist seit einigen Jahren für die HSG ehrenamtlich tätig, unter anderem als Deutschlehrer. Er macht es mit viel Freude, wie man deutlich spürt. Vor drei Monaten hat er die 26-jährige Schwedin, die vor der Saison von IK Sävehof nach Blomberg in die Bundesliga gewechselt ist, unter seine Fittiche genommen. &bdquo;Linnea ist ehrgeizig, motiviert, unheimlich offen."

"Es ist ein Team" Eine Einschätzung, die nach den ersten Eindrücken auch auf dem Spielfeld zutrifft. Pettersson , die auf internationale Einsätze in der Champions League oder European League zurückblicken kann, gibt das Lob aber gleich mal an die gesamte Mannschaft zurück. &bdquo;Vom ersten Tag an bin ich hier super freundlich aufgenommen worden. Das machte vieles einfacher. Es ist wirklich ein Team."

Mit ihrem Verlobten Daniel Wester (29) wohnt sie in Blomberg. Er hat in Schweden in der 1. und 2. Handball-Liga gespielt, unter anderem mit dem jetzigen Lemgoer Spieler Jonathan Carlsbogard bei Redbergslids in Göteborg, und arbeitet für eine schwedische Spedition im Homeoffice. Für das nächste Jahr ist dann die Heirat vorgesehen. &bdquo;Das zu planen, ist fast mein Hobby", sagt die 1,81 Meter große Rückraumspielerin mit einem Lächeln. Vokabeln und Grammatik, dazu immer mal ein Blick auf verschiedene Piktogramme oder Zettel: Mit kleinen Hilfsmitteln bringt Hartwig Henke seiner Schülerin die deutsche Sprache bei.

Unterricht mit "Kladdkaka" &bdquo;Im Training benötige ich niemanden für die Übersetzung", freut sich Pettersson . &bdquo;Auf das Spiel blicken wir dann dienstags im Deutschunterricht zurück", sagt der in Lügde wohnende Henke. Wie fiel denn das Fazit des mit 29:32 verlorenen Thüringen-Spiels aus? &bdquo;Wir sind nicht unseren Weg gegangen, und die Torhüterin von Thüringen war stark", meint Linnea Pettersson . Ganz im Norden Schwedens, in Kiruna , begann Pettersson mit Handball, zuletzt hatte sie zehn Jahre in Göteborg für IK Sävehof gespielt und war dort auch Kapitänin. 1700 Kilometer seien es von Göteborg bis in ihre Heimat Kiruna . Damit sie ihre Heimat nicht ganz vergisst, hat sie letztens Selbstgebackenes mit zum Deutschunterricht gebracht. &bdquo; Kladdkaka ", einen schwedischen Schokokuchen.

Rollenspiel Der Blick der Handballerin geht hinüber zu Hartwig Henke, der zum Abschluss noch ein Rollenspiel &bdquo;aus dem wahren Leben" (Henke) geplant hat. Diesmal geht es um einen Restaurantbesuch mit Begrüßung, Bestellung, Nachfragen und Bezahlen. Lediglich zu Anfang schaut Linnea Pettersson kurz auf ihre Zettel, auf dem entsprechende Textbausteine für Antworten zu finden sind. Sie ist fokussiert und konzentriert – und antwortet in sehr gutem Deutsch.

Zum Nationalteam In der nächsten Woche wird der Unterricht ausfallen müssen. Zunächst geht es für Pettersson mit der HSG am Samstag zum Pokalspiel beim Zweitligisten Füchse Berlin (19.30 Uhr, Sporthalle Charlottenburg). &bdquo;Ich weiß nicht viel über diese Mannschaft. Aber wir wollen natürlich gewinnen und gleichzeitig ein gutes Spiel zeigen." Direkt danach ist sie in der Nationalmannschaft gefordert. Im Heimspiel in Eskilstuna wartet am Donnerstag, 7. Oktober, in der EM-Qualifikation zunächst Island als Gegner. Am Sonntag, 10. Oktober, 17 Uhr, folgt die Auswärtspartie in der Türkei. &bdquo;Das Spiel ist also erst am Abend beendet, und ich bin erst Montagabend in Deutschland zurück", berichtet Linnea Pettersson , die dann am Mittwoch, 13. Oktober, mit der HSG in Neckarsulm aufläuft.

Tack s å mycket Mittlerweile zeigt die Uhr 11.55 Uhr. Die Schulstunde ist längst in die Verlängerung gegangen und das Interview mit dem Redakteur nun beendet. Der bedankt sich bei der Handballerin für das Gespräch. Halt. Wie heißt noch &bdquo;vielen Dank" auf schwedisch? &bdquo;Tack s å mycket ", entgegnet Linnea Pettersson bereits.

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