Stunden der Panik: Abiturient aus Minden flieht vor Flammen in Australien

Minden (mt). Den Surfurlaub hatte er sich ganz anders vorgestellt: Als Allegro Sprute vor Weihnachten von Düsseldorf aus nach Sydney startet, freut er sich auf die gemeinsame Zeit mit seiner ehemaligen Austauschfamilie. Mit den australischen Gastgeschwistern geht es nach Tomakin, einem kleinen Küstenort in New South Wales. Dort besitzt die Familie ein Strandhaus. &bdquo;Ich wollte noch einmal so richtig verschnaufen, bevor der Abiturstress beginnt", erzählt der 18-jährige Schüler des Ratsgymnasiums am Telefon. &bdquo;Aber das war wohl nichts." Die Auszeit wird zum Alptraum.

Die SMS kommt am Silvestermorgen (Ortszeit). &bdquo;Es ist zu spät, um zu gehen. Bitte versuchen Sie, in Ihren Häusern Schutz zu suchen." So übersetzt der Mindener die offizielle Nachricht der australischen Feuerwehr, automatisch gesendet an alle Betroffenen. &bdquo;Dass es auch hier so schlimm werden würde, hatte keiner geahnt", erzählt er. Während der Sommersaison sei immer mit Bränden zu rechnen, doch eigentlich gelten die Küstenregionen als sichere Zonen. Nun aber ist auch über Tomakin der Himmel rot vom Feuer. Der kleine Ort droht, von den Flammen überrollt zu werden.

Stunden der Panik Die Einwohner werden evakuiert, in Nachbarorten in Restaurants, Pubs und Privathaushalten untergebracht. Einige harren am Strand aus, müssen teilweise mit Surfbrettern aufs Meer hinaus paddeln, weil das Feuer bis ans Wasser herankommt.

Während in Deutschland die Sektkorken knallen, erlebt Allegro Stunden der Panik. &bdquo;Er rief mitten in der Nacht bei uns an", berichtet sein Vater Wolfgang Sprute. &bdquo;Sagte, er sei gerade der Feuerwelle entkommen, aber weiterhin eingeschlossen von den Flammen." Zu Hause in Minden bangen die Eltern um das Leben ihres Sohnes – in Australien versucht dieser, der unerträglichen Situation zu entkommen.

&bdquo;Man konnte kaum atmen, kaum etwas sehen vor lauter Asche", sagt Allegro. In den Nächten dann die Angst, im Schlaf von den Flammen überrascht zu werden. Allegros Gastbruder steht mehrfach auf und fährt die Straße hinab – um sicherzugehen, dass die Feuer noch unter Kontrolle sind. &bdquo;Am Fenster fuhren immer wieder Feuerwehrautos vorbei, das war einfach beängstigend", sagt Allegro.

Nur eine Autobahn nach Sydney Die Eltern in Deutschland auf dem Laufenden halten? Fast unmöglich, da es keine stabile Internetverbindung mehr gibt. Ins Auto springen und gen Sydney fliehen? Ebenfalls schier unmöglich. &bdquo;Es gibt nur eine Autobahn nach Sydney", erklärt Allegro. &bdquo;Und wenn die Flammen ihr zu nah kommen, wird sie sofort gesperrt." Nach drei Tagen dann endlich ein Hoffnungsschimmer: Ein Polizist gibt den jungen Leuten den Hinweis, dass die Straße in Kürze wieder geöffnet werden könnte. Es ist die einzige Möglichkeit, das Gebiet so schnell wie möglich zu verlassen.

Allegro und seine Gastgeschwister beladen sofort ihr Auto und fahren los. Es ist gerade 4.30 Uhr am Morgen. &bdquo;Wären wir etwas später losgekommen, wäre nichts mehr daraus geworden," so der 18-Jährige. Denn nach etwa einer Stunde wird der Streckenabschnitt wieder in beide Richtungen gesperrt.

Fünf Stunden später erreichen sie endlich die australische Metropole. Allegros ältere Gastgeschwister haben Wohnungen in der Stadt, in denen die Familie unterkommt. Für Erleichterung ist es aber noch zu früh: Am Wochenende erwartet der Südosten Australiens erneut hohe Temperaturen. Die Feuerwehr ist sich nicht sicher, ob sie alle Städte und Ortschaften vor den wandernden Flammen retten kann.

Unglaubliches Glück gehabt Für Allegro hat das Zittern dann zwar ein Ende, da sein Flug zurück nach Deutschland für den 4. Januar gebucht ist. Seine Gasteltern bangen jedoch weiter sowohl um ihr Strand- als auch um ihr Wohnhaus – genau wie etliche andere Australier.

&bdquo;Bisher haben wir unglaubliches Glück gehabt", resümiert Allegro. &bdquo;Das Feuer wurde kurz vor unserem Haus gestoppt. Etwa 50 Meter entfernt." Ein Lösch-Helikopter habe von oben Wasser hinab geschüttet. &bdquo;Andere Menschen haben schon so viel verloren", berichtet der Schüler, der über sein Unterrichtsmodell &bdquo;Lerne smart" mit J.C.C. Bruns zusammenarbeitet. &bdquo;Einige mussten vom Strand aus mit ansehen, wie ihr Haus niederbrannte. Und dann sind da vor allem die Feuerwehrleute, Anwohner und Tiere, die in den Flammen ihr Leben gelassen haben."

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