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Unbeliebte Auszeichnung: Dieses Unternehmen gewinnt zum dritten Mal

Moritz Trinsch

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Dreisteste Werbelüge: Diese fünf Lebensmittel standen zur Wahl. - © Foodwatch
Dreisteste Werbelüge: Diese fünf Lebensmittel standen zur Wahl. (© Foodwatch)

Der Negativpreis „Goldener Windbeutel“ der Verbraucherorganisation Foodwatch geht bereits zum dritten Mal an ein Lebensmittelprodukt von Alete. Bei einer Onlineabstimmung wählten rund 57 Prozent der etwa 56.000 Teilnehmer die „Obsties Erdbeer-Banane mit Joghurt“ zur dreistesten Werbelüge des Jahres.

Alete bewerbe den Fruchtsnack „für Kinder“ und nutze den Claim „ohne Zuckerzusatz“, kritisierte Foodwatch am Dienstag in Berlin. Dabei bestünden die Obsties zu 72 Prozent aus Zucker. Auch wenn es sich dabei ausschließlich um Zucker aus Früchten handele, sei dieser nicht gesünder als anderer Zucker.

Platz 1 bis 5: Das komplette Ranking im Überblick

Wie in jedem Jahr konnten Verbraucher wieder zwischen fünf Lebensmitteln wählen. So haben sie entschieden:

Platz 1: Alete bewusst Obsties Erdbeere Banane mit Joghurt (Humana Vertriebs GmbH)

Platz 1: Die getrocknete Früchte von Alete bewusst. - © Foodwatch
Platz 1: Die getrocknete Früchte von Alete bewusst. (© Foodwatch)

Die Kritik von Foodwatch:

Alete präsentiere sein Produkt „als kinderfreundlichen Snack“. Die Aussage „Ohne Zuckerzusatz“ lege eine gute Nährwertqualität nahe. Dabei besteht der Snack aus getrockneten Obststücken laut Foodwatch zu fast drei Vierteln aus Fruchtzucker. 72 Gramm Zucker kämen auf 100 Gramm.

„Dieses Produkt ist kein ausgewogener Snack, sondern eher eine Süßigkeit“, kritisieren die Verbraucherschützer und verweisen auf Kriterien der Weltgesundheitsorganisation, wonach Produkte mit so einem hohen Zuckergehalt gar nicht erst gegenüber Kindern beworben werden sollten.

Das fordert Foodwatch:

Besonders Kinder, die mit den Produkten direkt angesprochen werden, müssen geschützt werden. Foodwatch sieht die Politik in der Pflicht und fordert: „Lebensmittel, die laut WHO-Kriterien nicht für die Vermarktung an Kinder geeignet sind, dürfen nicht mit Comicfiguren oder ähnlichen kinderfreundlichen Motiven beworben werden.“

Der Fall mache einmal mehr deutlich, dass die Politik endlich handeln müsse. „Statt die Profitinteressen der Konzerne zu schützen, muss die Bundesregierung der Kindergesundheit oberste Priorität einräumen“, verlangt Foodwatch.

Das sagt das Unternehmen zum Negativpreis:

Alete selbst reagiert laut Foodwatch in einer Mail auf den Negativpreis. Darin habe das Unternehmen eingeräumt, dass es bei den Obsties zu einer „Aufkonzentrierung des natürlichen (Frucht-) Zuckers“ komme. Von einer Täuschung der Verbraucher könne indes nicht die Rede sein, da die Verpackung korrekt und transparent beschriftet sei.

Platz 2: Langnese Cremissimo Bourbon Vanille (Unilever)

Platz 2: Das Vanille-Eis von Langnese. - © Foodwatch
Platz 2: Das Vanille-Eis von Langnese. (© Foodwatch)

Die Kritik von Foodwatch:

Das Speiseeis „Langnese Cremissimo Bourbon Vanille“ ist nach Ansicht von Foodwatch „ein besonders dreistes Beispiel für Shrinkflation“ (gleicher Preis bei weniger Inhalt). Unilever, der britische Hersteller hinter dem Produkt, habe die Packungsgröße von 1.300 Milliliter auf 900 Milliliter reduziert, den Preis von 3,99 Euro aber beibehalten. Die Verbraucherorganisation spricht daher von einer Preiserhöhung von 44 Prozent.

Auf eine verbesserte Rezeptur könne diese versteckte Erhöhung nicht zurückzuführen sein. „Der einzige Unterschied: Tarakernmehl wird neu zugesetzt, ein billigeres Verdickungsmittel“, so Foodwatch. Auch die Verbraucherzentrale Hamburg erklärte das Vanilleeis im April 2024 bereits zur „Mogelpackung des Monats“.

Das fordert Foodwatch:

Reduziert ein Unternehmen die Größe seiner Verpackung, hält aber am alten Preis fest, so müsse das klar und für Verbraucher sichtbar gekennzeichnet werden, so Foodwatch.

Das sagt das Unternehmen:

Unilever reagiere mit dem reduzierten Inhalt „auf die steigende Nachfrage nach kleineren Produktvarianten in unserem Sortiment“, so das Unternehmen. Die 900-Milliliter-Packung diene als Lösung für Haushalte mit geringerem Eisbedarf oder kleineren Gefrierschränken. Die Preise seien zudem im gesamten Cremissimo-Sortiment „angepasst“ worden und berücksichtigten mehrere Faktoren, „darunter Rezepturverbesserungen und die Verwendung nachhaltiger Rohstoffe“.

Platz 3: Veganer Schinken Spicker Mortadella (Rügenwalder Mühle)

Platz 3: Der vegane Schinken-Spicker von der Rügenwalder Mühle. - © Foodwatch
Platz 3: Der vegane Schinken-Spicker von der Rügenwalder Mühle. (© Foodwatch)

Die Kritik von Foodwatch:

Für irreführend hält Foodwatch auch die Angabe „Auf Basis von Sonnenblumenkernen“ auf der Verpackung der veganen Schinken Spicker Mortadella vom Hersteller Rügenwalder Mühle. Das Produkt bestehe zu lediglich zwei Prozent aus Sonnenblumenprotein und zum Großteil aus Trinkwasser, Rapsöl und Bambusfasern. Daher müsse es eigentlich „Auf Basis von Rapsöl.“ heißen, so die Organisation.

Das fordert Foodwatch:

Um die „Verbrauchertäuschung zu verhindern“ müsse bei veganen Ersatzprodukten gut sichtbar und auf der Vorderseite der Verpackung die hauptsächlich ersetzende Zutat und ihr Anteil in Prozentzahlen benannt werden.

Das sagt das Unternehmen:

„Wir sehen in unserer aktuellen Deklaration keine Irreführung oder Täuschung der Verbraucher“, sagt Claudia Hauschild, Leiterin Unternehmenskommunikation, auf Nachfrage dieser Redaktion. Dennoch werde man bis Ende September die Packung überarbeiten.

Grund dafür ist, dass Verbraucher mittlerweile einiges über vegane Ersatzprodukte wissen und das Unternehmen sich deshalb dazu entschieden hat, nun explizit das Protein in dem Produkt in den Vordergrund zu stellen. „Dies muss jedoch nicht zwangsläufig die Zutat mit dem größten Mengenanteil sein“, so Hauschild.

Die neuen Produkte, wie die Abenteuer Mortadella für Kinder (ab vier Jahren), tragen bereits die angepasste Deklaration „mit Sonnenblumenprotein“. Auch bestehende Produkte wie der „Vegane Mühlen Burger Typ Rind“ und die „Vegane Mühlen Frikadellen Minis“ sind bereits entsprechend angepasst. Die Umstellung der Schinken Spicker Mortadella dauert dagegen noch, da vorhandene Verpackungen noch in größeren Mengen vorhanden sind und aufgebraucht werden sollen.

Platz 4: Pretty Little Meal Bar (Offset Nutrition)

Platz 4: Der "Mahlzeit"-Riegel von Pretty Little Meal Bar. - © Foodwatch
Platz 4: Der "Mahlzeit"-Riegel von Pretty Little Meal Bar. (© Foodwatch)

Die Kritik von Foodwatch:

Nominiert war außerdem der „Abnehmriegel“ „Pretty Little Meal Bar“ vom Hersteller Offset Nutrition. Dieser bewerbe seinen Riegel besonders in den sozialen Medien als „Hauptmahlzeitersatz“. Tatsächlich steckten darin fast fünf Zuckerwürfel, der Riegel bekäme laut Foodwatch den schlechtesten Nutri-Score E.

Zum Abnehmen eigne sich das Lebensmittel nicht. Er sei vielmehr „ein hochverarbeitetes Lebensmittel mit überwiegend ungünstigen Inhaltsstoffen und dem Zusatz von künstlichen Vitaminen und Mineralstoffen, um das Nahrungsmittel werbetechnisch bestmöglich vermarkten zu können“, so Foodwatch.

Das sagt das Unternehmen:

Das Unternehmen selbst hält an seinem Werbeversprechen fest. Der Riegel sei „kein einfacher Snack, sondern ein sorgfältig entwickeltes Mahlzeitersatzprodukt“, schreibt Famous-Brands-Geschäftsführerin Çagla Mothes auf Nachfrage von „Spiegel online“.

Es gebe konkrete Vorschriften, bis wann ein Lebensmittel als Mahlzeitersatzprodukt betitelt werden dürfe. Dazu zähle auch der Zuckergehalt, der sich an den Anforderungen orientiert, wodurch der „Meal Riegel“ „als gesunde Alternative für eine vollwertige Mahlzeit gelten“ dürfe“, so Mothes.

Zum schlechten Nutri-Score schreibt die Geschäftsführerin: „Ein Nutri-Score, der für Snacks und einfache Lebensmittel konzipiert ist, kann die Komplexität und den Nährwert eines solchen Produkts nicht adäquat widerspiegeln. Wir fügen Vitamine und Mineralstoffe hinzu, um sicherzustellen, dass unsere Produkte alle erforderlichen Nährstoffe liefern – dies ist keine Marketingstrategie, sondern eine Notwendigkeit, um den gesetzlichen Anforderungen der EU zu entsprechen.“

Platz 5: Heisse Tasse Champignon Creme (GB Foods Deutschland GmbH)

Platz 5: Die Heisse Tasse Champignon-Creme. - © Foodwatch
Platz 5: Die Heisse Tasse Champignon-Creme. (© Foodwatch)

Die Kritik von Foodwatch:

Bei der „Heisse Tasse Champignon Creme“ dreht sich der Vorwurf darum, dass nach Ansicht von Foodwatch zu wenig Gemüse enthalten ist. Auf der Packung seien frische Pilze abgebildet, zudem wird mit dem Schriftzug „mit echtem Gemüse“ geworben. „Doch ein Blick auf die Zutatenliste zeigt: Die Suppe enthält gerade einmal zwei Prozent Gemüse“, erklärt Foodwatch. Modifizierte Kartoffelstärke, Palmöl und Glukosesirup seien dagegen in großen Mengen verarbeitet worden.

Das fordert Foodwatch:

Foodwatch fordert mehr Transparenz: „Werden einzelne Zutaten eines Produkts werblich in Bild oder Text hervorgehoben, muss der Hersteller den Anteil, den diese Zutat im Produkt ausmacht, in Prozentzahlen auf der Vorderseite nennen – gut sichtbar direkt bei der werblichen Hervorhebung.“ Hier sei auch die Politik gefordert, da das Unternehmen derzeit eine Gesetzeslücke ausnutzt. Derzeit reiche es aus, die Angaben von prominent gezeigten Zutaten lediglich im Kleingedruckten aufzulisten.

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Das sagt das Unternehmen:

Schon bevor Foodwatch die Heisse Tasse kritisiert hat, habe sich das Unternehmen dazu entschieden, ein neues Design einzuführen, welches auch eine Veränderung des Claims und eine Neugestaltung der Vorderansicht des Produkts vorsieht. „In diesem neuen Design entfällt die von Foodwatch kritisierte Auslobung des Gemüseanteils und die Inhaltsstoffe im Zutatenverzeichnis werden noch genauer angegeben“, so das Unternehmen auf Nachfrage von „Spiegel online“.

Gleichzeitig weist das Unternehmen auf strenge gesetzliche Rahmenbedingungen hin und auf die Rückseite eine Verpackung, die weiterführende Informationen zum Produkt enthält. „Bei GB Foods halten wir uns streng an alle gesetzlichen Vorgaben und Regelungen, selbstverständlich auch im Bereich der Produktdeklaration“, sagt das Unternehmen.

Die Kritik der Organisation richtet sich dabei aber nicht allein an die Hersteller. Auch die Bundesregierung wird mit scharfen Worten zur Verantwortung gezogen. „Verbraucher werden abgezockt, weil in Berlin der politische Wille fehlt, gegen die weit verbreiteten Werbelügen im Supermarkt vorzugehen“, sagt Rebekka Siegmann von Foodwatch.

"Goldener Windbeutel": So haben die rund 56.000 Verbraucher abgestimmt. - © Foodwatch
"Goldener Windbeutel": So haben die rund 56.000 Verbraucher abgestimmt. (© Foodwatch)

Tipps für Verbraucher: Darauf sollten Sie achten

Verbraucher können sich selbst gegen die Tricks der Unternehmen schützen. Dafür aber ist sowohl im Supermarkt als auch in der privaten Küche Obacht geboten.

Grundpreise vergleichen

Die Angaben zum Preis pro Kilogramm geben bessere Aufschlüsse darüber, wie teuer die Produkte wirklich sind.

Mengenangaben und Rezepturen merken

Bei Lebensmitteln, die öfter in der eigenen Küche landen, lohnt es sich, sich die Mengenangaben und Rezepturen zu merken oder zu notieren.

Innovationen prüfen

Vorsicht ist geboten, wenn der Hersteller mit neuen Sorten, Maxigrößen oder neuer Rezeptur lockt. Hier lohnt sich ein genauerer Blick, da Veränderung oft nicht zum Vorteil des Verbrauchers sind.

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