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Kommentar

Attestpflicht vor den Schulferien: Kinderärzte beenden das Spiel zu Recht

Kinderarztpraxen sind überlastet, doch anstatt ihnen zu helfen, billigt die Landesregierung eine zusätzliche Belastung durch Schulen. Das kann so nicht weitergehen, mahnt unsere Autorin.

Volle Praxen, lange Wartezeiten, überlastete Teams und immer mehr verzweifelte Eltern, die nicht mal mehr einen Arzt für ihre Kinder finden. Die medizinische Versorgung der Jüngsten hat sich in Deutschland verschlechtert. Doch anstatt nun alles dafür zu tun, um Kinderarztpraxen zu entlasten, werden sie von Schulen mit Billigung der NRW-Landesregierung zusätzlich belastet. Wie immer, wenn Ferien anstehen, verhängen viele Schulen kurz davor und danach eine ärztliche Attestpflicht für Schüler, die im Unterricht fehlen. Die Begründung: Nur mit einem Attest können Schulen klären, ob ein Schüler wirklich krank ist oder, ob die Eltern mit der Krankmeldung nur die Ferien verlängern.

Eine rechtliche Grundlage gibt es für dieses Vorgehen nicht. Laut dem Schulgesetz NRW dürfen Atteste von Schülern nur in Ausnahmefällen verlangt werden. Als Anhaltspunkt für begründete Zweifel werden zwar auch Fehlzeiten unmittelbar vor und nach Ferien aufgeführt, aber es bedarf stets einer Einzelfallprüfung. Trotzdem verhängen Schulen eine pauschale Attestpflicht für alle Schüler, die fehlen.

Misstrauensvotum gegen alle Eltern

Das ist ein klares Misstrauensvotum gegen alle Eltern, das von der Landesregierung akzeptiert wird. Sanktionen werden seit Jahren nicht verhängt. Zudem belasten Schulen mit diesem Vorgehen die Kinderarztpraxen, denn es führt dazu, dass Ärzte Zeit für unnötige Untersuchungen verschwenden müssen. Eltern werden durch die Attestpflicht dazu gezwungen, ihre Kinder auch dann zum Arzt zu bringen, wenn dies gar nicht nötig ist. Das kostet Ressourcen, die Ärzte dringend für andere Patienten brauchen.

Die Kinderärzte in NRW beenden dieses Spiel nun zu Recht, denn es schadet der Versorgung von Kindern und führt nicht dazu, dass Eltern in Einzelfällen nicht auch weiterhin die Ferien eigenmächtig verlängern. Eine Attestpflicht erhöht zwar die Hemmschwelle für falsche Krankmeldungen, doch sie garantiert nicht, dass die angegeben Kopf- oder Bauchschmerzen nicht doch vorgespielt werden, um die Urlaubskasse der Familie zu schonen. Denn bei der Angabe solcher Symptome müssen Ärzte, ebenso wie Lehrer, auf die Worte ihrer Schüler vertrauen.

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