In der kindermedizinischen Versorgung war der RS-Virus im vergangenen Winter Staatsfeind Nummer Eins. Er ist der Erreger, wegen dem Babys und Kleinkinder im ersten Lebensjahr schon in normalen Zeiten am häufigsten ins Krankenhaus müssen. Doch nach all den fehlenden Kontakten und mit einem außer Übung geratenen Immunsystem hatten auch ältere Kinder heftig mit dem Atemwegsinfekt zu kämpfen.
Noch immer sprechen erfahrene Ärzte und Notfallmediziner für 2022/23 von der gravierendsten Infektwelle, die sie je erlebt haben; von völlig überlasteten Stationen, vom Kollaps. Teilweise mussten Säuglinge sogar hunderte Kilometer zum nächsten Intensivbett transportiert werden.
Weiterer Winter im Ausnahmezustand
Drei Jahre lang war es das wichtigste Ziel der Corona-Pandemie, eben diese Überlastung der Kliniken zu vermeiden. Seitdem wissen wir auch genau, welche kurzfristigen Beschlüsse, ja sogar Gesetzesänderungen in Deutschland dafür möglich sind. Im Fall RSV wäre gar nicht so viel Aufwand nötig. Man müsste die neue Prophylaxe nur zur Kassenleistung erklären, damit sie sich jeder leisten kann.
Stattdessen steuern wir auf einen weiteren Winter im Ausnahmezustand zu. Intensiv- und Notfallmediziner erwarten weitere heftige Infektwellen, auch mit RSV. Nicht nur die überlasteten Kliniken sind dann ein Problem. Denn auch fiebersenkende Mittel und Antibiotika für Kinder, die zu Hause betreut werden können, werden wieder nicht reichen. Kinder sind und bleiben somit die einzig vulnerable Gruppe, deren Schutz in diesem Land kaum jemandem etwas wert ist.