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Ukraine-Krieg: Es wird eng für das Opfer

Carsten Heil

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Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, nimmt an einer Pressekonferenz in der repräsentativen Residenz der norwegischen Regierung. - © Javad Parsa/NTB/dpa
Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, nimmt an einer Pressekonferenz in der repräsentativen Residenz der norwegischen Regierung. (© Javad Parsa/NTB/dpa)

Für die Ukraine wird es eng. Die europa- und weltpolitische Lage für sie trübt sich mehr als ein. Das hat diese Woche gezeigt. Da ist die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen zur EU nur ein schwacher Trost. Denn dieser Beschluss ist eher symbolischer Natur und richtet sich auf eine entfernte Zukunft. Wer weiß, was 2030 und danach überhaupt noch von dem Land, von dem Staat Ukraine übrig sein wird.

Russlands Präsident Wladimir Putin hat in seiner denkwürdigen Jahresend-Pressekonferenz am Donnerstag in der ihm eigenen zynischen Art deutlich gemacht, dass er die Ukraine angreifen wird bis zum Sieg. Das Land werde „neutralisiert“, „entnazifiziert“ und „entmilitarisiert“. Wenn nicht durch Verhandlungen, dann eben durch den militärischen Sieg Russlands. Was in westlichen Ohren wie Blödsinn klingt, meint der Kreml-Herrscher genau so, wie er es gesagt hat. Die westlichen Staaten haben seine Ankündigungen vor dem Überfall schon mehrfach nicht ernst genommen. Diese Fehler sollten sie nicht wiederholen. Genauso wie sich die Ukraine und der Westen von den riesigen Ressourcen Russlands weiterhin ein falsches Bild machen. Die Niederlagen und Verluste, das Scheitern des ersten großen Angriffs im Frühjahr 2022 beeindrucken Putin nicht. Er macht einfach weiter oder fängt wieder von Neuem an. Einfach weil er die Mittel hat. Er hat die Kriegswirtschaft dermaßen hochgefahren, dass der Ukraine und mit ihr den Nato Staaten schwindelig werden müsste. Letztere bekommen nicht mal eine Millionen Schuss Munition an den Start.

Gleichzeitig hat Putin mit dem Ungarn Viktor Orban einen von ihm abhängigen Vasallen gefunden, der die EU in der Ukraine-Hilfe mindestens bremst, wenn nicht sogar spaltet. Der verhinderte in Brüssel die von der Ukraine jetzt sofort dringend benötigte 50-Milliarden-Hilfe. Dagegen ist die Ankündigung von EU-Beitrittsverhandlungen für den Moment nebensächlich, wird von den Gremien aber überschwänglich gefeiert. Als hätten die es wie Traumtänzer noch nicht begriffen, worum es wirklich geht. Der eigentliche Gewinner des Brüsseler Gipfels ist Putin. Es wäre besser gewesen, Orban hätte die aktuelle Hilfe durch Abwesenheit durchgewinkt als die zukünftigen Beitrittsgespräche.

Und dann kommt das Desaster in Washington in dieser Woche dazu. Auch aus den USA kommt die Hilfe für das überfallene Land nur noch tröpfchenweise. Ein Milliardenpaket für Kiew haben die Republikaner im Kongress verhindert. Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte kurzfristig einen Video-Auftritt dort ab, weil er dessen Aussichtslosigkeit eingesehen hat. Es muss gar nicht das Szenario eines Wahlsieges Trumps bei den Präsidentenwahlen in einem Jahr bemüht werden, um sich zu sorgen. Schon heute ist es eng für die Ukraine - und es ist offen, was das für Europa bedeutet.

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