Vernichtender kann ein Urteil kaum sein als das des BDI-Präsidenten über die Blockade des Wachstumschancengesetzes durch die Union im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat. „Katastrophal“ nannte Siegfried Russwurm die Signalwirkung. Als schwierig bezeichnete er die Strategie der größten Oppositionspartei, die Zustimmung zu diesem Gesetzeskompromiss mit Forderungen zum Agrardiesel zu verknüpfen.
Die Strategie der Union unter dem Oppositionsführer Friedrich Merz knüpft offensichtlich an historische Vorbilder an. Als erster hatte der damalige CSU-Vorsitzende Franz-Josef Strauß Ende 1974 in Sonthofen als Blockade-Taktik vorgegeben, die damalige sozialliberale Koalition im Bundesrat in den „Staatsbankrott“ zu treiben. Ähnlich verhielt sich die SPD 1998 unter ihrem damaligen Vorsitzenden Oskar Lafontaine und versperrte dem Unionskanzler Helmut Kohl den Weg zu einer großen Steuerreform.
Selbst wenn man die Erfolgsaussichten solcher Strategie aus der Rückschau unterschiedlich bewerten muss – für die aktuellen Herausforderungen ist sie gänzlich ungeeignet. Das gilt schon für die Bewältigung der Folgen des russischen Krieges in der Ukraine. Es wird aktuell noch verschärft durch die Modernisierungslücken der deutschen Wirtschaft. Vollends abstrus wird es, wenn man auf die politische Struktur in den Parlamenten schaut: Anders als zu Strauß- und Lafontaine-Zeiten ringen dort nicht mehr vier oder fünf Parteien um Wähler-Mehrheiten, sondern sieben bis acht.
Merz hat keine einheitliche Blockade organisiert
Die sind in einer einheitlichen Blockade kaum zu organisieren, wie Oppositionsführer Friedrich Merz jetzt schmerzhaft lernt. Weder beim Wachstumsgesetz noch beim Krankenhaustransparenzgesetz stand seine geplante Länder-Front. Die Mehrheiten gegen seine Pläne waren sogar größer als erwartet. Sowohl Hessen als auch Berlin und Baden-Württemberg folgten ihm – trotz Unionsbeteiligung in der jeweiligen Länderregierung – nicht.
Immerhin stimmte NRW mit Merz gegen die Ampel. Dort werden nun die Grünen sicher noch intern klären, warum die Grünen-Fraktionschefin und Bielefelderin Britta Haßelmann für das Wachstumsgesetz des Grünen-Wirtschaftsministers Robert Habeck stimmte, die NRW-Grünen-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur aber mit CDU-Ministerpräsident Hendrik Wüst dagegen. Für die CDU indes dürfte die Kanzlerkandidatur nun zugunsten Friedrich Merz entschieden sein, Wüst scheint aus dem Rennen.
Ende März muss jetzt der Bundesrat neu entscheiden. Mehrheiten sind unklar, die Union befindet sich in der Sackgasse. Dem Land dient diese „katastrophale Signalwirkung“ nicht – da muss man dem BDI-Präsidenten wohl zustimmen.