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Rücktritt von Malu Dreyer: Mainzer Botschaften für eine erfolgreiche Ampel

Thomas Seim

Malu Dreyer (SPD), Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, kündigt am Mittwoch ihren Rücktritt an. - © Arne Dedert/dpa
Malu Dreyer (SPD), Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, kündigt am Mittwoch ihren Rücktritt an. (© Arne Dedert/dpa)

Es gibt tatsächlich noch Überraschungen in der Politik. Eine solche ist der Rückzug der SPD-Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Marie-Luise Dreyer. Ähnlich wie ihr Vorgänger im Amt, der ehemalige SPD-Vorsitzende Kurt Beck, gibt sie die Führung ihres Bundeslandes damit deutlich vor der nächsten Landtagswahl im Jahre 2026 weiter. Ähnlich wie Beck räumt Dreyer ihrem mutmaßlichen Nachfolger, dem bisherigen Landesminister für Arbeit und Soziales, Transformation und Digitalisierung, Alexander Schweitzer (SPD), viel Zeit zu eigener Profilierung an der Spitze des Bundeslandes ein.

Dreyer, die ihren Vornamen selbst auf „Malu“ verkürzte, weil ihr Marie-Luise zu bieder erschien, legt eine gemischte Bilanz vor. Die größte Oppositionspartei CDU, die offenbar von dem Schritt völlig überrascht wurde, bescheinigt der scheidenden Regierungschefin eine jahrelange Stillstandspolitik. Größere Kritik gab es auch an ihrem Krisenmanagement während der Flutkatastrophe im Ahrtal vor drei Jahren.

Gleichzeitig allerdings organisierte Dreyer in den vergangenen Jahren mit bisweilen sehr harter, aber auch sehr kommunikativer Führung eine erfolgreiche Ampel-Regierung mit den Grünen und der FDP. Zu ihrer eigenen aktuellen Halbzeitbilanz konnte sie so kürzlich mehr Lehrer und mehr Polizisten im Dienst denn je, Rekordbeschäftigung und Spitzenforschung im Land vorlegen. Bei den bislang letzten Wahlen dort reduzierte sie die rechtsextreme AfD 2021 um ein Drittel.

Wechsel könnte Signalwirkung für Berlin haben

Dreyer leidet seit sehr langer Zeit sichtbar an einer MS-Erkrankung. Sie habe, sagte sie nun, immer mit Leidenschaft Politik gemacht, komme aber jetzt an ihre Grenzen. Sie gehe mit schwerem Herzen, weil sie nicht amtsmüde sei, ihre Kraft aber nicht mehr ausreiche. Die Regierung aus SPD, Grünen und FDP führte sie mit Leidenschaft.

Diese Ampel-Regierung ist Chance und Herausforderung. Das gilt für den designierten Nachfolger Dreyers, der am 10. Juli von dieser bisher ruhig regierenden Koalition im Westen des Landes ins Amt gewählt werden soll. Es kann aber zugleich ein Wechsel mit Signalwirkung auch für die Bundesregierung in Berlin werden. Volker Wissing etwa, der Bundesverkehrsminister von der FDP, gehörte in seiner Zeit in Rheinland-Pfalz zu den stillen, aber effektiven Schmieden einer kooperativen Koalition.

Das ist eine Qualifikation, die im harten und bislang meist öffentlich ausgetragenen Streit der Bundesregierung um Verkehrsinvestitionen, Wirtschaftsförderung und soziale Sicherheit den Blick stärker auf eine friedliche Einigung lenken könnte. Bislang ist die unter der Berliner Glocke jedenfalls nicht ausreichend sichtbar. Ein Blick ins Land aufs Mainzer Beispiel könnte da helfen.

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