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SPD lässt die Umrisse ihres Richtungswahlkampfes erkennen

Thomas Seim

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). - © (c) Copyright 2024, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). (© (c) Copyright 2024, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten)

Seit etwa vier Wochen weiß man, dass Friedrich Merz für die Union als Kanzlerkandidat antritt. Seit dem Wochenende ahnt man, wie die SPD-Kanzlerpartei Olaf Scholz in den Wahlkampf führen will. Der neue Generalsekretär der Partei, Matthias Miersch, nennt es einen Richtungswahlkampf. Und das wird es wohl auch, wenn der Kanzler sich das Strategiepapier seines Parteivorstandes zu eigen macht.

Im Kern läuft der Konflikt zwischen der Merz-Union und dem SPD-Kanzler auf die nicht ganz neue Frage der sozialen Gerechtigkeit, der Teilhabe am Wohlstand des Landes und der Verteilung von Vorteilen hinaus. Während die Merz-Union ihr Hauptaugenmerk auf das Wohlergehen der Wirtschaft richtet und ihr die Sozial- und Umweltpolitik unterordnen will, setzt die SPD mit ihrem Kanzler im Schlepptau auf eine Steuerentlastung der arbeitenden Mittelschicht.

Beide geben gegensätzliche Antworten: Während die Sozialdemokraten die erforderlichen Finanzmittel für eine Entlastung von 95 Prozent der Bevölkerung, insbesondere der arbeitenden Mittelschicht, aus einer Belastung der Spitzenverdiener im Land holen will, deutet Merz an, auf die 2,8 Billionen Euro der Spar- und Giro-Konten der Menschen zugreifen zu wollen.

Es bräuchte starke Führungsfiguren

Mehr Richtungsunterschied geht kaum. Und schon jetzt scheinen die Blockade-Haltung der Union in der Opposition und die Politik der zerfahren regierenden Ampel kaum Interesse an einer auf Zukunft gerichteten Gemeinsamkeit der Demokraten zu haben. Dafür bräuchte es starke Führungsfiguren, hinter denen sich eine Mehrheit der Wählerinnen und Wähler – und der eigenen Partei – überzeugt versammeln kann. Oder mindestens eine solche Führungsfigur. Dies leisten aktuell weder der Kanzler noch sein Herausforderer.

Deshalb wird es am Ende auf die Mobilisierung der eigenen Anhängerschaft ankommen. Hier hat der SPD-Chef Lars Klingbeil mit der Berufung des Generalsekretärs Miersch für die SPD einen Schritt in die richtige Richtung für Einigkeit und Mobilisierung getan. Der Entwurf eines auf die Zukunft gerichteten Programms aber muss mehr konkrete Angebote der Modernisierung enthalten als das sechsseitige Strategiepapier. Ob und wie weit das dann trägt und Klingbeil eine gewinnbringende Außenwirkung verleihen wird, das hängt auch daran, wie sich die SPD in Partei und Fraktion in den kommenden Monaten dazu verhält und aufstellen wird.

Aber die Richtung ist festgelegt. Auch für den Kanzler. Wie ernst die Union und ihr Kandidat das nehmen, liest man in der ersten Reaktion. Er sei „schockiert“, ließ Merz vernehmen. General Miersch antwortete, Merz’ Ansatz sei einer aus der „ganz alten Mottenkiste“.

Vielleicht wird das kommende Wahlkampfjahr doch spannender als gedacht.

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