Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Gegen eine rechtsradikale Wende hilft nur die starke demokratische Führung

Thomas Seim

Ist eine Entwicklung wie in Österreich auch in Deutschland denkbar? - © dpa
Ist eine Entwicklung wie in Österreich auch in Deutschland denkbar? (© dpa)

Unter dem einen oder anderen vor einigen Wochen noch mehr oder weniger Top-Politikern geht bereits die erschreckende Angst um: Wenn – was angesichts des aktuellen Regierungsauftrags an die rechtsextreme österreichische FPÖ nicht völlig unmöglich scheint – auch in Deutschland die Mehrheit der Demokraten sich nicht mehr zu einer Regierungsbildung zusammenfindet, droht dann in vier Jahren die Machtübernahme der AfD? Drohen dann Internierungslager für die aktuelle politische Elite?

Alice Weidel, die Kanzlerkandidatin der rechtsextremen AfD in Deutschland, reagiert bereits. Der Zusammenbruch der Brandmauer gegen die FPÖ, ruft sie Friedrich Merz, ihrem Gegenkandidaten von der Union zu, solle eine Warnung sein. Das beschädige die Demokratie.

Darin steckt natürlich die Perversion, dass ausgerechnet die Chefin einer in ihrer Substanz radikal anti-demokratischen Partei, ausgerechnet der Partei des Gründungskanzlers dieser Republik vorhält, sie schade der Demokratie. Aber in der Tat deutet gerade die Merz-Wende im Staatsbürgerschaftsrecht weg vom Recht des Geburtsorts wieder stärker hin zum Recht der Abstammung eine neue Distanz und weniger Gemeinsamkeit der Demokraten in der politischen Mitte an.

Tiefe Verunsicherung der politischen Elite

In jedem Fall verbirgt sich hinter den Ereignissen in Österreich und den bevorstehenden Auseinandersetzungen des deutschen Wahlkampfes eine tiefe Verunsicherung der politischen Elite des Landes. Es fehlt eine Führung, die gegen die Frechheiten der Anti-Demokraten aufsteht, klare Haltung zeigt und ihnen nicht durch Hinterherlaufen zu unverdienten Konturen verhilft. Eine Führung, die bei aller Verschiedenheit der politischen Richtung im Detail klarmacht, dass die extremen Rechten und extremen Linken in Deutschland nicht die Mehrheit haben.

Empfohlener redaktioneller Inhalt


Wir bieten an dieser Stelle weitere externe Informationen zu dem Artikel an. Mit einem Klick können Sie sich diese anzeigen lassen und auch wieder ausblenden.

Externe Inhalte

Wenn Sie sich externe Inhalte anzeigen lassen, erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Weitere Hinweise dazu finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Selbst wenn die AfD von Frau Weidel zwischen 18 und 20 Prozent in den Umfragen verzeichnet, selbst wenn das BSW bis zu sieben Prozent gehandelt wird: Die Mehrheit ist das nicht. Die Mehrheit der Menschen und Wahlbürger in diesem Land steht für die demokratischen Werte der Bundesrepublik, das Recht auf Teilhabe am Wohlstand, für das Recht auf Arbeit, auf Gesundheit, auf Bildung und Freiheit – für das Recht auf ein lebenswertes Leben für alle.

Ja, sie steht auch für starke Sanktionen und Abschiebung von Islamisten und Straftätern aus anderen Nationen, die ihr Gastrecht missbrauchen. Aber diese Mehrheit steht zugleich gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, gegen die sogenannte Remigration, mit der Rechtsradikale Millionen Flüchtlinge schon bald abschieben oder in Internierungslager stecken wollen.

Starke Führungsfiguren würden auf diese Mehrheit vertrauen, statt der radikalen Schlichtheit hinterherzulaufen. Sie müssen es auch tun.

Copyright © Lippische Landes-Zeitung 2025
Inhalte von lz.de sind urheberrechtlich geschützt.
Weiterverwendung nur mit Genehmigung der Chefredaktion.