Das deutsche Sozialversicherungssystem ist kompliziert. Änderungen an der einen Stelle wirken sich meist auch an einer ganz anderen aus. Und bei all den Bemessungsgrenzen, Schwellenwerten und Höchstbeiträgen fällt es selbst Fachleuten schwer, den Überblick zu behalten.
Nun hat sich auch Robert Habeck in den Fallstricken verheddert. Am Sonntag forderte der grüne Kanzlerkandidat, Sozialabgaben auf Kapitalerträge einzuführen, um die Finanzierung des Gesundheitssystems zu verbessern.
Verbraucherschützer, Wirtschaftsvertreter und politische Konkurrenten warfen ihm daraufhin einen Angriff auf das Ersparte kleiner Leute vor. Denn darauf würde die Idee hinauslaufen: Privatversicherte und Gutverdiener oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze wären außen vor, belastet würden Durchschnittsverdiener, sofern sie über Zins-, Pacht- oder Mieteinnahmen verfügen. Schlägt der Grünen-Politiker also tatsächlich eine Reform zulasten der Mitte vor?
Grüne liefern keine Antworten
Natürlich nicht, versicherte die Parteizentrale tags drauf, man plane hohe Freibeträge für Kleinsparer. Der kommunikative Schaden war da längst angerichtet, zumal die Grünen weder konkrete Beträge oder sonstige Details nennen konnten.
Am Dienstag meldete sich Habeck selbst zu Wort und beteuerte, nicht nur Kapitalerträge belasten, sondern das gesamte System reformieren zu wollen. Über die Richtungsentscheidung müsse man reden, nicht über Spiegelstriche. Details könne ein Bürgerrat klären.
Habeck hat ein Problem benannt und eine Richtung für dessen Lösung vorgegeben. Das ist selbst in einem kurzen Bundestagswahlkampf zu wenig. Die Wählerinnen und Wähler haben ein Recht auf konkrete Lösungsvorschläge für konkrete Probleme. Gerade im Sozialversicherungsrecht sind Spiegelstriche keine Nebensächlichkeiten - sondern mitunter entscheidend. Das sollte der Vizekanzler wissen.