Grüne bremsen CDU und SPD aus – und es gibt noch mehr Hindernisse

Berlin. Als die Einigung da war mit der SPD, hat Friedrich Merz eine Nachricht auf einem Anrufbeantworter hinterlassen. Via Mailbox informierte er die Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann darüber, dass der Klimaschutz eine größere Rolle spielen könne in dem Finanzpaket. Eigentlich, fand Merz, müssten die Grünen da jetzt zustimmen. Pustekuchen.

Die Grünen nämlich sagen erstmal: Nein. Man empfehle den Grünen-Bundestagsabgeordneten, &bdquo;diesem Gesetzentwurf nicht zuzustimmen“, verkündet die zweite Fraktionschefin Katharina Dröge am Montag auf der Fraktionsebene des Reichstagsgebäudes. &bdquo;Aus unserer Sicht sind das nicht die Dinge, die der Lage angemessen sind.“

Neben ihr stehen ihre Co-Chefin Haßelmann, auch die Parteichefs Franziska Brantner und Felix Banaszak sind gekommen. Es ist die Botschaft an Union und SPD: Die Grünen stehen hier zusammen. Es ist wohl auch eine Botschaft, dass Dröge als erste spricht – sie hat Merz offenbar nicht angerufen, nachdem bei Haßelmann nur die Mailbox erreichbar war.

Union und SPD haben ein Problem Nach diesem Auftritt hat Merz ein Problem – und natürlich auch die CSU und die SPD, die mit ihm regieren wollen. Denn um das Finanzpaket, bestehend aus unbegrenzt mehr Geld für Verteidigung und 500 Milliarden Euro für Infrastruktur, wie geplant in den nächsten Tagen durch den Bundestag zu bringen, ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig. Und dafür braucht es nun mal die Grünen.

Die FDP, mit der das auch ginge, hat noch deutlich grundsätzlichere Bedenken. Kommt das Finanzpaket nicht, fehlt die Grundlage für einen großen Teil der schwarz-roten Sondierungseinigung.

So wie es bisher sei, planten SPD und Grüne eine Schatzkiste voller Spielgeld, mit denen dann Steuersenkungen, eine höhere Pendlerpauschale und Subventionen für Agrardiesel finanziert werden sollten, sagt Dröge. Sie bebt vor Empörung. &bdquo;Wir stehen nicht zur Verfügung, die Wahlversprechen von CDU, CSU und SPD zu realisieren“, bekräftigt Parteichefin Brantner. Endet die schwarz-rote Regierungsbildung also, kurz nachdem sie begonnen hat?

Wie CDU und SPD reagieren CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann bleibt ruhig. Die Grünen machten &bdquo;konstruktive Vorschläge“, die &bdquo;nicht lebensfremd“ seien, sagt er. &bdquo;Ich kann mir vorstellen, dass man zusammenkommen kann.“ Auch SPD-Chef Lars Klingbeil zeigt sich optimistisch: Er nehme die Bedenken der Grünen ernst und sei zuversichtlich, &bdquo;dass das gelingen kann“.

Ganz zugestoßen haben die Grünen die Tür nicht. Brantner sagt, es reiche nicht, Klima einfach als Stichwort ins Finanzpaket aufzunehmen, man brauche konkrete Finanzzusagen. Haßelmann warnt davor, die Grünen einfach nur mit dem Appell an die staatspolitische Verantwortung unter Druck setzen zu wollen. Dröge fordert eine echte Reform der Schuldenbremse, betont aber auch: &bdquo;Wir stehen zu Gesprächen zur Verfügung.“ Am Donnerstag soll der Bundestag erstmals über den Finanzplan beraten. Am selben Tag beginnen die Koalitionsgespräche, zehn Tage haben sich Union und SPD dafür vorgenommen.

Doch selbst wenn der Finanzrahmen von den Grünen abgesichert würde, hätten die Regierungspartner in spe da noch einige Hindernisse zu überwinden. Einsparungen soll es im Haushalt trotz zusätzlicher Schulden geben – immer ein Anlass für Streitereien. Die Union setzt hier auf den Posten Bürgergeld, dürfte da aber wohl eher keine sehr nennenswerten Summen erwirtschaften.

Uneinigkeit bei der Migrationspolitik Beim Thema Migrationspolitik scheint nicht alles so klar, wie bei der Sondierungseinigung behauptet wurde. Die Union will auch Asylbewerber künftig schon an der Grenze zurückweisen können. Die SPD hat ihre rechtlichen Bedenken beiseitegelegt, weil im Sondierungspapier versichert wird, dies werde &bdquo;in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn“ geschehen. Aber die Union versteht dies anders als die SPD offenbar nicht als Verpflichtung zum Konsens. Es sei mit Bedacht nicht von Zustimmung der Nachbarländer die Rede, sagt Vize-Fraktionschef Jens Spahn bei &bdquo;Table-Media“.

SPD-Chefin Saskia Esken entgegnet im Deutschlandfunk, der Versuch, in Europa &bdquo;mit dem Kopf durch die Wand zu gehen“, sei &bdquo;brandgefährlich“. Auch der Mindestlohn könnte noch zu Debatten führen. Denn zwar stehen 15 Euro als Zielmarke für 2026 im schwarz-roten Papier – aber zuständig bleiben soll die Mindestlohnkommission von Gewerkschaften und Arbeitgebern. Wie diese reformiert werden soll, um Entscheidungspatts wie bisher zu vermeiden, ist offen.

Bei der Rente freut sich die SPD über die Formulierung, man wolle das Rentenniveau sichern. Eine konkrete Haltelinie – derzeit bei 48 Prozent des Durchschnittseinkommens – ist allerdings im Sondierungspapier nicht erwähnt. Der Union-Wirtschaftsflügel sieht diese Höhe kritisch. Und auch eine &bdquo;große Pflegereform“ kündigen Union und SPD zwar an – wie sie aussehen wird, ist allerdings unklar. Um die Finanzsituation nachhaltig zu verbessern, kommen letztlich nur weitere Beitragserhöhungen oder Steuerzuschüsse infrage.

Aber erst mal geht es um die Grünen: Am Montagabend treffen Merz und Klingbeil mit den Grünen-Spitzen zusammen, physisch, ohne Anrufbeantworter.

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