Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Frankreichs neue Regierung startet in turbulente Woche

veröffentlicht

  • 0
Premier Lecornu hat gerade seine neue Regierung vorgestellt (Archivbild). - © Martin Lelievre/Pool AFP/AP/dpa
Premier Lecornu hat gerade seine neue Regierung vorgestellt (Archivbild). (© Martin Lelievre/Pool AFP/AP/dpa)

Der neuen französischen Regierung steht gleich zum Start eine politisch turbulente Woche bevor. Das gerade erst am Sonntagabend ernannte Kabinett muss sich in den ersten Tagen mit dem Haushalt für das hoch verschuldete Land befassen, außerdem droht schon in dieser Woche ein Misstrauensvotum der Opposition. Ob die Opposition damit Erfolg hat oder nicht, dürfte auch von der Regierungserklärung des am Freitag von Präsident Emmanuel Macron ins Amt zurückgeholten Premierministers Sébastien Lecornu abhängen.

Chaos um Fristen für Haushaltseinbringung

Eigentlich war erwartet worden, dass Lecornu am Montag einen Haushaltsentwurf ins Parlament einbringt. Dafür wäre aber eine Kabinettssitzung erforderlich. Und weil Präsident Emmanuel Macron am Montag zum Gaza-Gipfel nach Ägypten reist, wird die erste Sitzung des neuen Kabinetts erst am Dienstag organisiert.

Außenminister Barrot und die Chefs anderer Schlüsselressorts durften bleiben. (Archivbild). - © Adam Gray/FR172090 AP/dpa
Außenminister Barrot und die Chefs anderer Schlüsselressorts durften bleiben. (Archivbild). (© Adam Gray/FR172090 AP/dpa)

Die Zeit drängt: Werden Fristen nicht eingehalten, könnte Frankreich am Jahresende ohne verabschiedeten Haushalt dastehen, wodurch das finanziell angeschlagene Land unter zusätzlichen wirtschaftlichen Druck geraten würde. Gemessen an der Wirtschaftsleistung hat Frankreich mit 114 Prozent die dritthöchste Schuldenquote in der EU nach Griechenland und Italien. Auch die Staatsausgaben gehören zu den höchsten in Europa.

Auch der erst kürzlich ernannte Wirtschaftsminister Lescure behält sein Amt. (Archivbild) - © Katharina Redanz/dpa
Auch der erst kürzlich ernannte Wirtschaftsminister Lescure behält sein Amt. (Archivbild) (© Katharina Redanz/dpa)

«Eine Übergangsregierung wird ernannt, um noch vor Jahresende einen Haushalt für Frankreich vorzulegen», sagte Lecornu. «Nur eines zählt: das Wohl des Landes.» In vielen Schlüsselressorts gab es keinen Wechsel. So bleiben Außenminister Jean-Noël Barrot, Justizminister Gérald Darmanin sowie Wirtschafts- und Finanzminister Roland Lescure auf ihren Posten. Die bisherige Arbeitsministerin Catherine Vautrin wird Verteidigungsministerin und der Pariser Polizeipräfekt Laurent Nuñez Innenminister.

Misstrauensvotum droht

Die massive Politikkrise in Frankreich ist mit der zweiten Ernennung einer Regierung binnen einer Woche und der Rückkehr des zurückgetretenen Premiers noch lange nicht beendet. Obwohl Lecornu bei Beratungen mit den Parteien auf Kompromisse zum Wohle des Landes in einer äußerst prekären Situation pochte, kündigten die Linkspartei La France Insoumise (LFI) und das rechte Rassemblement National (RN) bereits einen Misstrauensantrag an.

Ob Lecornu die Abstimmung übersteht, die schon diese Woche auf ihn zukommen könnte, ist offen. Die Sozialisten wollten die neue Regierung nur dulden, wenn Lecornu weitreichende Zugeständnisse macht. Mit der unter Zeitdruck erfolgten Regierungsbildung vollzog Lecornu auf jeden Fall nicht den vom linken Lager verlangten Ruck nach links. Die Regierung behält ein Mitte-Rechts-Profil. Die Konservativen erklärten, sich an der Regierung nicht mehr zu beteiligen, sie aber bei Gesetzesvorhaben unterstützen zu wollen.

Macron massiv in der Kritik

Ein gelungener Neustart Lecornus wird auch als Macrons letzte Chance angesehen, seiner bis 2027 laufenden zweiten Amtszeit neuen Schwung zu verleihen. Er ist in der jüngsten Krise verstärkt in die Kritik geraten. Die Opposition fordert seinen Rücktritt und auch in den eigenen Reihen macht sich Unmut breit.

Auf die Regierung kommt in dieser Woche neben dem Haushalt ein weiteres Streitthema zu, zu dem sich der Premier in seiner Regierungserklärung eindeutig verhalten muss - die umstrittene Rentenreform. Auf Druck des linken Lagers hat Präsident Macron zwar eine Verzögerung von Teilen seiner 2023 durchgedrückten Reform in Aussicht gestellt. Der Opposition reicht das aber nicht. «Alle Debatten sind möglich, wenn sie einen realistischen Rahmen haben», sagte Lecornu.

Copyright © Lippische Landes-Zeitung 2025
Inhalte von lz.de sind urheberrechtlich geschützt.
Weiterverwendung nur mit Genehmigung der Chefredaktion.