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Meinung

Das Weihnachtsgeschenk: Bei allen Problemen leben wir im Luxus

Man möchte die Kriege und Krisen in der Welt einfach mal vergessen. Sie wenigstens über Weihnachten aus dem Kopf bekommen. Die großen nationalen Probleme gleich mit: Wie sicher ist unser Sozialsystem, wie lange hält unsere Wirtschaft die Konjunkturschwäche noch aus, wie widerstandsfähig ist unsere Demokratie gegen die Angriffe von Populisten und Extremisten? Ist ja nicht so, dass man keine eigenen Sorgen hätte. Welche Freude, einmal unbelastet mit Familie und Freunden zusammenzukommen, das Essen zu genießen, Stress abfallen zu lassen. Und innezuhalten, geprägt vom Glauben oder von einer langen Tradition.

Nun sind Feiertage keine Garantie dafür, dass es im Kleinen besser funktioniert als im Großen. Gerade auf Weihnachten liegt in manchem Zuhause kein Segen. Im schlimmsten Fall endet die Zeit ohne Schule, Arbeit und Alltag – und damit ohne Korrektiv oder Hilfe von außen – in Gewalt. Vor allem Frauen werden zu Opfern. Einen nicht hoch genug zu schätzenden Dienst an der Gesellschaft leisten auch an diesen Tagen Polizei, Feuerwehr, Ärzte, Seelsorger. Für viele sind sie die Rettung.

Dagegen harmlos, wenngleich trotzdem belastend, sind Streitigkeiten zwischen Familienmitgliedern, die sich das ganze Jahr nicht sehen und jetzt gleich mehrere Tage miteinander verbringen sollen. Die einen mögen sich nicht, die anderen hoffen dennoch auf Harmonie. Die einen möchten keinen Tannenbaum aufstellen, die anderen davor aber „O Tannenbaum” singen. Die einen wollen in die Kirche, die anderen fernsehen. Und am Ende kommt es zu politischen Grundsatzdebatten. Die Erwartung an das Weihnachtsfest ist oft zu hoch und damit die Enttäuschung groß.

Sich der eigenen Lage bewusst werden

Vielleicht ist es doch angebracht, sich die Lage derjenigen Menschen zu vergegenwärtigen, die nichts von alledem haben, was in Deutschland möglich ist. „Stille Nacht, heilige Nacht?“

Nicht einmal darauf kann die Ukraine hoffen, die der russische Kriegstreiber Wladimir Putin unaufhörlich bombardiert. Zusammen sein? Töchter sind mit ihren Kindern ins Ausland geflohen, Mütter weinen am Grab ihrer Söhne, Kinder vermissen ihre Väter, Männer erleiden Tod und Folter. Schulen, Geschäfte, Stromversorgung? In die Luft gesprengt. Und eine schwächelnde Europäische Union, die nicht geeint gegen Moskau steht.

Auf die Kriege in der Welt schauen

Die von der Hamas am 7. Oktober 2023 entführten israelischen Geiseln, die das Martyrium im Gazastreifen überlebt haben, sind zwar wieder zu Hause. Aber ob oder wie sie und ihre Familien und ihre Landsleute je wieder inneren Frieden finden werden, ist offen. Von einem Frieden zwischen Israel und einem noch zu gründenden Staat Palästina ganz zu schweigen. In Gaza hungern und frieren die Menschen und leben in Zelten. Die terroristische Hamas verbreitet derweil weiter ihren Hass gegen Israel und findet antisemitische Unterstützer auch in Deutschland, wo das Leben für Juden auf schändliche Weise gefährlicher wird.

Aus dem Sudan werden Kriegsverbrechen sowohl der RSF-Milizen als auch der SAF-Streitkräfte gegen die eigene Bevölkerung gemeldet. Von anderen Krisen hören wir oft gar nichts, weil die USA unter Donald Trump täglich die eigene ehrwürdige Demokratie attackieren und Ängste vor neuen Kriegen schüren. Werden die Vereinigten Staaten Venezuela angreifen? Wird Trump sich Grönland einverleiben, das zu Dänemark gehört? Was macht die Nato dann? Wird sie sich ähnlich spalten wie die EU? Wird China in diesem Schatten Taiwan einnehmen und Putin Europa ins Visier nehmen?

Einmal auf die Brennpunkte in der Welt geschaut, wirkt ein Weihnachtsmarkt in Deutschland doch fröhlich und beschaulich. Wir trinken Glühwein und essen Bratwurst. Und wir haben Frieden. Welch ein Geschenk. Frohe Weihnachten!

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