Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Friseur

Beim Haareschneiden Schildkröten sehen

Sich um rund 70 Schildkröten zu kümmern und gleichzeitig einen Meisterbetrieb als Friseur zu leiten, ist keine Kleinigkeit - doch Friseur Axel Meier aus Ennepetal hat beides an einem Ort vereint. Direkt hinter dem Friseursalon beginnt das private Domizil des Schildkröten-Experten - und auch das seiner Tiere.

Seine erste Schildkröte aus Plastik bekam Meiers mit vier Jahren, die erste lebende, eine griechische Landschildkröte, mit elf Jahren. «Schon als Kleinkind habe ich lieber Insekten gesammelt, als Fußball zu spielen», sagt der 56-Jährige über seine Leidenschaft. Das Wissen eignete er sich durch Bücher und den Besuch von Tagungen an. Zuvor hatte die «Bild»-Zeitung über den Friseur und Schildkröten-Experten berichtet.

Links zum Thema

Um dem stressigen Arbeitsalltag im Betrieb zu entfliehen, muss Meier nur eine Treppe herunter gehen und ist im Garten bei seinen Tieren. So kann er sich auch in kurzen Pausen zwischen Terminen mal eben ums Füttern oder um eine kleine Reinigung kümmern.

Seit 32 Jahren ist Meier selbstständiger Friseur. Seit 2000 besitzt er ein Haus, und hat seitdem seinen Bestand aus unter anderem Sporn-, Wasser- oder Steppenschildkröten durch Kauf oder Brut ausgebaut. Auch bedrohte Arten sind dabei, wie die Chinesische Altwelt-Sumpfschildkröte. Meier besitzt mehrere Gehege, ein beheiztes Schildkrötenhaus sowie zwei Gewächshäuser. Auch im Haus und sogar im Friseursalon befinden sich Becken und Terrarien. So können die Tiere auch im Winter frostfrei unterkommen. «Jedes Tier hat hier seinen eigenen Lebensraum.»

Seine Kunden können die Schildkröten auch live erleben. Meier wirbt für den Schwung seiner Tiere: «Früher galten sie als langweilig. Jetzt weiß man, sie wurden nicht auf Betriebstemperatur gehalten.» Klar sei aber auch: Er biete keinen Zoo und keine Auffangstation an.

Meier ist in drei Fachverbänden für Schildkrötenhalter vernetzt, besitzt einen Sachkundenachweis und hält Vorträge. In Sansibar, der zu Tansania gehörigen Insel, beteiligt er sich seit 2018 an einem Projekt in einem Reptilienzoo. Gefährdete Schildkröten sollen dort geschützt werden, Bauernfamilien wird durch das Projekt ein Einkommen ermöglicht. Meier arbeitet beratend mit und ist selbst häufiger vor Ort. «Ich konnte die Betreiber durch mein Wissen beeindrucken und wurde Kurator», berichtet er. Jetzt hilft der 56-Jährige dabei, die Rahmenbedingungen für die Brut seltener Arten zu verbessern.

Dass ihn manche seiner Schildkröten bei weitem überleben werden, ist Meier bewusst. Das älteste Tier ist 60 Jahre alt - und könnte 100 werden. Für diesen Fall ist vorgesorgt: Laut einem Schriftstück haben drei enge Vertraute in der Hand, wie es mit den Tieren dann weitergehen soll.

Copyright © Lippische Landes-Zeitung 2025
Inhalte von lz.de sind urheberrechtlich geschützt.
Weiterverwendung nur mit Genehmigung der Chefredaktion.