Nach dem Startschuss für das Bewerbungsverfahren um einen zweiten Nationalpark in NRW haben die Kreise zurückhaltend auf den Vorstoß der Landesregierung reagiert. Die Regierung hatte vergangene Woche eine Liste von potenziellen Gebieten für einen neuen Nationalpark veröffentlicht. Fast alle betroffenen Kreise reagierten überrascht, teilweise zeigten sie sich auch skeptisch. In den politischen Gremien könnten manche Bewerbungen in den kommenden Wochen bereits beerdigt werden.
NRW-Naturschutzminister Oliver Krischer (Grüne) sagte dagegen am Mittwoch, er sei «sehr optimistisch» angesichts der ersten Interessenbekundungen. Krischer warnte im Umweltausschuss des Landtags vor einem Zerreden der Nationalpark-Idee. Ein zweiter Nationalpark neben dem in der Eifel sei «eine große Chance für den Naturschutz in NRW».
Er werde zudem benötigt, um die Biodiversitätsziele zu erreichen. «Wir wollen allen Regionen die Chance geben, darüber zu diskutieren.» «Es gibt auch keinen Anlass, sich zu echauffieren», sagte Krischer. Der Nationalpark werde nicht gegen die Kommunen ausgewiesen: Die Kreise müssen einen Antrag auf Ausweisung von Gebieten zum Nationalpark stellen, betonte Krischer. Anders gesagt: Sie müssten sich bewerben.
Die Frage aus der SPD-Opposition, was eine Verweigerung einzelner Kreise für Folgen habe, nannte Krischer theoretisch: Der Nationalpark müsse bestimmte Kriterien erfüllen. Die Kreise hätten unterschiedliche Anteile an den potenziellen Gebieten. Den Vorwurf aus der FDP, der Umweltausschuss habe bislang keine Informationen über das Verfahren erhalten, nannte Krischer «schlicht nicht zutreffend».
Vergangene Woche hatten das Umwelt-, Wirtschafts- und das Landwirtschaftsministerium bei einer gemeinsamen Pressekonferenz den Startschuss für das Bewerbungsverfahren gegeben. Zunächst kann man unverbindlich sein Interesse bekunden. Als Input veröffentlichte das Land aber schon mal eine Karte mit sechs Regionen, die man als besonders geeignet sieht.
Reichswald:
Der Landrat im Kreis Kleve, Christoph Gerwers, zeigte sich direkt nach der Pressekonferenz der Landesregierung «überrascht». Man werde vor einer möglichen Bewerbung «sorgsam abwägen müssen, welche Vorteile und welche Nachteile mit der Ausweisung des Reichswalds als Nationalpark verbunden» wären. Es könnte «sicherlich ein schwieriger und emotionaler Prozess werden», so der Landrat.
Egge:
Um einen möglichen «Nationalpark Egge» wird vor Ort schon lange debattiert. Es gibt bereits einen Förderverein, Naturschutzvereine sprechen sich für einen Nationalpark aus. Es existiert aber auch massiver Gegenwind - unter anderem lehnen die CDU und die FDP im Kreis Höxter einen Nationalpark ab. Die Liberalen haben das Thema auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Kreistags am 5. Oktober gehievt. Der Kreistag Paderborn - der ebenfalls betroffen ist - reist am 22. September in den nordhessischen Nationalpark Kellerwald-Edersee, um sich ein Bild zu machen.
Arnsberger Wald:
Gemeinsam mit dem Hochsauerlandkreis, den Kommunen und den am Naturpark Arnsberger Wald beteiligten Interessensgemeinschaften will der Kreis Soest laut einer Sprecherin «sorgsam abwägen», welche Vorteile und Nachteile ein Nationalpark hätte. Noch könne man daher nicht sagen, ob und wie sich der Kreis Soest im «weiteren Verfahren einbringt».
Ebbegebirge:
Der Märkische Kreis, in dem in Teilen das Ebbegebirge liegt, war nach eigenen Angaben überrascht vom Vorstoß der Landesregierung. «Eine Meinungsbildung steht erst am Anfang», so ein Sprecher. Der benachbarte Kreis Olpe will sich laut einer Sprecherin «mit den Vorschlägen der Landesregierung zeitnah fachlich auseinandersetzen». Neben Fachleuten wolle man auch die Bürger «sowie insbesondere die gegebenenfalls betroffenen Grundbesitzerinnen und Grundbesitzer in einen ergebnisoffenen Austausch» einbeziehen.
Rothaarkamm:
Der Rothaarkamm mit seinem Wisent-Projekt, Deutschlands einziger freilebender Wisent-Herde, wäre eigentlich ein idealer Kandidat als Nationalpark. Damit hätte das Land die Verantwortung für die Tiere, um die es immer wieder Ärger wegen Entschädigungen für verursachte Schäden mit privaten Waldbesitzern gibt. Aber: Die Kreisverwaltung ist laut einer Sprecherin offen, aber auch «skeptisch ob diese Region im südlichsten Westfalen, die gleichzeitig eine der stärksten Wirtschaftsregionen in Nordrhein-Westfalen ist, tatsächlich hierfür geeignet ist.» Unter anderem würden damit potenzielle Flächen für Windkraft wegfallen. Der Kreistag soll bereits am 22. September entscheiden, wie es weitergeht.
Hürtgenwald:
Das Gebiet liegt im Kreis Düren, der schon am ersten nordrhein-westfälischen Nationalpark beteiligt ist - und wenig Elan für einen zweiten zeigt: «Derzeit gibt es keine konkreten Überlegungen seitens des Kreises Düren, neben dem schon bestehenden Nationalpark Eifel einen weiteren zu schaffen», so ein Sprecher des Kreises: «Allerdings steht der Kreis Anregungen und Planungen grundsätzlich offen gegenüber.»
Die SPD hatte das Thema Nationalpark noch kurzfristig auf die Tagesordnung des Umweltausschusses im Landtag gehoben. CDU und Grüne hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag für die Schaffung eines zweiten Nationalparks ausgesprochen.