Kommunen in Nordrhein-Westfalen können ab dem Jahr 2024 leichter gegen Schottergärten vorgehen. In der zum ersten Januar wirksam werdenden neuen Landesbauordnung ist ein schon länger geltendes Verbot nicht begrünter Gartenflächen präziser gefasst worden: Schotterungen und Kunstrasen sind zur Gestaltung von Gartenflächen nun wörtlich ausgeschlossen. «Damit wird es einerseits schwer werden, überhaupt noch neue Schottergärten anzulegen. Andererseits können Kommunen den Rückbau bestehender Schottergärten einfacher durchsetzen», erläuterte Andrea Wegner von der Verbraucherzentrale NRW der Deutschen Presse-Agentur. Die Biologin ist Fachreferentin für das Verbrauchenzentralen-Projekt «Mehr Grün am Haus».
Auch der Städte- und Gemeindebund in Nordrhein-Westfalen sieht in der neuen Regelung ein «deutliches Signal an Bürgerinnen und Bürger, dass Schottergärten keine Option sind», wie NRW-Hauptgeschäftsführer Christof Sommer mitteilte. Ob die Kommunen das Verbot nun durchsetzen, entscheide sich im Einzelfall vor Ort. «Mit dem flächendeckenden Aufbau einer Gartenpolizei rechne ich nicht», so Sommer. Die Kommunen hätten gute Erfahrungen mit Aufklärung und Förderprogrammen gemacht.
Bereits das bestehende Gesetz sah vor, dass nicht überbaute Grundstücke wasseraufnahmefähig gestaltet und begrünt werden müssen, erklärt Expertin Wegner. «Weil Schottergärten diese Merkmale nicht haben, sind sie also faktisch schon lange verboten», so Wegner. Entsprechend seien viele Kommunen in Nordrhein-Westfalen seit mehreren Jahren bereits aktiv, Schottergärten zu verhindern. «Die meisten versuchen Anreize zu setzen, die Kies- und Schotterflächen zu ersetzen oder zu verhindern, etwa durch Förderprogramme für Entsiegelungsmaßnahmen, Aufklärungskampagnen oder Wettbewerbe», sagte Wegner.
Einige Kommunen hätten auch bereits Schottergartenbesitzer zum Rückbau aufgefordert - nicht selten mit erheblichen Diskussionen bis hin zu juristischen Auseinandersetzungen. «Dann wurde argumentiert, man habe unter dem Kies wasserdurchlässige Vliese verwendet und hier und da auch Pflanzungen vorgenommen», erklärt Wegner. Mit der Gesetzeskonkretisierung könnten Grundstücksbesitzer und -besitzerinnen den Sachverhalt nun leichter nachvollziehen, so Wegner. «Mit der Präzisierung lassen sich von vorneherein Rechtsstreitigkeiten unterbinden, die die Bauaufsichtsbehörden möglicherweise in der Vergangenheit abgeschreckt haben.»
Der Städte- und Gemeindebund befürchtet, dass es weiterhin Diskussionen geben wird: Das Gesetz bleibe stellenweise zu vage und räume den Kommunen nicht mehr die Möglichkeit ein, mit eigenen Satzungen die Gartengestaltung klarer zu regeln, kritisiert Sommer.
Tatsächlich gibt es aber - etwa beim Verwaltungsgericht Minden - bereits auf alter Gesetzesgrundlage Rechtsprechung, die einen Rückbau für verhältnismäßig erachtet. So hatte der Kreis Gütersloh erfolgreich durchgesetzt, dass die Eigentümer eines Mehrfamilienhauses die Schotterung um das Gebäude entfernen und die Fläche stattdessen bepflanzen muss - das Urteil ist seit Sommer rechtskräftig.
Bei der Diskussion um Schottergärten geht es dabei um viel mehr als Geschmacksfragen, betont die Biologin Wegner. Insbesondere an heißen Sommertagen heizen sich die Steine so stark auf, dass sie noch nachts Hitze abgeben und das Mikroklima in der Stadt beeinträchtigen. Grüne Vorgärten dagegen bieten Lebensraum für Tiere und Pflanzen und fördern so die Artenvielfalt.
Außerdem könne Regenwasser leichter versickern und die Grundwasserspiegel auffüllen - damit dient ein Schottergartenverbot auch dem Schutz vor Überflutungen. «Argumente Schottergärten zurückzubauen, gibt es genug - gerade im dicht bebauten NRW mit seinem hohen Versiegelungsgrad», sagt Wegner. Mit der richtigen Gestaltung, etwa als naturnaher Steingarten oder mit vielen Stauden und Gehölzen, gebe es auch pflegeleichte und klimaangepasste Alternativen.