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NRW schickt Polizisten auf Schulhöfe – Pilotprojekt startet

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NRW startet ein Pilotprojekt gegen Gewalt an Schulen. Es gehe um eine Zusammenarbeit zwischen Polizei und Schulen, sagte Schulministerin Dorothee Feller (CDU). (Archivbild) - © Oliver Berg/dpa
NRW startet ein Pilotprojekt gegen Gewalt an Schulen. Es gehe um eine Zusammenarbeit zwischen Polizei und Schulen, sagte Schulministerin Dorothee Feller (CDU). (Archivbild) (© Oliver Berg/dpa)

Polizisten auf dem Schulhof und im Unterricht: Mit einem neuen Konzept zur Gewaltprävention will die Landesregierung die Sicherheit an Schulen stärken. Ziel sei es, Gewalt vorzubeugen, das Vertrauen in die Polizei zu stärken und Lehrkräften Sicherheit beim Umgang mit Aggressionen und Konflikten zu geben, teilten das Schul- und das Innenministerium mit.

Konkret gehe es um eine Kooperation zwischen der Polizei und den Schulen, sagte Schulministerin Dorothee Feller (CDU) im WDR 2. Lehrkräfte sollten durch Deeskalationstrainings gestärkt werden. Das Training soll dabei helfen, verschiedene Gewaltformen zu erkennen, in Stresssituationen ruhig zu kommunizieren und Techniken zur Konfliktvermeidung und -entschärfung anwenden zu können.

NRW will Gewalt an Schulen mit einem neuen Präventionskonzept eindämmen. (Archivbild) - © Federico Gambarini/dpa
NRW will Gewalt an Schulen mit einem neuen Präventionskonzept eindämmen. (Archivbild) (© Federico Gambarini/dpa)

Zweite Säule sei eine gemeinsame Unterrichtseinheit eines Polizeibeamten und einer Lehrkraft in siebten Klassen, sagte Feller mit Blick darauf, dass die Strafmündigkeit ab einem Alter von 14 Jahren beginnt. Geplant seien in den Klassen etwa Rollenspiele zum Umgang mit Gewalt.

Polizisten auf Schulhöfen

Außerdem sollten die Polizisten auch auf Schulhöfe gehen, sofern die Schulen das wollten, und mit Schülerinnen und Schülern ins Gespräch kommen. Durch ihre Anwesenheit sollten die Polizeikräfte Vertrauen aufbauen und könnten vielleicht auf dem Schulhof auch «ein Stück weit deeskalierend wirken», sagte Feller. «Wir beobachten ja, dass die Gewalt in der Gesellschaft zunimmt, und Schule ist immer ein Spiegelbild der Gesellschaft», so die Ministerin. «Daher haben wir unter jungen Menschen eben auch eine Zunahme der Gewalt und damit auch an Schulen.»

Auch Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte: «Immer mehr junge Menschen neigen zu Gewalt.» Die Polizei auf Schulhöfen und im Unterricht solle mehr Sensibilität für das Thema schaffen. «Wir müssen frühzeitig ansetzen, um Schülerinnen und Schülern zu zeigen, wie sie Konflikte gewaltfrei lösen können.» Nur so sei eine Wende in der Kinder- und Jugendkriminalität zu erreichen.

Messerangriff in Essen hatte für Entsetzen gesorgt

Anfang September war an einem Essener Berufskolleg eine Lehrerin mit einem Messer attackiert und schwer verletzt worden. Der mutmaßliche Täter – ein 17 Jahre alter Schüler – wurde später gefasst. Die Bundesanwaltschaft übernahm die Ermittlungen. Demnach soll der junge Tatverdächtige einer islamistisch-dschihadistischen Ideologie anhängen.

Das neue Präventionskonzept «miteinander.stark.sicher – gemeinsam für eine gewaltfreie Schule» wird laut Feller zunächst als einjähriges Pilotprojekt an 20 Schulen in NRW erprobt. Dann werde entschieden, ob es nachgebessert oder einfach eingeführt werde. Feller wies Kritik zurück, dass Schulen durch Polizei künftig kontrolliert werden sollten. «Das ist keine Kontrollfunktion, eindeutig nicht, sondern es geht hier wirklich um Prävention.»

Parteien und Verbände reagieren positiv

Die Grünen als Koalitionspartner der CDU in NRW sowie Bildungsverbände begrüßten das Gewaltpräventionskonzept. Mit der Unterstützung durch Polizei und pädagogische Fachkräfte könnten Kinder und Jugendliche besser befähigt werden, Konflikte friedlich zu lösen und gestärkt in ihre Zukunft zu gehen, so die Grünen-Landtagsfraktion.

Auch der SPD-Oppositionsführer im Landtag, Jochen Ott, sagte: «Wir unterstützen jede Initiative, die dazu beiträgt, die zunehmende Gewalt an unseren Schulen konsequent zurückzudrängen.» Das Modellprojekt des Landes baue auf bereits etablierte Strukturen auf. «Vielerorts herrscht bereits ein enges Vertrauensverhältnis zwischen Schulen und Bezirkspolizisten.»

SPD: Mehr Rückendeckung für disziplinarische Maßnahmen

Genauso wichtig sei es aber, konsequent gegen die Ursachen der zunehmenden Gewalt an den Schulen vorzugehen, sagte Ott. Im Schulalltag gebe es dafür aber nach wie vor zu wenig Raum. «Lehrkräfte haben für den sozialen Umgang mit ihren Schülerinnen und Schülern schlicht zu wenig Zeit.» Schulleitungen und Lehrkräfte brauchten zudem mehr Rückendeckung, wenn sie disziplinarische und pädagogische Maßnahmen gegen Gewalt für notwendig hielten.

Die FDP-Fraktion forderte mehr Schulsozialarbeit, flächendeckende Krisenteams und sofortige Ordnungsmaßnahmen bis hin zum Schulverweis. «Zudem brauchen wir endlich präzisere gesetzliche Vorgaben zu Waffenverboten, die auch konsequent kontrolliert werden – Messer und sonstige Waffen haben in Schulen nichts verloren.»

Verbände: Zu wenig Ressourcen

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) begrüßte die Landesinitiative. Gewaltprävention gelinge, wenn Schulen die notwendigen Ressourcen hätten. Dazu gehörten auch kleinere Lerngruppen, Zeit für individuelle Förderung und multiprofessionelle Teams. «Nur so können Konflikte frühzeitig erkannt und gelöst werden.»

Die Bildungsgewerkschaft GEW sprach von einem guten, aber überfälligen Signal angesichts der seit Jahren steigenden Gewalt an Schulen. «Gewalt entsteht selten aus dem Nichts – sie ist Ergebnis längerer Prozesse.» Deshalb brauche es mehr sozialpädagogische und schulpsychologische Unterstützung. Auch der Verband Lehrer NRW sprach von einem Schritt in die richtige Richtung angesichts einer in Quantität, Intensität und teils auch Brutalität zunehmenden Entwicklung bei Gewaltvorfällen gegen Schulpersonal oder Schüler.

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