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Jetzt droht Streit vor Gericht: Muss Dubai-Schokolade aus Dubai kommen?

Johanna Apel

Dubai-Schokolade ist traditionell mit Kadaifi und Pistazien gefüllt. Aber muss sie auch in Dubai hergestellt sein? Ein juristischer Streit droht. - © IMAGO/Wolfgang Maria Weber
Dubai-Schokolade ist traditionell mit Kadaifi und Pistazien gefüllt. Aber muss sie auch in Dubai hergestellt sein? Ein juristischer Streit droht. (© IMAGO/Wolfgang Maria Weber)

Es knackt, als die junge Frau die Schokolade durchbricht. Den Blick in die Kamera gerichtet, beißt sie ein Stück davon ab. „Oh mein Gott“, seufzt sie. „Richtig lecker“. Es ist ein Schauspiel, das sich gerade zigfach in den sozialen Medien wiederholt: Menschen, die in Schokolade beißen.

Dabei handelt es sich aber nicht um eine gewöhnliche Tafel, sondern um eine bis vor Kurzem weitgehend unbekannte Kreation aus Pistazien und den auch als Engelshaar bekannten Teigfäden Kadaifi. Zusammen ergibt das eine Süßigkeit, die als „Dubai-Schokolade“ in den sozialen Medien berühmt wurde und die jetzt die deutschen Supermarktregale erobert. Zum Verkaufsstart der limitierten „Dubai Chocolade“ von Lindt & Sprüngli kam es vor den Geschäften zu langen Schlangen. Die Discounter ließen nicht lange auf sich warten: Lidl beispielsweise hat angekündigt, ab dem 13. Dezember eine „Deluxe Dubai Schokolade“ anzubieten – limitiert auf 10.000 Tafeln.

Längst geht es bei dem Hype nicht mehr nur um Schokolade. Auf Weihnachtsmärkten etwa ist Dubai in diesem Winter fast schon omnipräsent: Dubai-Waffeln, Dubai-Mandeln, Dubai-Obstspieße, Dubai-Pralinen, Dubai-Crêpes - wichtig sind nur ein paar Pistazien auf der Zutatenliste und ein bisschen Orient-Romantik im Design.

Importeur mahnt Lindt & Sprüngli ab

„Aktuell erleben wir einen großen Hype um die Dubai-Schokolade“, sagt Philipp Hennerkes, Geschäftsführer des Lebensmittelhändlerverbandes BVLH. „In den sozialen Medien geht etwas viral oder wird von bekannten Influencern beworben. Das sorgt dann für eine verstärkte Nachfrage in unseren Märkten“, erklärt der Experte.

Einer, der das kritisch sieht, ist Andreas Wilmers. Mehr noch: Der Importeur geht juristisch gegen Lindt & Sprüngli vor und hat das Unternehmen bereits abgemahnt. Auch Discounter Lidl könnte bald ein Schreiben von ihm bekommen. „Wir mahnen jeden ab, der Dubai-Schokolade draufschreibt, ohne dass sie aus Dubai kommt“, sagt Wilmers dieser Redaktion.

Wilmers vertreibt Süßwaren und importiert dafür Dubai-Schokolade direkt aus den Emiraten. Genau darin sieht er auch den Unterschied zu anderen Anbietern. „Die Leute erwarten, wenn Dubai-Schokolade drauf ist, dass sie auch aus Dubai kommt“, sagt er. Das sei genauso wie bei Aachener Printen oder Nürnberger Lebkuchen. Wäre die Dubai-Schokolade eine Gattungsbezeichnung, seien auch Aachener Printen eine Gattungsbezeichnung, argumentiert Wilmers.

Dubai-Schokolade: Importeur hat Lidl und Aldi im Visier

Der Händler fürchtet um Image-Schäden: „Das Hauptproblem ist, dass der Name kaputtgemacht wird“, sagt er. „Die Leute kaufen dann irgendetwas, wo Dubai-Schokolade draufsteht und was nicht schmeckt.“

Neben Lidl hat der Importeur auch Konkurrent Aldi im Visier. Der Marktführer hat angekündigt, ab Mitte Dezember eine „Alyan Dubai Schokolade“ verkaufen zu wollen, die er bereits als „Dubai Handmade Chocolate“ bewirbt. Das Werbeversprechen suggeriere, die Tafel werde in Dubai von Hand hergestellt, kritisiert Wilmers.

Eine Tafel Dubai-Schokolade. In Deutschland bieten inzwischen etliche Händler ähnliche Schokolade an. - © imago/MIS
Eine Tafel Dubai-Schokolade. In Deutschland bieten inzwischen etliche Händler ähnliche Schokolade an. (© imago/MIS)

Muss Dubai drin sein, damit Dubai draufstehen darf? Rechtsanwalt Arndt Kempgens betont, dass irreführende Werbung in Deutschland verboten sei. „Die Grenze ist recht niedrig“, sagt der Gelsenkirchener Jurist dieser Redaktion. „Irreführend ist eine Werbung nämlich schon dann, wenn sie unwahre oder täuschende Angaben enthält, die geeignet sind, Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die sie andernfalls nicht getroffen hätten.“ Wer dagegen verstoße, könne auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen werden.

Dubai-Schokolade: Herkunfts- oder Sortenbezeichnung?

Örtlich bezeichnende Herkunftshinweise dürfe man hingegen nur verwenden, wenn das auch zutreffe. Beim aktuellen Dubai-Streitfall komme es also auf die Frage an, ob es sich bei der Bezeichnung „Dubai-Schokolade“ um eine unzulässige Herkunftsbezeichnung handele oder um eine zulässige Sortenbezeichnung. Kempgens selbst neigt dazu, dass es sich aufgrund der besonderen Herstellungsart und dem Ursprung der Schokolade eher um eine Herkunftsbezeichnung handele. Das sei rechtlich aber sicher streitbar, räumt er ein. „Mal sehen, wie die Gerichte entscheiden.“

Ob es wirklich zum juristischen Showdown kommt? Schokoladenhersteller Lindt jedenfalls sieht sich im Recht. Der Begriff „Dubai Schokolade“ stehe „als Sortenbezeichnung für Schokolade mit der typischen Pistazien-Kadayif-Füllung und nicht für Schokolade, die aus Dubai stammt“, erklärte eine Sprecherin auf Anfrage dieser Redaktion. Eine Lidl-Sprecherin teilte mit, dem Unternehmen lägen bislang keine Informationen vor.

Unabhängig vom Rechtsstreit ist die Frage offen, wie lange der Hype um die Dubai-Schokolade noch anhält. „Warten wir mal drei Monate ab, dann gibt es vielleicht schon den nächsten Trend“, sagt BVLH-Geschäftsführer Hennerkes. Er beobachtet beim Hype um die Dubai-Schokolade ein wiederkehrendes Muster, getrieben durch die digitale Welt. Im vergangenen Jahr seien scharfe Taki-Chips der große Tiktok-Trend gewesen, sagt er.

Der Handel sei für gewöhnlich bestrebt, Trendprodukte schnell anzubieten, allerdings gehe es dabei weniger um schnelles Geld als um cleveres Marketing. „Der Imageeffekt derartiger Produkte überwiegt sicherlich die Umsatzrelevanz“, sagt Hennerkes.

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