BGH kippt Klauseln für Minuszins – Kunden können jetzt Geld zurückfordern

Die Banken nannten es &bdquo;Verwahrentgelt“, für Kundinnen und Kunden waren es schlicht &bdquo;Strafzinsen“: Jahrelang kassierten Kreditinstitute Gebühren, wenn größere Summen auf Girokonten geparkt wurden. Jetzt hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass das in vielen Fällen rechtswidrig war. Die klagenden Verbraucherzentralen feiern das zwar als Erfolg, automatische Rückzahlungen wird es aber nicht geben.

Wie kam es zu den Negativzinsen? 2014 drückte die Europäische Zentralbank (EZB) einen ihrer Leitzinsen, den Einlagensatz, ins Minus, um die Folgen der Euroschuldenkrise zu bekämpfen. Bis 2022 mussten Geschäftsbanken eine Gebühr zahlen, wenn sie kurzfristig Geld bei der EZB parken wollten. Sie stieg schrittweise auf ein halbes Prozent pro Jahr ab Herbst 2019.

Wer ist von den Negativzinsen betroffen? Mit der Zeit gaben immer mehr Institute diese Kosten an Inhaber von Giro- und zum Teil auch Tagesgeldkonten weiter. Meist galt die Gebühr erst bei hohen Beträgen, teilweise wurde sie aber auch schon ab 5.000 Euro auf dem Konto kassiert. Nach Angaben des Vermittlungsportals Verivox verlangten 2022 rund 450 Banken und Sparkassen in irgendeiner Form Negativzinsen. Allerdings schlossen sie dafür oft Einzelvereinbarungen mit Kundinnen und Kunden, während sich der BGH mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen befasst hat.

Um welche Fälle bei Privatkunden geht es? Dem BGH lagen vier Fälle von Privatkunden vor (Az. XI ZR 61/23 u.a.). Die Entgelte lagen bei 0,5 und in einem Fall bei 0,7 Prozent im Jahr, die Freibeträge reichten von 5.000 bis 750.000 Euro. In allen Fällen hat der BGH die Klauseln für nichtig erklärt und die Urteile der Vorinstanzen gekippt – allerdings mit unterschiedlichen Begründungen für Giro- und Tagesgeldkonto.

.responsive23-UddlzmiFWEFCHnYX-atlas-slideshow { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-UddlzmiFWEFCHnYX-atlas-slideshow { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-UddlzmiFWEFCHnYX-atlas-slideshow { padding-top: 142.86%; } } Wie begründet das Gericht seine Entscheidungen? Für Guthaben auf Girokonten sind Negativzinsen laut BGH grundsätzlich zulässig. Die verwendeten Klauseln seien aber &bdquo;intransparent und aus diesem Grund unwirksam“. Vor allem sei nicht klar, wann genau sich das Über- oder Unterschreiten der Freigrenze auswirkt. In drei Fällen gab es dazu keine Aussage, in einem Fall wurde &bdquo;taggenaue“ Berechnung festgelegt. Die Guthaben auf Girokonten könnten sich aber innerhalb eines Tages mehrfach ändern, heißt es in der BGH-Mitteilung. Die Klauseln ließen offen, &bdquo;welcher konkrete Guthabenstand [...] für die Berechnung des Verwahrentgelts jeweils maßgebend sein soll“.

Auf Tagesgeld- und Sparkonten dürfen laut dem Urteil überhaupt keine Negativzinsen erhoben werden, weil das den Charakter des Vertrags grundlegend ändern würde. Sie seien für Geldanlage und Vermögenserhalt gedacht. Im vorliegenden Fall sei das Tagesgeldkonto mit einer &bdquo;attraktiven“ Rendite beworben worden – 0,001 Prozent Jahreszins, laut BGH. &bdquo;Mit der Erhebung eines laufzeitabhängigen Verwahrentgelts in Höhe von 0,5% p.a. verlieren die Tagesgeldkonten gänzlich ihren Spar- und Anlagezweck“, erklärt das Gericht.

Welche Folgen haben die Urteile? Die Klauseln sind nichtig, der Fall des Tagesgeldkontos wurde an die Vorinstanz zurückverwiesen. Der Verbraucherzentralen Bundesverband (vzbv) spricht von einem Erfolg für den Verbraucherschutz und will &bdquo;genau hinschauen, ob ein nicht ausgeschlossenes Comeback von Negativzinsen dann im rechtlich noch zugelassenen Rahmen erfolgt“. Der Verband fordert die Kreditinstitute auf, &bdquo;unrechtmäßig eingesammelte Beträge zurückzuzahlen“. Mit dem Versuch, das gesamte Geld stellvertretend zurückzufordern und an alle Betroffenen zu verteilen, sind die Kläger allerdings gescheitert. Sie hätten keinen Auskunftsanspruch für die dafür nötigen Kundendaten, entschied der BGH.

Was können Betroffene jetzt tun? Ob eine konkrete Klausel rechtswidrig war, prüfen Verbraucherzentralen oder spezialisierte Anwälte. Mit Verweis auf das BGH-Urteil können Kunden laut vzbv Zinsen von ihrer Bank oder Sparkasse zurückfordern. Ansprüche verjähren normalerweise nach drei Jahren, man kann also zumindest Forderungen für 2022 in diesem Jahr noch geltend machen. Gab es in der Vergangenheit schon einen Konflikt über das Thema, etwa Gerichtsverfahren oder Einsprüche, kann die Frist auch länger laufen.

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