„Absolut falsches Signal“: Stromsteuer-Beschluss sorgt in OWL für Ärger

Bielefeld. Die ostwestfälische Wirtschaft kritisiert die ausbleibende Absenkung der Stromsteuer scharf und spricht von einem weiter schwindenden Vertrauen in die Politik.

Am Mittwoch bekräftigte der Koalitionsausschuss die Beschlüsse des Kabinetts von vergangener Woche. Das Kabinett hatte Entlastungen zum 1. Januar bei den Netzentgelten sowie die Abschaffung der Gasspeicherumlage für Gaskunden auf den Weg gebracht. Bei der Stromsteuer soll die Senkung für die Industrie, Land- und Forstwirtschaft &bdquo;verstetigt“ werden.

Weitere Entlastungsschritte – vor allem für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie die gesamte Wirtschaft – sollen erst folgen, sobald &bdquo;hierfür finanzielle Spielräume bestehen“.

Stimmungsdämpfer für die Wirtschaft Die Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK) bemängelt, dass damit entgegen der Versprechen gehandelt werde. Die Wirtschaft der Region leidet zurzeit unter steigenden Kosten, sinkenden Nachfragen und anhaltender Unsicherheit. Im ersten Halbjahr dieses Jahres gab es viele Firmenpleiten – darunter etwa der bekannte Modehersteller Gerry Weber aus Halle im Kreis Gütersloh.

&bdquo;Gerade für unsere überwiegend mittelständisch geprägte Region wäre eine umfassende Senkung der Stromsteuer ein wichtiges Zeichen – auch psychologisch. So aber droht zusätzlich ein Stimmungsdämpfer genau in dem Moment, in dem die Wirtschaft dringend Rückenwind braucht“, sagt dazu IHK-Präsident Jörn Wahl-Schwentker. &bdquo;Wer Entlastung verspricht, muss auch liefern. Dass die neue Bundesregierung ein zentrales Wahlversprechen zur Senkung der Stromsteuer jetzt zurückzieht, ist ein absolut falsches Signal – sowohl wirtschaftlich als auch politisch.“ Er fordert darum, die Bundesregierung auf, die Stromsteuer für alle auf das europäische Mindestmaß zu senken.

Christian Mildenberger, Geschäftsführer der NRW-Landesgesellschaft für Energie und Klimaschutz, ergänzt: &bdquo;Sowohl die Bürger als auch der Mittelstand haben sich auf die ursprüngliche Ankündigung eingestellt. Es ist wichtig, dass dieses Versprechen eingelöst wird, wenn noch nicht jetzt, dann möglichst bald, spätestens mit dem Haushalt für 2026. Wir brauchen Verlässlichkeit, um die Energiewende nachhaltig gestalten zu können.“

Vertrauensverlust im Handwerk Auch im Handwerk zeigt man sich enttäuscht. &bdquo;Die Entscheidung, die Stromsteuer nicht für alle Betriebe zu senken, ist ein herber Schlag für viele der 22.600 Handwerksbetriebe in Ostwestfalen-Lippe“, sagt Jens Prager, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer OWL zu Bielefeld. &bdquo;Besonders bitter ist, dass viele Handwerksbetriebe von der Entlastung ausgeschlossen werden sollen, nur weil sie formal nicht dem produzierenden Gewerbe zugeordnet sind – obwohl sie von den hohen Energiekosten genauso betroffen sind. Diese Ungleichbehandlung benachteiligt das Handwerk und führt zu Wettbewerbsverzerrungen innerhalb der Wirtschaft.“

Prager fordert Verlässlichkeit und faire Rahmenbedingungen. &bdquo;Eine Stromsteuerentlastung muss für alle gelten – unabhängig von der Branchenklassifikation. Nur so lässt sich das dringend benötigte Vertrauen in politische Entscheidungen wiederherstellen und die Investitionsbereitschaft im Handwerk sichern.“

Forderung nach Senkung der Netzentgelte Reinhard Tweer, Geschäftsführer der gleichnamigen Bielefelder Stahlgießerei, hat sich bereits des Öfteren für eine verlässliche und bezahlbare Energiepolitik ausgesprochen. Er ist von der Senkung betroffen, spricht aber von einem Tropfen auf den heißen Stein. &bdquo;Auch energieintensive Unternehmen haben keine Entlastung dadurch.“ Stattdessen fordert er: &bdquo;Die Netzentgelte müssen runter. Der Vorteil wäre, dass dann auch alle was davon haben.“ Durch die Entscheidung würde kein Arbeitsplatz in Deutschland gesichert. &bdquo;Große deutsche Firmen gehen ins Ausland, wo es günstiger ist“, sagt er. &bdquo;Das können sich mittelständische Unternehmen aber nicht leisten.“

Christina Wallraf von der Verbraucherzentrale NRW hofft, dass Verbraucher nicht zum &bdquo;Zahlmeister der Energiewende werden.“ Verbraucher müssen sich &bdquo;auf einen Anstieg von fossilen Energiekosten wie Erdöl, Gas und Benzin einstellen, denn ab 2027 wird es auch im Gebäude- und Verkehrsbereich einen CO2-Handel geben. Als Ausgleich für steigende CO2-Kosten sollte es ein Klimageld geben. Doch diese Ausgleichszahlung sieht die Bundesregierung ebenfalls nicht vor. Wenn jetzt der Strompreis nicht wie versprochen sinkt, bleibt eine weitere Entlastungsmaßnahme aus.“

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