Jobben statt Ausbildung: Experten warnen vor Fachkräftemangel in OWL

Gütersloh/Bielefeld. Jeder fünfte Schüler möchte laut einer Umfrage nach der Schule erst einmal arbeiten – eine Ausbildung steht besonders für junge Menschen mit niedrigem Bildungsniveau vorerst hinten an. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Studie der Bertelsmann-Stiftung in Gütersloh. Experten aus OWL spüren diese Entwicklung bereits und blicken besorgt auf dieses Ergebnis. Der Fachkräftemangel könnte sich zuspitzen.

Denn die jungen Menschen wollen laut der Jugendbefragung &bdquo;Ausbildungsperspektiven 2025“ lieber ohne formale Qualifikation arbeiten. Laut den Experten der Bertelsmann-Stiftung drohe dadurch die Quote an Ungelernten weiter zu steigen. &bdquo;Sich beruflich zu qualifizieren, muss für junge Menschen attraktiver sein, als ungelernt zu arbeiten“, erklärt die Expertin der Bertelsmann Stiftung für berufliche Bildung, Helen Renk. Ohne reguläre Ausbildung steige das Risiko, arbeitslos zu werden oder im Niedriglohnsektor zu verharren. Es sei wichtig, gerade junge Menschen mit niedriger Schulbildung am Übergang von der Schule in den Beruf bedarfsgerecht zu unterstützen und ihnen konkrete Ausbildungsperspektiven aufzuzeigen, erklärt der Experte der Stiftung für berufliche Bildung, Clemens Wieland.

.responsive23-DqUkCmZac7dmobdG-bar-horizontal-jede-r-fuenfte-will-nach-der { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-DqUkCmZac7dmobdG-bar-horizontal-jede-r-fuenfte-will-nach-der { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-DqUkCmZac7dmobdG-bar-horizontal-jede-r-fuenfte-will-nach-der { padding-top: 142.86%; } } Laut Sarab Aclan, Gewerkschaftssekretärin beim Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in OWL, sei das Ergebnis der Studie in OWL bereits spürbar. Für den DGB sei die Ausbildung generell &bdquo;Grundstein für die berufliche Laufbahn“. Schon jetzt bleiben in der Region viele Ausbildungsplätze frei, zeitgleich wollen viele Jugendliche etwas tun. &bdquo;Wir haben in OWL auch die Erfahrung gemacht, dass viele Schüler lieber einen höheren Abschluss anstreben, als direkt in die Ausbildung zu gehen“, berichtet Aclan.

Trend zur &bdquo;Aufschieberitis“ in OWL Offenbar wollen sich viele Jugendliche in OWL nicht festlegen, was die berufliche Zukunft angeht. &bdquo;Aufschieberitis“, nennt Aclan diesen Trend. Neben einer längeren Schullaufbahn gehen viele junge Leute nach ihrem Abschluss in ein Freiwilliges Soziales Jahr. &bdquo;Das ist auch gut. Dennoch gibt es ein Problem: Denn Haupt- und Realschüler arbeiten später oft in produzierenden Bereichen. Wollen weniger junge Leute hier aus verschiedenen Gründen eine Ausbildung machen, dann wird es auch weniger gelernte Fachkräfte geben – es droht ein Mangel“, warnt Aclan.

Diesen drohenden Fachkräftemangel hat auch Dietmar Niedziella, Referatsleiter für höhere Berufsbildung bei der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld, im Blick: &bdquo;Unternehmen in Industrie und Handel in der Region kämpfen schon jetzt um Fachpersonal und darum, Ausbildungsplätze überhaupt zu besetzen.“ Ähnlich wie Aclan sieht auch er in der Ausbildung direkt nach der Schule den &bdquo;Königsweg“. Dieser sei Grundlage und Basis für ein &bdquo;gutes und erfolgreiches Leben“, sagt er.

Jugendliche fühlen sich nicht gut informiert Die Studie der Bertelsmann-Stiftung gibt derweil Aufschluss über mögliche Gründe für die offenbar sinkende Attraktivität einer Ausbildung. Denn lediglich ein Drittel der Befragten fühle sich gut über Perspektiven nach der Schule informiert. Befragte mit niedriger Schulbildung gäben als Probleme bei der Ausbildungsplatzsuche an, dass ihnen das Schreiben einer Bewerbung schwerfalle oder sie nicht die geforderten Qualifikationen vorweisen könnten. Zwölf Prozent der Befragten mit niedriger Schulbildung glaubten sogar nicht daran, einen Ausbildungsplatz zu finden.

.responsive23-R3qDMBIKvGhkdWNV-bar-horizontal-berufsorientierung-viele { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-R3qDMBIKvGhkdWNV-bar-horizontal-berufsorientierung-viele { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-R3qDMBIKvGhkdWNV-bar-horizontal-berufsorientierung-viele { padding-top: 142.86%; } } Für Niedziella sind diese Sorgen unbegründet. &bdquo;Der Bewerbungsprozess läuft mittlerweile viel niederschwelliger.“ Waren früher Ausbildungsplätze bei großen Unternehmen in Ostwestfalen schon Monate vorher vergeben, sei das jetzt anders. &bdquo;Vor einigen Jahren waren ausführliche Bewerbungen nötig, heute können Arbeitgeber und künftige Auszubildende auf ganz anderem Wege zueinanderfinden“, berichtet er. Ein Beispiel: auf sogenannten &bdquo;Job-Speeddatings“, die regelmäßig in OWL stattfinden. Dabei treffen Interessenten und Unternehmen aufeinander, um sich vorzustellen und kennenzulernen. Immer wieder werden aus den lockeren Gesprächen sogar Arbeitsverhältnisse.

Bundesverbände fordern Konsequenzen Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) forderte eine verpflichtende und praxisorientierte Berufsorientierung &bdquo;als bundesweite Pflichtaufgabe an allen Schulen“. Gymnasien dürften nicht einseitig über das Studium, sondern müssen auch &bdquo;über die sehr guten Perspektiven einer Ausbildung“ informieren, erklärte DIHK-Ausbildungsexperte Markus Kiss. Besonders junge Menschen mit niedriger Schulbildung müssten besser unterstützt und Ausbildungsperspektiven deutlicher aufgezeigt werden.

Beim DGB-Bundesverband wird die Forderung nach besseren Beratungsangeboten laut. Demnach seien &bdquo;mehr und bessere Jugendberufsagenturen mit mehr individueller Beratung und Hilfe“ nötig. Schon aufgrund des zunehmenden Fachkräftemangels &bdquo;können wir es uns nicht länger leisten, dass unser Bildungssystem seit Jahren an der Aufgabe scheitert, allen jungen Menschen einen guten Start ins Berufsleben zu ermöglichen“, heißt es weiter.

Für die repräsentative Studie &bdquo;Ausbildungsperspektiven 2025“ der Bertelsmann Stiftung wurden Anfang März bis Mitte April 1.755 junge Menschen im Alter von 14 bis 25 Jahren an allgemeinbildenden oder beruflichen Schulen befragt. Bei Ausbildung und Studium waren Mehrfachnennungen möglich.

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